Die Wahrheit: Die vier Elemente: Feuer
Es brennt im Haus! In irgendeiner Wohnung über der eigenen! Wer lebt dort eigentlich? Wird die Feuerwehr den Brand in den Griff bekommen?
I ch lag erschossen auf dem Sofa, als plötzlich Feuer vom Himmel fiel. Lodernde Flammen zischten an meinem Wohnzimmerfenster vorbei, wie von oberster Stelle persönlich geschickt. Ein Tischtuch, eine Kleiderbox, eine brennende Matratze segelten hell leuchtend abwärts in den Garten. Was war da los? Spielten irgendwelche Nachbarjungs mit Leuchtraketen?
Ich sprang ächzend auf, da ich ziemlich geplättet war – Feierabend, kurz vor dem Wochenende, der Fernseher spielte irgendetwas Belustigendes –, wuchtete das Fenster auf und sah nach oben: nichts zu sehen. Blick nach unten: Der halbe Garten stand in Flammen!
Ein Einstieg in Satori. So fühlt sich also Erleuchtung an, so sieht sie aus, die Erkenntnis vom universellen Wesen des Daseins, dachte ich. Da hatte Buddha ganz recht: Die Erleuchtung kommt, wenn Berliner Expats ihre Neuköllner Zwischenmietwohnung abfackeln, weil ihnen der Kerzenständer erst vom Tisch und dann auf die Matratze fällt und sie dann in Panik einfach alles aus dem Fenster werfen. Kommt durchaus öfter vor, erzählte dann auch später ein Kollege. Eine prima Gelegenheit, mal die Nachbarschaft kennenzulernen.
Tatsächlich wohnen in meinem Haus mehr Menschen als gedacht. Also mehr Menschen, die hier gar nicht wohnen, jedenfalls nicht den Klingelschildern nach. Den Schildern nach ist die Hälfte hier urdeutsch, die andere hat einen türkischen Hintergrund. In der Wohnung über mir stand jedenfalls sperrangelweit die Wohnungstür auf, und ein Amerikaner in brandlochbestücktem T-Shirt kam aus verrauchten Räumen und machte einen angemessen fahrigen Eindruck, während seine Freundin, äußerlich unbeschadet, mir rasch erklärte, dass alles im Check sei und auch schon irgendjemand die Feuerwehr angerufen hat.
Ich raste wieder runter: Wenn jetzt der Baum unten Feuer fängt, ist alles aus. Dann brennt in Nullkommanix das Haus. Letzter Blick ins Satori: Was mitnehmen in dieser stressigen Stunde der Erleuchtung?
Ich packte meine Siebensachen: Laptop, Reisepass, Sparbuch. Wirklich, das war es. Ich hätte noch den Koffer nehmen können und ein paar Klamotten hineinwerfen, aber das war jetzt alles unwichtig. Jetzt raus, Tuchfühlung mit der Berliner Feuerwehr aufnehmen.
„Du hast noch ein Sparbuch?“, fragten später die Freunde. Interessanter fand ich, dass mir der Rest – Gitarre, Schallplatten, Bücher, Möbel, Devotionalien, Kleidung – im Wesentlichen egal war. Schade, aber: Ist ja nur Kram. Doch bevor ich weiter in die Tiefen meiner Existenzsicherung hinabsteigen musste, hatte die Berliner Feuerwehr tatsächlich schon alles im Griff.
Feuerstellen gelöscht, keine Gefahr mehr. Die Polizei war inzwischen auch gekommen und tingelte durchs Haus. Ich lernte die Nachbarn vor der Haustür kennen, eine hatte schon Sekt besorgt. Irgendwann rollten auch die drei Löschzüge wieder ab. Die hatten schon ganz anderes gesehen.
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