Deutscher Völkermord an Herero: New Yorker Gericht vertagt sich
Die Bundesregierung erscheint erstmals offiziell vor Gericht in den USA – und will mehr Zeit. Kritik kommt von Herero- und Nama-Vertretern aus Namibia.
Es folgte damit einem Antrag des Anwalts der Bundesregierung, die erstmals seit Einreichung der Klage vor einem Jahr offiziell vertreten war und jetzt mehr Zeit zur Vorbereitung verlangte.
Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte die Verschiebung, nicht aber den Termin, und wollte sich inhaltlich nicht zu dem Verfahren äußern. Die Bundesregierung sieht die Klage wegen des Grundsatzes der Staatenimmunität als unzulässig an.
Die Klage war im Januar 2017 eingereicht worden, nachdem Herero- und Nama-Vertreter mit Rufen nach Direktverhandlungen mit der Bundesregierung ohne Gehör geblieben waren. Sie stützt sich auf dieselben juristischen Grundlagen wie frühere Klagen von NS-Zwangsarbeitern gegen Deutschland in den USA.
Vertreter der Herero und Nama, die am Freitag Berlin besuchten, warfen Deutschland vor, auf Zeit zu spielen. Sie forderten bei einem Treffen mit der Linksfraktion im Bundestag, die Bundesregierung müsse in direkte Gespräche mit den Volksgruppen eintreten und die deutschen Kriegsverbrechen an den Herero und Nama als Völkermord anerkennen.
Die Entwicklungspolitikerin der Linksfraktion im Bundestag, Helin Evrim Sommer, forderte die Bundesregierung auf, auf die Kläger zuzugehen und „jeden Zweifel auszuräumen, ob die Verbrechen zwischen 1904 und 1908 ein Völkermord waren“.
Herero – Andenken eines Volkes
Deutschland verhandelt mit der namibischen Regierung über eine offizielle Entschuldigung für den Völkermord und eine deutsch-namibische Zukunftsstiftung, die Bildungs- und Forschungsprojekte fördern soll. Eine rechtswirksame Anerkennung der von deutschen Soldaten an Herero und Nama verübten Massaker zwischen 1904 und 1909 im damaligen Deutsch-Südwestafrika als Völkermord lehnt Deutschland im in New York anhängigen Verfahren jedoch ab und spricht dort lediglich von „mutmaßlichen Gräueltaten“.
Verhandlungen zwischen dem Namibia-Beauftragten der Bundesregierung, Ruprecht Polenz (CDU), und Vertretern der namibischen Regierung reichten nicht aus, sagte der frühere namibische Vizeminister für Landwirtschaftsreformen, Bernadus Swartbooi. Die Nachfahren der Ermordeten müssten mit am Tisch sitzen. Die Vorsitzende des Genozidkomitees der Herero, Esther Muinjangue, sagte, Deutschland müsse die Verantwortung für den Völkermord vorbehaltlos übernehmen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott