Die Streitfrage: Ist Professx ein Fortschritt?

Eine Arbeitsgruppe entwickelt einen Vorschlag für gendergerechtere Sprache: „Professx“ und „Studentx“ – und im Internet regt sich Hass.

Studenten und Studentinnen – oder Studentx? Bild: dpa

„Das Mensch“ wird Lann Hornscheidt im Netz genannt. „Kleinschreibscheiße“ wird Hornscheidt vorgeworfen, „blanker Irrsinn“. Die Empörung auf Twitter ist gigantisch, zu einer regelrechten Diffamierungsskampagne ist sie angewachsen, seit es diese neue Idee für gendergerechtere Sprache gibt.

Lann Hornscheidt vom Zentrum für Transdisziplinäre Geschlechterstudien der Berliner Humboldt-Universität fühlt sich weder als Frau noch als Mann, von der gängigen Anrede „Frau“ und „Herr“ daher ausgeschlossen. Zusammen mit einer Arbeitsgruppe hat sie einen Vorschlag für alternative Formulierungen entwickelt, die keinen Rückschluss auf das Geschlecht mehr erlauben: die x-Form. Mit „Liebx Profx Hornscheidt“ will Lann Hornscheidt angesprochen werden. Studenten könnten „Studentx“ heißen.

Es gebe Bedarf dafür, argumentiert Hornscheidt. Mehrfach hätten sich im vergangenen Semester Studierende bei ihr gemeldet, die sich durch genderspezifische Anreden kategorisiert und diskriminiert fühlten. Mehrfach hat Hornscheidt mittlerweile auch betont, dass das „x“ nur ein Denkanstoß sein sollte, nicht mehr. Außer eben einer Rechtfertigung gegenüber dem Spott, dem sie nun ausgesetzt ist: „Professx“ – das klingt ja wie Obelix.

„Professix“ will die Arbeitsgruppe ihre Wortneuschöpfung ausgesprochen wissen – eine sprachliche Verzerrung, über die man unweigerlich stolpert. Die Tatsache, dass sich bloß wenige mit dem „x“ zu identifzieren scheinen, mag die Grundlage jener heftigen Kritik sein: Denn wie sollte sich Gleichberechtigung künftig anhören, jenseits akademischer Sphären? Würden die Zwerge bei Schneewittchen bald fragen: „Wex hat aus meinem Becherchen getrunken?“ Und wie realistisch ist es etwa für einen Flugbegleiter oder eine Lehrerin, Kunden „Fahrgästx...“ oder Schüler „Schülx“ zu nennen?

Bewegung in der Sprache zuzulassen, war schon bei Goethe umstritten – ein „Geschäft der besten Köpfe“, schrieb er: Nämlich schwierig, sie zu bereichern.

Was meinen Sie? Ist Professx ein Fortschritt?

Diskutieren Sie mit! Wir wählen unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlichen sie in der taz.am wochenende vom 22./23. November 2014. Ihr prägnantes Statement sollte nicht mehr als 400 Zeichen umfassen und mit Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns eine Mail an: streit@taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.