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Die Dackel-AnomalieQuälend kurze Beine

Kommentar von Jonas Baur

Mit einem Verbot von Qualzuchten will Minister Cem Özdemir Tierleid verhindern. Das Gesetz ist schwammig und streng bei Hunden – und zu locker bei Nutztieren.

Ein emotionales Thema für alle Dackelfreunde Foto: D. Maehrmann/imago

D ie armen Dackel. Wenn sich an dem Gesetzesentwurf von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) zu sogenannten Qualzuchten nichts ändert, droht ihnen das Verbot. Und das, obwohl das Agrarministerium eigentlich keine spezifische Rasse verbieten möchte. Es will nur jene Tiere von der Zucht ausschließen, die quälende Merkmale vererben könnten. Erst mal eine gute Idee. Leider schießt die Umsetzung am Ziel vorbei.

Schwammige Formulierungen könnten dazu führen, dass nicht etwa der kranke Rücken eines Dackels das Ausschlusskriterium für seine Zucht wird, sondern allein seine Winzigkeit.

Wenn „Anomalien des Skelettsystems“ dazu führen sollen, dass ein Tier von der Zucht ausgeschlossen wird, braucht es ein „Normal“, von dem die Tiere abweichen. Beim Hund ist das evolutionär bedingt der Wolf. Die Befürchtung vieler Hundehalter: der Dackel hat so wenig mit dem Wolf zu tun, dass die gesamte Rasse als Ano­malie betrachtet wird.

Der beste Freund des Menschen ist ein emotionales Thema für seine Freunde. Bevor jedoch alle Rassen verboten werden, wird das Agrarministerium den Gesetzesentwurf hoffentlich überarbeiten. Denn nicht nur die Regelungen zu Qualzuchten sind zu ungenau, auch das liebe Vieh wird nicht ausreichend geschützt.

Gute Absichten, aber keine guten Umsetzungen

Nur weil Nutztiere lieber gegessen werden, während Hunde eher gestreichelt werden, verdienen sie trotzdem einen hinreichenden Schutz für ein angemessenes Leben

Im durchschnittlichen Rinder­betrieb dürften die Kühe weiterhin in Anbindehaltung leben, Schweinen dürfte weiterhin der Schwanz abgeschnitten werden und Langstrecken-Tiertransporte dürften weiterhin legal bleiben.

Nur weil diese Tiere lieber gegessen werden, während Hunde eher gestreichelt werden, verdienen sie trotzdem einen hinreichenden Schutz für ein angemessenes Leben. Immerhin leben in Deutschland über 200 Millionen Nutztiere. Dagegen gibt es „nur“ knapp über 34 Millionen Haustiere.

Der Gesetzesentwurf soll Qualen reduzieren. Aber in der Umsetzung würde das Gesetz Verwirrung stiften und vermeidbares Leid legitimieren. Das Agrarministerium würde gut daran tun, sich die Kritik der Tierschützer zu Herzen zu nehmen und den Entwurf zu überarbeiten. Dann könnten die guten Absichten auch durch gute Umsetzung erreicht werden.

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14 Kommentare

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  • Nur mal zum Verständnis;



    Mutation Degeneration Zucht => zB



    www.welshcorgi-new...heit/FGF4_deu.html

    Das Gen, das die kurzen Beine beim Hund verursacht

    Dass Dackel im Vergleich zu anderen Rassen ein erhöhtes Risiko für Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps) haben, ist bekannt. Früher glaubte man, dass es auf Grund des langen Rückens war, aber heute weiss man, dass die primäre Ursache eine Degeneration der stossabsorbierenden Bandscheiben ist. In Wirklichkeit haben Dackel ja nicht einen langen Rücken sondern kurze Beine, genau wie die Corgis.

    Der Grund für die kurzen Beine des Dackels ist eine besondere Form von Zwergwuchs. Die wissenschaftliche Bezeichnung ist "chondrodystropher Zwergwuchs", der auch beim Welsh Corgi und verschiedenen anderen Rassen vorkommt. Das Ausmass des Zwergwuchses kann variieren; Rassen wie die französische Bulldogge und der Beagle sind faktisch auch "chondrodystroph", obwohl ihre Beine nicht ganz so kurz sind.

    2009 fand ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Heidi Parker vom National Human Genome Research Institute in Bethesda (Maryland) die genetische Ursache für die kurzen Beine dieser Rassen.

