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Selenski hat unerwartet die Präsidentschaftswahl gewonnen, indem er sich selbst als "Kandidat des Friedens" stilisiert hat. Poroshenko, der damalige Präsident, hat sich dagegen als Kandidat des Krieges vorgestellt: sein Motto war "Armee! Sprache! Glaube!" Ironischerweise noch vor dem russischen Invasion hat Selenski damit begonnen, Poroshenkos Programm zu folgen, was zur Katastrophe fuhr. Ihn klug zu nennen ist ihn zu schmeicheln.
Treten auf einen am Boden Liegenden ist höchst verwerflich und außerordentlich billig und primitiv. Das hat die TAZ wahrlich nicht notwendig. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold ist hier angesagt.
Versteh ich gar nicht. Warum sollte unsere Unterstützung für die Ukraine nachlassen? Wird uns nicht seit 2 Jahren erzählt, dass wenn wir die Ukraine nicht untersützen, Putin bis nach Portugal marschiert?
Ich verstehe diesen Nahost-Fokus überhaupt nicht. Der Krieg in der Ukraine ist ungleich größer und mit weit schlimmeren Folgen verbunden, gerade für Deutschland aber auch den Rest der Welt.
@schnarchnase Das ist die aktuelle Aufmerksmkeitsökonomie.
In Isreal passiert etwas neues. Dazu hat noch nicht jeder Experte seinen Senf gegeben. Da tauchen plötzlich neue Gesichter mit Hintergrundwissen auf. Und es ist gerade noch nah genug, damit jeder sich als Experte fühlen kann und mitreden will, auch wenn das für die meisten nicht stimmt.
Dass die Medien sich lieber um den neuen Konflikt kümmern ist daher nur die weiterführung des üblichen Spiels.
Dass die Politik sich von den Medien durchs Dorf treiben lässt, ist leider auch nicht neu.
@Herma Huhn Dem kann ich nur zustimmen; so läuft das halt. Wobei ich es schwierig finde Opfer gegeneinander aufzurechnen.
Fairerweise muss man sagen, dass es jedoch auch viele Probleme gibt die weitaus größer sind als der Krieg in der Ukraine z.B. der Welthunger.
Anders als der Krieg in der Ukraine ließe sich das Problem sogar einfacher und günstiger lösen, aber es ist halt einfach kaum mediales Interesse für dieses Thema da:
@schnarchnase Für Europa unzweifelhaft aber Rest der Welt kann man bezweifeln. Das Risiko eines Flächenbrands wird jedenfalls für Nahost aktuell grösser eingeschätzt, ich denke zurecht, Ukraine ist wohl oder übel jetzt relativ "contained". Zumindest das dem Westen gelungen. Auch Medien hängen dann natürlich global zusammen, zumindest die im weitesten Sinne westlichen, man kann die Reihenfolge, die insb. die USA dabei vorgeben sicher nicht völlig ignorieren. Das Unverständnis kann man aber schon damit relativieren, dass es diesen Krieg (Ukraine, ab 22) vermutlich gar nicht gegeben hätte, wäre der Region die Aufmerksamkeit zugutegekommen, die sie verdiente. Osteuropa hat ausserhalb Osteuropas aber lange überhaupt nicht interessiert. In gewisser Weise und für eine bestimmte Zeit galt das ja selbst für den Nahen Osten, auch darum erst mal umso mehr Aufregung, aber auch weil es (mal) woanders knallte. Das wird anzunehmenderweise auch nur solange halten, bis auch dieser Knall verhallt, oder was auch immer noch folgt. Ob dann sogleich die Ukraine wieder profitiert, als hätt's nur ne Unterbrechung gegeben, glaube ich leider auch nicht mehr. Ehrlicherweise hat die Lage im Nahen Osten aber auch einen ganz anderen historischen Schwanz, Bekanntheit, ist überregional ungleich stärker polarisiert, viel stärker aufgeladen und weit mehr Parteien sind investiert, berührt ob faktisch oder gefühlt. Man kann das schwer vergleichen.
