Die Wahrheit: Hilfe, die Buchstaben gehen aus!
Kein Vorschlag zur Güte bei Corona und Alphabeten: was kommt nach Omikron – ohne die Welt der Mathematik und der Altgriechen in Aufruhr zu versetzen?
D ie Welt hält den Atem an. Gehen mit der wachsenden Zahl der Covidvarianten neben den Gegenmitteln auch bald die griechischen Buchstaben aus, um die Biester zu benennen? Wie anders ist zu erklären, dass wir mittlerweile schon beim Omikron gelandet sind, obwohl eigentlich erst das Ny und dann das Xi dran gewesen wären.
Okay, bei der Bezeichnung Ny hätten wohl viele in der neuen Variante nur etwas diffus Neues gesehen; aber was hätte gegen Xi gesprochen? Hätte das nicht schön die ganze Krankheit namentlich dorthin rückgeführt, wo sie einst herkam – sozusagen als pandemic is coming home …? Gäbe es denn eine größere Würdigung des weisen und allmächtigen Führers der Nation gleichen Namenskürzels?
Denn ohne die ganze griechische Buchstabenpalette auszuschöpfen, wirds bald eng! Und nicht wenige Experten bedauern schon jetzt, nicht von Anfang an umfangreichere Zeichensysteme für die absehbare Variantenvielfalt ausgewählt zu haben. Sogar die etwas schwerfälligen römischen Zahlen hätten mehr Möglichkeiten geboten. Stattdessen dümpelt man jetzt schon in der zweiten Hälfte des griechischen Alphabets herum.
Pi scheidet nachweistechnisch als Benennung aus, denn eine endliche Sequenzierung ist bei der unendlichen Dezimalentwicklung der Kreiszahl unmöglich. Beim nachfolgenden Buchstaben Rho könnten viele auf den Gedanken kommen, sich nur noch mit durchgegartem Essen gegen eine Ansteckung wappnen zu können.
Das Sigma und der Gabriel
Bei dem nächsten, Sigma, würde sich wahrscheinlich wieder einmal Sigmar Gabriel aus seinem politischen Exil melden, wo er jetzt nun gar nichts mehr in der SPD zu melden hat. Tau war als Buchstabe schon immer nur was für Wettervorhersagen und für trockenes Medizinerlatein zu feucht. Das Ypsilon dagegen ist seit jeher biologisch-medizinisch für das überflüssige Männer-Chromosom vergeben und hat schon in der Vergangenheit für viel Verwirrung und Unheil gesorgt.
Somit bleiben nur noch Phi, Chi, Psi und Omega. Um mit dem Letztgenannten zu beginnen: Es steht schon immer apokalyptisch für das Ende und wäre als das andere O vom Omikron nur schwer zu unterscheiden. Und dass Chi genauso wie Xi wegen des Chinabezuges in der WHO blockiert würde, steht zu erwarten. Andererseits würde beim Phi die ganze mathematische Welt in Aufruhr geraten, weil der Buchstabe ja nun mal für die Euler’sche Funktion reserviert ist, auch wenn manche Mathefreaks rustikal lieber vom „Euler’schen Kleinvieh“ sprechen.
Bliebe also nur noch das Psi. Aber ehrlich, Leute! Ausgerechnet die womöglich schlimmste Variante des Erregers der Kürzelwelt der Querirren und Esoteriker anzuvertrauen, wäre höchst riskant, zumal sie alles ungeprüft in die Welt plappern, was sie einmal aufgeschnappt haben. Das nennt man auch die „Papageienkrankheit“ – und wie heißt die wohl auf Griechisch? Eben, genau! Psittakose. Ende der Buchstabenliste.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs