Die Coronalage in Berlin: Omikron als Härtetest

Der Impfstart in Apotheken verzögert sich, die PCR-Testkapazitäten sind am Limit. Die kritische Infrastruktur hat noch Reserven.

Für die Gastronomie gilt seit Samstag in Berlin 2G-plus: Geboostert, oder zweimal geimpft plus Test Foto: dpa

Impfen in Apotheken

Im Dezember hat der Bundestag eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen. Diese erlaubt auch Apotheker*innen, Coronavakzine zu verimpfen, sofern sie vorab an einer Fortbildung der Bundesapothekerkammer teilnehmen. Eigentlich sollten sich die Berliner Apotheken ab dieser Woche an der Impfkampagne beteiligen. Doch nun scheint sich der Start zu verzögern: Bis ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht, wollen die Apotheken nicht einsteigen, heißt es vom Berliner Apothekenverein (BAV). Aktuell bekämen nicht einmal Ärz­t*in­nen die Mengen, die sie bestellen. Über gesonderte Kontingente für Apotheken wisse man außerdem noch nichts. „Es geht ja darum, ein zusätzliches Angebot zu schaffen und nicht darum, den Ärzten Impfstoff wegzunehmen“, so die Sprecherin des BAV auf taz-Anfrage.

Einen Impfstart in Apotheken erwarte sie nicht vor Anfang Februar. Wann sie mit dem Impfen beginnen werden, entscheiden Apo­the­ke­r*in­nen jedoch eigenständig: Jede Filiale ist für die Bestellung der Dosen und die Einholung der Erlaubnis bei der Apothekerkammer selbst verantwortlich. Der Impfstart und die Kapazitäten können daher von Apotheke zu Apotheke variieren. Aktuell führt der BAV Schulungen für Apo­the­ke­r*in­nen durch, die bisher noch keine Impfungen verabreicht haben. Laut einer internen Umfrage der BAV vom vergangenen Dezember sind ungefähr die Hälfte der Berliner Apo­the­ken­be­trei­be­r*in­nen bereit, die Impfkampagne zu unterstützen. Vielen fehle jedoch das Personal, da Apotheken in der Pandemie ohnehin schon einen deutlichen Mehraufwand bewerkstelligen müssen, so die Sprecherin des BAV. „Die Arzneimittelversorgung hat weiterhin oberste Priorität.“

PCR-Tests

Die PCR-Testkapazitäten bleiben weiterhin knapp. 86.148 PCR-Tests wurden laut dem Lagebericht der Senatsverwaltung in der ersten Kalenderwoche des Jahres durchgeführt. 52.190 davon liefen über die Arztpraxen.

24.254 Tests wurden in landeseigenen Testzentren durchgeführt, die kostenlose Abstriche für Kontaktpersonen anbieten. In privaten Testzentren waren es 9.704 Abstriche. Die Tendenz ist steigend. Zum Vergleich: In der letzten Dezemberwoche waren es insgesamt nur 43.352 PCR-Tests, wohl auch wegen der Feiertage. Doch auch Mitte Dezember wurden mit 63.554 noch deutlich weniger PCR-Abstriche ausgewertet als aktuell. Das Land hat die Kapazitäten bereits erhöht: Statt wie vorher 86.229 stehen nun 93.379 PCR-Tests zur Verfügung. Doch die Labore bleiben an ihrer Belastungsgrenze: „Wir sind ausgelastet bis Oberkante Unterlippe“, sagt die Mitarbeiterin eines Berliner Labors, die anonym bleiben möchte. Laut der Gesundheitsverwaltung könne eine Änderung der Corona-Testverordnung die Labore entlasten. Diese regelt zum Beispiel, dass eine Warnung auf der Corona-App zu einem kostenlosen PCR-Test berechtigt. Inwiefern die Testverordnung auch weiterhin gelten soll, darüber müsse die Gesundheitsministerkonferenz beraten.

Die Lage an den Schulen

Der Anteil der positiv Getesteten lag sowohl beim pädagogischen Personal wie auch bei den SchülerInnen am Freitag bei rund 2 Prozent. Zum Vergleich: In den Wochen zuvor lag dieser Anteil bei etwa 1 Prozent oder sogar weniger. 15 Schulen sind inzwischen in Warnstufe „gelb“ eingeordnet, dann gilt Wechselunterricht mindestens für einzelne Klassen. 207 Lerngruppen waren Stand Freitag geschlossen. Nach Altersgruppen aufgeschlüsselt liegt die 7-Tage-Inzidenz bei den 10- bis 14-Jährigen aktuell mit 1.913,1 am höchsten (Berlin-Durchschnitt am Montag: 947,7).

