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Deutscher Konzern klagt gegen US-StaatIllegale Medikamente für Hinrichtung

Der Pharmakonzern Fresenius Kabi klagt gegen den US-Bundesstaat Nebraska. Das könnte die Vollziehung einer Todesstrafe verhindern.

Fresenius liefert bestimmte Medikamente nicht an Vollzugsanstalten – wurden sie illegal beschafft? Foto: dpa

Der deutsche Pharmakonzern Fresenius Kabi könnte mit seiner Zivilklage im US-Bundesstaat Ne­braska eine Hinrichtung verhindern oder zumindest hinauszögern. Der verurteilte 60-jährige Mann soll am Dienstag, 14. August, mit einer Giftspritze getötet werden. Für Nebraska wäre es nicht nur die erste Hinrichtung seit 21 Jahren, sondern die erste überhaupt per Giftspritze. Fresenius Kabi wirft dem Bundesstaat vor, sich zwei der insgesamt vier Substanzen, die in der Giftspritze enthalten sind, illegal beschafft zu haben.

Das Unternehmen geht davon aus, dass die Wirkstoffe Cisatracurium (zur Muskelentspannung) sowie Kaliumchlorid (es beendet den Herzschlag) aus seiner Produktion stammen. Deshalb hat es am Dienstagabend (Ortszeit) bei einem Bundesrichter beantragt, die Medikamentennutzung vorläufig oder endgültig zu unterlassen.

In dem Fall geht es um Carey Dean Moore, der für den Mord an zwei Taxifahrern im Jahr 1979 verurteilt wurde. Der Konzern will zwar keine offizielle Position dazu einnehmen, ob er die Todesstrafe für gerechtfertigt hält. Aber weil die Todesstrafe in Europa größtenteils abgelehnt wird, ist der Konzern um seinen Ruf besorgt, wenn seine Produkte für die Vollstreckung der Strafe verwendet werden.

Deshalb verkauft Fresenius Kabi „bestimmte Medikamente“ nicht an Vollzugsanstalten. Da der US-Bundesstaat aber Phiolen in der Fresenius-eigenen Abfüllmenge (30 Milliliter) verwenden will, wittert der Konzern einen Verstoß gegen geltende Vertriebsverträge. Laut Konzern füllt kein anderer Hersteller Kaliumchlorid in dieser Menge ab.

Tödliche Injektion als erste Wahl

Erst vor einem Monat hatte ein anderer Pharmakonzern, Alvogen, im US-Bundesstaat Nevada erfolgreich gegen eine Hinrichtung geklagt. Auch Alvogen begründete die Klage mit der Sorge um Rufschädigung und dem Verdacht der illegalen Medikamentenbeschaffung. Und Anfang 2017 hatte das Pharma-Unternehmen McKesson geklagt, hier allerdings, weil der tatsächliche Zweck des bestellten Medikaments verschwiegen wurde. Lieferadresse war die Gesundheitseinrichtung eines Gefängnisses, weshalb der Konzern davon ausging, dass das bestellte Mittel lediglich zu Muskelentspannungszwecken verwendet würde.

Der Bundesstaat Nebraska hat bisher nicht mitgeteilt, wie er in den Besitz der beiden mutmaßlichen Fresenius-Kabi-Wirkstoffe gekommen ist. Für den Einzelfall von Carey Dean Moore war bis Redaktionsschluss nicht klar, wie die Zivilklage von Fresenius Kabi weiter verhandelt wird.

Der Tod durch eine tödliche Injektion ist als Hinrichtungsmethode die erste Wahl in den US-Bundesstaaten, die die Todesstrafe noch erlauben. Die Verweigerung von Pharmakonzernen, ihre Produkte für Hinrichtungen bereitzustellen, stellt jene US-Bundesstaaten deshalb vor ein gewisses Dilemma. Dass sie deswegen die Todesstrafe abschaffen, ist jedoch nicht zu erwarten.

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1 Kommentar

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  • Eigentlich ja eine sehr gute Nachricht, dass sich Pharmafirmen weigern, für so etwas bereitzustellen. Noch dazu deutsche, die ja in einer ganz und gar anderen Tradition stehen.



    Irritierend ist dennoch die kapitalistische Argumentation. Wenn Todesstrafen ein gutes Image und damit Geld bringen will der Konzern da mitmachen und ansonsten eben nicht. Heißt im Klartext, dass auch für den Mord an Menschen produziert wird, sofern damit Kasse gemacht werden kann. Vielleicht hat sich die deutsche Pharmalandschaft doch gar nicht so sehr verändert. Zumindest aber die Gesellschaft und das ist schließlich auch sehr wertvoll!