    Sämtliche Fälle von Kurzbeinigkeit bei domestizierten Hunden sind das Resultat einer einzigen genetischen Mutation, die früh - vielleicht bis zu 4000 Jahre - in der Evolution der Hunde stattfand. Ein Gen genannt FGF4 (kurz für Fibroblast Growth Factor 4), welches für das Wachstum der Knochen eine wichtige Rolle spielt, wurde kopiert und an einem anderen Ort des Erbgutes eingesetzt. Dabei haben unsere Vorfahren wahrscheinlich schon damals erkannt, dass Hunde mit kurzen Beinen nützlich sein konnten und haben diese Eigenschaft durch selektive Zucht bewahrt.

    Alle Hunderassen haben zwei Kopien von FGF4 auf Chromosom 18.

    Im Laufe der Entwicklungsgeschichte des Hundes wurde das FGF4-Gen zweimal kopiert und an einem anderen Ort eingesetzt. Das eine Mal wurde es an einem anderen Ort auf Chromosom 18 eingesetzt. … selber weiterl

    • @Lowandorder:

      Wirklich toll, dass unsere Vorfahren einen Nutzen in mutierten Tieren sahen (z.B. dass sie mit ihren lustigen kurzen Beinchen nicht so schnell weglaufen konnten wie ihre Artgenossen). Ein Interesse am Wohlergehen kann man davon aber nicht ableiten. Ganz im Gegenteil.

      Gerade mit dem Verständnis von heute (welches unsere Vorfahren nicht mal im Entferntesten hatten) ist die Züchtung von Tieren, die von Geburt an u.a. gesundheitliche Schwierigkeiten mitbringen, abzulehnen.

      • @EDL:

        Stichwort - Kaninchen- Rattenjagd - wennse mal den Yorkshire Terrier im Original daraufhin ganz unüberheblich betrachten wollen?!



        Der Yorkshire Terrier wurde seit Ende des 19. Jahrhunderts von den ärmsten Schichten der nordenglischen Industriestädte in der Grafschaft Yorkshire gezüchtet. Die Aufgabe des Yorkshire Terriers war, in den Städten Ratten und Mäuse zu dezimieren, er wurde aber auch zur – illegalen – Jagd auf Kaninchen sowie als Wettobjekt im Rattenpit eingesetzt.[2][3] Im Rassestandard wird der alte Englische Toy Terrier, Schwarz und Loh, zusammen mit anderen Rassen wie dem Malteser und dem Skye Terrier als Vorfahre des Yorkshire Terriers dargestellt.[1] Aus einer im FCI-Rassestandard Nr. 86 nicht zulässigen seltenen Farbvariante des Yorkshire Terriers wurde der Biewer Terrier gezüchtet.



        de.wikipedia.org/wiki/Yorkshire_Terrier

        kurz - die sind mal ab von Tussis nicht umsonst giftig wie ne Cobra



        & Horst Stern “Der schärfste aller Schnäpse“ der Jagdterrier - der gern noch dem Blitz hinterherfährt!“

  • Mit Sicherheit ist es quasi unmöglich einen Hand auch nur halbwegs artgerecht in einer Wohnung zu halten. Für den ist das Platzangebot dort durchaus vergleichbar mit einem Kastenstand für Sauen oder einem Käfig für Hühner.

    Traut sich nur kein Politiker dran - lieber immer druuf auf die Landwirte - gegen ein paar hunderttausend Nutztierhalter lässt es sich besser schimpfen als gegen dutzende Millionen Haustierhalter. Rein summarisch was das Wählerpotential angeht.

    • @NN:

      Wenn Sie einen Hund meinen(?), dann kann ich dem nicht zustimmen. Ich gehe davon aus, dass Sie selber keinen Hund haben, oder sich mit dieser Thematik intensiver beschäftigt haben. Einen Hund in einer, von mir aus sogar Stadtwohnung, mit Nutztieren in engen Stallungen(!) zu vergleichen ist einfach falsch.



      Nur mal ein kleiner Abriss zum Thema Hundehaltung, das sprengt sonst den Käfigrahmen: wichtig für den Hund sind körperliche und geistige (fast noch wichtiger) Auslastung. Dies sollte im Idealfall draußen passieren. Wenn man also in seiner Umgebung Zugang zu Freiflächen und Parks hat, gibt es überhaupt kein Problem. Einen engagierten Hundehalter mal vorausgesetzt! In der Wohnung möchte ich dann bitte einen Hund haben, der in der Wohnung frisst und schläft und döst (das machen Hunde nämlich 80% am Tag). Da ist es ihm egal, ob er dafür 100qm Wohnfläche oder nur 40qm zur Verfügung hat.

