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Deutschlandbild in JapanStarke Meinung ohne Ahnung

Oktoberfeste werden gefeiert, wie sie fallen, und deutsche Autos sind immer noch beliebt. Bisweilen aber sind die Deutschen den Japanern zu direkt.

Bier geht immer: Japaner lieben Oktoberfeste Foto: imago

J apanische Zeitungsleser sind gut informiert über Deutschland. Alle großen Blätter berichteten vom Asylstreit im Bundestag. Einige japanische Korrespondenten in Europa hoben das Ende der deutschen Liebe zu Angela Merkel hervor. Ihre Politik der offenen Grenzen und die Energiewende fand das japanische Establishment eigentlich immer riskant, gesteht mir der frühere Deutschland-Korrespondent einer konservativen Zeitung. Das Wirtschaftsblatt Toyo Keizai suchte die Frauen nach Merkel und fand Alice Weidel und Sahra Wagenknecht, die man als politische Rechts- und Linksaußen porträtierte.

Abseits der aktuellen Politik haben sich Japaner im letzten Jahrzehnt zwei kulturelle Sitten aus Deutschland angeeignet. Oktoberfeste, also auf Bänken sitzen, frisch gezapftes Bier trinken, Wurst essen und deutsche Volksmusik live oder als Konserve hören, gibt es nicht nur im Oktober. Ein Krug deutsches Bier ist dabei für japanische Verhältnisse genauso teuer wie beim Originalfest in München. „Ich liebe Deutschland“, ruft mir mein Tischnachbar auf einem Oktoberfest im Juli angeheitert zu.

Auch Weihnachtsmärkte haben sich als Institution etabliert, nachdem viele Japaner sie bei Winterreisen nach Deutschland lieben gelernt haben. Glühwein heißt auf Japanisch Glühwein, nur eben Guryuuwain ausgesprochen. Auch Stollen gehören zu Japans Jahresende fest dazu. Alle besseren Bäckereien bieten selbst gemachten Stollen an, allerdings zu Mondpreisen.

Ältere Japaner haben immer noch ein positives Deutschlandbild. Sie lernten Deutsch als Fremdsprache an der Universität und kennen noch die deutschen Einflüsse auf Japans Modernisierung am Ende des 19. Jahrhunderts. Deutsche Lehnwörter wie (Patienten-)Karte und Rucksack zeugen davon. Aber nach 1945 hat sich das Land amerikanisiert. Jüngere Japaner orientieren sich an Kalifornien und in Europa blicken sie eher nach Frankreich als Deutschland.

Das liegt wohl an der Offenheit der Franzosen für japanische Kultur. Vor allem teilen Japaner und Franzosen die Liebe zum Essen. Wer in Japan ein Restaurant aufmacht, bevorzugt die französische Küche. Der Chef im Lokal Lumière bei mir in der Nähe hat das Handwerk in Frankreich erlernt und seine Gerichte an den japanischen Gaumen angepasst. Deutsche Lokale gibt es in Japan kaum, außer Bier und Wurst fällt Japanern bei deutschem Essen nichts ein. „Mir hat eigentlich gar nichts geschmeckt“, berichtete mir eine jüngere Bekannte nach einer Deutschlandtour.

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„Made in Germany“ zählt aber immer noch viel. Deutsche Autos verkaufen sich in Japan trotz hoher Preise sehr gut. Aber im Geschäftsverkehr höre ich immer wieder von Kommunikationsproblemen. „Deutsche sprechen sehr direkt, fragen nach privaten Dingen und haben oft eine starke Meinung, ohne viel zu wissen“, beschwert sich ein japanischer Importeur. Aber in einem Punkt mag er die Deutschen: „Durch den harten Akzent ist ihre englische Aussprache so deutlich, dass ich sie viel besser verstehe als Amerikaner.“

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Martin Fritz
Auslandskorrespondent Japan/Südkorea
Volontariat beim NDR. War Hörfunk-Korrespondent in Berlin während der deutschen Einheit. Danach fünf Jahre als Südasien-Korrespondent in Neu-Delhi. Berichtet seit 2001 aus Tokio über Japan und beide Koreas.
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2 Kommentare

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  • Was für ein schwacher Artikel. Von jemanden, der seit 2001 aus Japan berichtet, hätte ich mir was substanzielleres gewünscht, als die Tatsache das auf der anderen Seite der Welt stereotype über Deutschland vorhanden sind.



    Eine Tatsache, die nun wirklich von jedem Land über ein beliebiges anderes Land gegeben ist.

  • Ganz direkt , wenn ich mir das erlauben darf: Schöner Bericht.