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Deutscher in den Paradise PapersLachende Sonne vor der Isle of Man

Auch das Daddelimperium Merkur von Paul Gauselmann taucht in den Paradise Papers auf. Der Unternehmer agiert in einer rechtlichen Grauzone.

Birgt nicht nur Glücksmomente: die Spielhalle Foto: ap

Berlin taz | In Lübbecke, Ostwestfalen, ist Paul Gauselmann eine ganz große Nummer. Beim 60-jährigen Jubiläum der Gauselmann-Gruppe im September dreht sich ein Riesenrad auf dem Firmengelände. Stargeiger David Garrett fidelt Interpretationen der Hits von Michael Jackson und Led Zeppelin, wie die Firma in ihrem Pressetext berichtet. Exlandwirtschaftsminister ­Gar­relt Duin (SPD) und FDP-Grande Herrmann Otto Solms loben „Fairness“ und „un­bändigen Willen“ des Jubilars. Gauselmann selber, 83 Jahre alt, lässt es „noch mal richtig krachen“ – und spielt vor 2.500 Gästen Schlager von Caterina Valente von der „Symphonie 80“ ab – einer Musikbox aus den Anfängen der Firma.

1974 hat der Paul Gauselmann in Delmenhorst seine erste Spielothek eröffnet, heute ist er Chef eines Glücksspielimperiums. Mit 12.000 Mitarbeitern und 2,5 Milliarden Euro Umsatz ist es deutscher Marktführer. Das Logo der Firma ist eine lachende Sonne. Gut 45.000 Automaten produziert Gauselmann jedes Jahr, über die Hälfte der bundesweit 250.000 Geldspielgeräte stammen aus seiner Produktion. Marktführer ist er auch mit seinen mehr als 200 Spielhallen bundesweit. Dazu kommen rund 300 Spielstätten in neun Ländern Europas.

Doch das reicht Gauselmann nicht. In den Paradise Papers taucht der Ostwestfale nun neben der Queen und Bono auf. Er ist nicht nur offline in Daddelhöllen, sondern auch im Onlineglücksspiel aktiv: Das ist eine rechtliche und höchst lukrative Grauzone. Vor sieben Jahren gründete Gauselmann eine Tochter namens Edict IoM in der Steueroase Isle of Man.

Während in Deutschland die stark süchtigmachenden Onlinekasinos nur in Schleswig-Holstein ans Netz gehen dürfen, wurde auf der Kanalinsel bereits 2001 eines der liberalsten Gesetze für Zocker-Sites überhaupt geschaffen – es ist kinderleicht und ganz legal, hier Glücksspiellizenzen zu erwerben.

„Alles macht süchtig, wenn man es zu viel macht“

Edict IoM vertreibt nun weltweit Lizenzen von Online-Glücksspielen namens „Fruit Slider“ oder „Double Triple Chance“ – dies gibt Gauselmann auch zu. Verdächtig: Mit Inkrafttreten des ­Glückspielstaatsvertrags im Jahr 2012, der das Verbot von Online­spielen hierzulande festzurrt, benannte Gauselmann seine Edict IoM um und übertrug sie an eine Brief­kastenfirma auf Panama, die nun die Anteile treu­händerisch hält.

Laut Schätzungen gibt es zwischen 100.000 und 170.000 Spielsüchtige in Deutschland. Gauselmann befindet: „Alles macht süchtig, wenn man es zu viel macht.“

Da Gauselmanns Gewerbe so umstritten ist, versucht sich der FDP-nahe „Automaten-König“ seit jeher stark im Spenden und Sponsoring: 2011 kam heraus, dass Gauselmann Geld an CDU, FDP und SPD gespendet hatte – und zwar mit ­Stückelbeträgen jeweils unter der Grenze von 10.000 Euro, um eine Namensnennung in Partei-Rechenschaftsberichten zu vermeiden. Nach den aktuellen Veröffentlichungen dürfte Gauselmann wohl erneut um Hilfe in der Politik ersuchen.

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3 Kommentare

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  • das internet wird auf jeden fall wieder weggehen, wenn wir alle nur fest dran glauben.

     

    das problem liegt hier nicht bei gauselmann sondern bei der deutschen politik, die es nicht schafft, online glücksspiel zu regulieren. das ganze hat überhaupt nichts mit geldwäsche oder steuerhinterziehung zu tun sondern mit der notwendigkeit, firmen in ländern aufzumachen wo es eine europäische oder sonstige internet glücksspiel lizenz gibt. das sind mal nur die isle of man, malta und konsorten, denn die deutschen gesetze widersprechen hier eu-recht.

     

    italien, uk, frankreich oder dänemark beispielsweise haben schon längst den internet glücksspielmarkt reguliert und dort ist das thema vom tisch.

     

    Hier mal ein gut recherchierter artikel zum thema und was wirklich dahinter steckt https://goo.gl/truzBS

  • Die Behauptung , das die Aktionen nicht illegal seien ist zumindest fragwürdig. Es gäbe, jedenfalls für die deutschen Finanzämter, eine einfache Lösung. Die Kosten werden nicht anerkannt da in dieser Höhe unbegründet. Oder es wird fehlende Gewinnerzielungsabsicht unterstellt, was ebenfalls dazu führt, das Kosten nicht geltend gemacht werden können.

    Bei den Parteispenden liegt natürlich auch immer der Verdacht der mittelbaren Bestechlichkeit nahe.

  • Ich verstehe bis heute nicht, warum das Vereinigte Königreich nicht einfach die Isle of Man annektiert. Statt dessen toleriert man den Missbrauch.