      • @Chrizz:

        Die Realität ist doch aber so, dass es Millionen Haustierbesitzer geben wird, die ihren Hund unter der Woche nur zum Gassigehen rauslassen können oder wollen.

        Ich denke die Mehrzahl der in Städten lebenden Hunde, bekommt alles andere als ausreichend Bewegung. Von Katzen und Vögel will ich erst gar nicht anfangen ...

        Ich denke auch, dass wir, wenn wir die Haltung von Nutztieren ansprechen, die ganze heimische Tierquälerei nicht außen vor lassen dürfen.

  • Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. So auch hier Qualzuchten und miserable Haltungsbedingungen sind 2 verschiedene paar Schuhe.



    Und gegen die - IMHO - Perversionen vorzugehen, die sich Züchter ausdenken, ist überfällig.

    www.peta.de/themen/qualzucht-haustiere

  • Bei Nutztieren lediglich das Kupieren und die Anbindehaltung zu erwähnen ist meiner Meinung nach zu kurz gegriffen. Wenn ich mir die Euter der Hochleistungsmilchkühe anschaue, oder die Hühner und Puten, welche für die Fleischproduktion gezüchtet werden und kurz vor dem Schlachten nicht mehr richtig laufen können, weil sie schlicht zu dicke Schenkel für ihren Skelettapparat haben, dann sollte auch genau da das Thema QualZUCHT angegangen werden.

  • Die taz adressierte seinerzeit das "Rassismusprinzip": für Hunde



    taz.de/Haltergesetz/!5153823/



    /



    "Das ist nicht überraschend, denn Rasse ist ohnehin nur ein fragwürdiges Konzept ohne Fundament: "Wissenschaftlich anerkannte Methoden zur Bestimmung der Rassezugehörigkeit von Hunden gibt es bislang nicht", so heißt es in der Senats-Auswertung des Gesetzes. Und aller Hundeverhaltensforschung nach sind vermeintliche Kampfhunde von Natur aus nicht angriffslustiger als beliebte Familienhunde wie Golden Retriever-



    (...)



    Hansjoachim Hackbarth, Leiter der Untersuchung, fordert seither, für "verantwortungsvolle Hundebesitzer" zu sorgen. Das sei "die wirkungsvollste Maßnahme, um Verhaltensproblemen vorzubeugen".



    (...)



    In Bremen aber hält man am Rassebegriff eisern fest, auch wenn der keine empirische Entsprechung hat. "Wir beobachten da die wissenschaftliche Diskussion", so ein Sprecher des Innensenators. Bloß benutzt die Säugetierforschung das Wort nicht - und diskutiert deshalb auch nicht darüber."



    Die Sache mit der Verantwortung ist zu unterstreichen.



    ...in jeder Beziehung von Mensch und Tier!

  • Dem Kommentar stimme ich vollumfänglich zu. Es ist geradezu lächerlich, die Situation der industriellen Massentierhaltung außer acht zu lassen und den Schein des Anstands den Dachshund ausbaden zu lassen. Bevor nicht bei Schweine- und Rinderhaltung extrem Einschneidendes geschieht, ist der Dackel nur ein bellender Bettvorleger! P.S. Unsere Dackeldame wird 14 Jahre und erfreut sich bester Gesundheit - wie alle anderen Dackelkumpels, die mit ihr beim Gassigehen Schnüffeln.

    • @tcb262:

      Dem ist zuzustimmen - dennoch ist es auch nötig, dem Profitstreben auf der "Hundeebene" zu begegnen.

    • @tcb262:

      Danke!

  • "Nur weil diese Tiere lieber gegessen werden, während Hunde eher gestreichelt werden..." Hä? Wurden die Nutztiere selbst befragt? Und welche Kuh oder welches Schwein hat behauptet, dass es lieber gegessen als gestreichelt wird? Keineswegs! Auch Kühe oder Schweine würden viel lieber gestreichelt -- wenn sie die Wahl hätten...

    • @miri:

      der Satz ist passiv zu sehen nicht aktiv.

      Auch lässt sich durchaus nicht jeder Hund gerne streicheln, schon gar nicht von irgendwem.