Deutschlands größte Power-to-Gas-Anlage: Tausche Strom gegen Wasserstoff
In Niedersachsen entsteht eine Großanlage zur Umwandlung von Windstrom in Gas. Sie funktioniert nach dem Prinzip einer Mosterei.
Überschüssigen Windstrom in Wasserstoff umwandeln: Das soll in Norddeutschland bald in großem Stil Realität werden. Die Gasnetzbetreiber Gasunie Deutschland und Thyssengas sowie der Stromnetzbetreiber Tennet wollen dort die größte Power-to-Gas-Anlage Deutschlands bauen. Als Standorte für das 100-Megawatt-Projekt kommen Diele in Ostfriesland und Conneforde im Landkreis Ammerland in Betracht. In Betrieb gehen soll die Anlage schrittweise ab 2022.
Die geplante Umwandlung von Strom in Wasserstoff kann nicht nur das Stromnetz stabilisieren, sondern zudem den künftigen Netzausbaubedarf wie auch die Abregelung von Windenergie begrenzen. Der Wirkungsgrad der Technik liegt heute bei rund 75 Prozent, was natürlich erheblich besser ist, als wenn Windkraftanlagen abgeschaltet werden, sobald der Strom vor Ort nicht mehr verbraucht und infolge von Netzengpässen auch nicht abtransportiert werden kann.
Die Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse ist seit mehr als 200 Jahren bekannt. Das Verfahren birgt daher auch weniger technische Herausforderungen als vielmehr ökonomische. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit werden einerseits die Märkte sein, in denen die Anlage agieren kann. Andererseits spielen aber auch regulatorische Fragen eine Rolle, etwa die künftigen ökonomischen Rahmenbedingungen für Speichersysteme.
Von einem „Investitionsbedarf in niedriger dreistelliger Millionenhöhe“ sprechen die Projektpartner; ob das Projekt Fördergelder erhält, ist noch unklar. Bislang hält sich das Konsortium bei der Frage nach der Art des Betreibermodells noch alle Optionen offen. Ziel des Projektes sei es, „die sinnvollen Betriebsweisen zu identifizieren und die optimale Einbindung der Anlage an der Schnittstelle zwischen Strom- und Gasnetzen herauszufinden“, formuliert Philipp von Bergmann-Korn, Sprecher der Gasunie Deutschland.
Eine Konstruktion mit viele Optionen
Vermutlich wird es auf ein Geschäftsmodell hinauslaufen, das manche als Mostereiprinzip beschreiben; dort bringen die Kunden ihre Äpfel und nehmen anschließend ihren Saft mit, die Mosterei wird alleine für das Pressen bezahlt. Bei der Strom-zu-Gas-Anlage werden entsprechend unterschiedlichste Kunden ihren Überschussstrom mitbringen und dafür Wasserstoff erhalten. Den Strom beschaffen und den Wasserstoff verkaufen müssen die Kunden jeweils selbst. Der Betreiber der Anlage wird nicht auf den Energiemärkten aktiv sein.
Eine solche unternehmerische Konstruktion schafft viele Optionen. Die Anlage kann im Dienste des Übertragungsnetzbetreibers die Stabilität des Netzes sicherstellen. Die Anlage kann auch am Regelenergiemarkt eingesetzt werden, wo kurzfristige Flexibilität vermarktet wird. Und sie kann den Händlern an den Strommärkten dienen, die bei günstigen – mitunter negativen – Preisen am Spotmarkt der Strombörse zuschlagen, und den überschüssigen Strom dann zu Wasserstoff machen.
Der Wasserstoff kann anschließend über das bestehende Erdgasnetz abtransportiert werden. An den zur Diskussion stehenden Standorten kann bis zu 2 Prozent Wasserstoff ins Gasnetz eingespeist werden. Das Konzept der Power-to-Gas-Anlage ist alleine für die Erzeugung von Wasserstoff ausgelegt. Eine zusätzliche Methanisierung, also die Erzeugung eines erdgasgleichen Produktes, ist zumindest bislang nicht vorgesehen. Darauf deutet auch der Name der Pilotanlage hin: „Element eins“ hat das Firmenkonsortium sie getauft – und das erste Element im Periodensystem ist eben der Wasserstoff.
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