Landeselternsprecher Norman Heise hatte am Freitag gefordert, die Präsenzpflicht an den Schulen auszusetzen. Ein Sprecher von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) hatte daraufhin betont, weiterhin am Präsenzunterricht festhalten zu wollen. In Berlin müssen sich nicht geimpfte SchülerInnen dreimal pro Woche schnelltesten. Vollständig geimpften SchülerInnen wird das Testen empfohlen.

Laut Gunilla Neukirchen, Schulleiterin am Lankwitzer Beethoven-Gymnasium und Vorsitzende der Vereinigung der Berliner Schulleiterinnen und Schulleiter, hält sich der Ausfall beim Personal durch Quarantäne oder Isolation „in Grenzen“. Es gebe „nur vereinzelte Fälle“; im Kollegium seien nach einer Impfaktion im Dezember „alle geboostert“.

Seit Samstag gelten in Berlin neue Quarantäneregelungen: Wer vollständig geimpft (geboostert) ist, muss als Kontaktperson nicht mehr in Quarantäne. Alle anderen können sich nach sieben Tagen mittels PCR-Test oder Schnelltest freitesten.

Testpflicht für Kita-Kinder

Ab dem 24. Januar soll die angekündigte Testpflicht für Kita-Kinder gelten, teilte die Jugendverwaltung am Montag mit. Voraussetzung ist, dass dann genügend der sogenannten Lolli-Tests zur Verfügung stehen. Die gelten als kindgerechter als die Nasentests, weil man lediglich an einem Wattestäbchen lutschen muss. Analog zu den Schulen soll dreimal pro Woche getestet werden. Der Montag ist, nach möglichen Risikokontakten am Wochenende, ein Pflichttag – die anderen beiden Tage kann die Kita individuell festlegen.

Für ungetestete Kinder gilt dann „grundsätzlich ein Zutritts- und Teilnahmeverbot“, schreibt die Jugendverwaltung. Allerdings: Die Tests sollen zu Hause von den Eltern durchgeführt werden – Vertrauen in deren Ehrlichkeit ist hier also Grundvoraussetzung.

Die kritische Infrastruktur

Beim landeseigenen Klinikkonzern Vivantes beobachtet man eine schwankende Ausfallquote beim Personal mit leicht steigender Tendenz, teilt eine Unternehmenssprecherin am Montag auf taz-Anfrage mit. Die Ausfallquote liege „jedoch noch nicht über dem in früheren Wellen erreichten Niveau“. Man setze außerdem darauf, dass sich die neuen Quarantäneregeln entlastend auswirken, wenn geboosterte Kontaktpersonen nicht mehr in Quarantäne müssen.

Eine Entwarnung sei das aber nicht: „Sollte es zu weiteren personellen Engpässen kommen, müssten weitere planbare Behandlungen verschoben werden“, so die Sprecherin. Bereiche wie Küche oder Reinigung seien nicht von Personalengpässen betroffen.

Weiterhin Verlass ist in Berlin auf die Müllabfuhr: „Die Dienstleistungen von Müllabfuhr, Recyclinghöfen, Straßenreinigung, Winterdienst und Abfallbehandlung erfolgen derzeit ohne wesentliche coronabedingte Einschränkungen“, heißt es am Montag aus der Pressestelle der BSR. Lediglich der Recyclinghof Gradestraße habe leicht veränderte Öffnungszeiten. Außerdem gebe es, wegen der potenziellen Infektionsgefahr in Innenräumen, seit Ende Dezember keine Sperrmüllabholung mehr zu Hause. 219 Beschäftigte seien in Isolation oder Quarantäne. Bei insgesamt rund 6.000 Beschäftigten sei „die Infektionslage damit noch stabil“. Die Impfquote unter den Beschäftigen betrage 83 Prozent (Berliner Durchschnitt: 73,4 Prozent).

Etwas weniger Verlass ist ab Mittwoch auf die BVG: Auf zunächst 10 Busverbindungen wird wegen coronabedingtem Personalmangel die Taktung verändert. Bei der S-Bahn wurden noch keine Pläne bekannt.

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