Die Ukraine wird niemals EU-Mitglied, weil sie dafür zunächst in die NATO müsste. Auch das ist dem Westen, in dem Fall nicht gegen Wladimir Putin sondern mit ihm gelungen.
@Tanz in den Mai Die EU ist nicht selbst NATO-Mitglied. Und nicht alle EU-Mitglieder sind in der NATO, warum sollte das also Grundbedingung für die Ukraine werden?
@schnarchnase Wenn der Krieg in Nahen Osten eskaliert - und die Gefahr ist groß - , dann bleibt dort kein Stein auf dem Anderen. Die Auswirkungen wären so extrem, dass der kleine Ausfall russischen Gases nur noch belächelt wird.
@schnarchnase Im Jemen ist seit Jahren Krieg und da schreit kein Hahn nach. Die Ukraine ist paar Hundert Kilometer von Deutschland entfernt. Israel nicht. Es mag zwar hart klingen, aber der Fokus auf Israel ist ungerechfertigt, weil das Land für die meisten Deutschen ohnehin kaum eine Rolle spielt. Deutschland wäre ohnehin nicht in der Lage irgendwas im nahen Osten zu erreichen.
Aber so sind sie nsere Medien halt. Ukraine ist nach 1,5 Jahren "langweilig" weil die Konsumenten sich an den Schrecken von dort gewöhnt haben.
@Okti Und wie lange ist der Welthunger schon "langweilig"?
Man muss immer alles in entsprechenden Relationen sehen und die Ukraine hat bisher im Westen überproportional viel Aufmerksamkeit und Unterstützung bekommen und das obwohl es viel größere Probleme in der Welt gibt. Jedes Opfer in der Ukraine ist schlimm, aber die viel mehr Opfer ausserhalb der Ukraine sind nicht weniger schlimm.
Vermutlich wird es in Zukunft weniger Unterstützung für die Ukraine geben. Es bleibt nur zu hoffen, dass Selenski sich nicht "verkalkuliert" hat.
@Alexander Schulz Meine Aussage war, dass Deutschland im Gegensatz zum Ukraine Krieg wenig Interesse an irgendwelchen Kriegen im nahen Osten hat. Wo da jetzt der Welthunger ins Spiel kommt erschließt sich mir nur bedingt. Auch habe ich keine Opferrelation betrieben, sondern einen Kommentar zur Unmittelbarkeit der beiden Konflikte abgegeben.
Dass der Krieg in der Ukraine evtl. überproportional viel Aufmerksamkeit erhalten hat für US-amerikanische Verhältnisse würde ich nicht anzweifeln. In Deutschland erhält er zu wenig tatkräftige Aufmerksamkeit. Wenn man sich die ganzen Putin-Versteher hier anschaut, muss man sich echt fragen, woher die Gewissheit kommt, dass Russland seinen Worten nicht taten folgen lässt und nach der Ukraine dann irgendwann Polen angeht, wenn die USA grad mal wieder mit sich selbst beschäftigt ist. 🤔
@Okti Daß Putin (oder sein Nachfolger) sich nach bzw. während des Krieges mit der Ukraine gleich mit Polen anlegen würde, glaube ich kaum. Schließlich ist für Putin Krieg nichts anderes als eine Form von Wahlkampf. In dieser Beziehung läge das "Heimholen" des Baltikums und der dortigen russischstämmigen Bevölkerung sehr viel näher, zumal es auch auf Grund geografischer Fakten als deutlich preiswerter erscheinen dürfte ...
@Okti Zu wenig Aufmerksamkeit bekommt der Krieg? - Das ist doch abwegig! Andere Themen wie Welthunger bekommen zu wenig Aufmerksamkeit.
Polen ist für Russland völlig uninteressant. Putin ist skrupellos, aber nicht dumm.
@Alexander Schulz Lustig wie Sie sich auf die Vernunft eines irren Opas verlassen, welcher nur Karten aus dem 19. Jahrhundert als relevant für die Geschichte betrachtet. Abgesehen vom Diktator, welcher auch nicht mehr so lange auf diesem Planeten wandeln wird, gibt es aber in Russland nicht wenige Stimmen, welche die Vernichtung des bösen Westens fordern. Die Bevölkerung dort ist mittlerweile auch auf dem Weg zum faschistoiden. Die Regierung ist ja schon seit einer Weile faschistisch.
Aber klar, der Welthunger ist auch ein großes Problem. Und jetzt stellen Sie sich mal vor, dass nur ca. 40% der Ackerflächen weltweit für menschliche Nahrung genutzt werden. Sprich, der Welthunger ist ein gewolltes Problem und wird daher auch nicht gelöst werden. Der Kapitalismus braucht halt seine Lohnsklaven und ausgebeuteten Bevölkerungsgruppen um zu funktionieren. Also sollten Sie eventuell grundsätzlich anfangen und die Abschaffung des neo-kolonialistischen, ausbeuterischen Kapitalismus fordern. Sonst wird das nix mit der Auflösung des Welthungers.
Eine Diskussion über ein Paritätsgesetz im Bundestag ist jetzt genau richtig. Denn zukünftig könnte der Bundestag noch männerdominierter sein.
EU-Ambitionen der Ukraine: Leider realitätsfern
Der ukrainische Präsident Selenski fordert die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen. Doch die geopolitische Lage verschiebt sich nach Nahost.
Fordert die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU: Ukraines Präsident Selenski
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski tut das, was er, spätestens seit dem Beginn von Russlands Angriffskrieg gegen sein Land, perfekt beherrscht: Feuern aus allen Rohren – ob in persona oder mittels einer Videoschalte. Dieses Verhalten ist verständlich, da es ums Überleben, ja die Existenz der Ukraine überhaupt geht. Jetzt fordert er allen Ernstes die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU möglichst noch vor dem Jahreswechsel.
Selenski ist klug genug, um zu wissen, dass dieses Ansinnen mit dem Attribut „realitätsfern“ noch freundlich umschrieben ist. Keine Frage: Kyjiw hat sich auf den beschwerlichen Weg von Reformen gemacht. Der Versuch, effektiv gegen Korruption vorzugehen und parallel dazu das Justizsystem den neuen Erfordernissen anzupassen, ist da nur ein Beispiel unter vielen. Dieses Bemühen verdient Respekt und Anerkennung angesichts eines barbarischen Kriegs, der jeden Tag weitere Tote, Verletzte, Flüchtende sowie Zerstörung produziert und noch lange wüten kann.
Dennoch hat sich Brüssel Spielregeln gegeben, die es auch selbst einhalten muss. Und heißt es nicht stets von berufener Stelle, für die Ukraine werde es, auch im Vergleich zu anderen EU-Aspiranten, wie beispielsweise der Republik Moldau, keine Extrawurst geben? Doch davon abgesehen: Auch Beitrittsgespräche können dauern – Jahrzehnte, wenn es sein muss. Deshalb sollte allein die Aussicht auf einen Beitritt – und über mehr redet in Brüssel derzeit keiner – in ihrer Wirkung als Motivationshilfe für die Menschen in der Ukraine auch nicht überbewertet werden.
Selenskis jüngster Verstoß scheint anderen Erwägungen geschuldet zu sein. Es geht um Aufmerksamkeit und darum, den Krieg in der internationalen Öffentlichkeit präsent zu halten – jetzt, da die ganze Welt in den Nahen Osten blickt. Dahinter steht die Angst, Kyjiws Partner könnten in ihrem, vor allem auch militärischen, Engagement nachlassen. Das hingegen ist alles andere als realitätsfern – leider.
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kommentar von
Barbara Oertel
Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
Themen
Journalismus im Angriffskrieg – taz Talk