Deutsche Rüstungsindustrie expandiert: Rheinmetall baut Munitionsfabrik

Der Rüstungskonzern will wieder mehr Munition in Deutschland fertigen. Hintergrund sind auch Probleme bei Waffenlieferungen an die Ukraine.

Das Logo des Rüstungskonzerns Rheinmetall ist an der Fassade der Unternehmenszentrale zu sehen.

Firmensitz von Rheinmetall in Düsseldorf: Die Waffenfirma rüstet auf

BERLIN dpa | Rheinmetall baut in Deutschland eine umfangreiche neue Munitionsfertigung mit dem Ziel einer unabhängigen Versorgung der Bundeswehr auf. Die Anlagen für sogenannte Mittelkalibermunition sollten im Januar fertig sein, bestätigte das Rüstungsunternehmen auf Anfrage.

Zuvor hatte es in Berlin politische Verärgerung über das Schweizer Veto gegen Munitionslieferungen aus Deutschland an die Ukraine gegeben. Der Export von Alt-Beständen des für die Flugabwehrkanonenpanzer Gepard benötigten Waffenmaterials hätte der Zustimmung der Schweizer Regierung bedurft, die aber mit Hinweis auf die eigene Neutralität ablehnte.

Rheinmetall verwies auch auf erheblichen Nachholbedarf bei Munition in Deutschland und Lücken, die durch die Unterstützung der Ukraine entstanden sind. Sie seien gemäß den Vorgaben der Nato zu füllen.

Im Mittelpunkt der neuen Bedarfslage stehe das Bestreben, „die Munitionsversorgung in Deutschland wieder prinzipiell unabhängig von ausländischen Fertigungsstätten aufzustellen“, sagte ein Sprecher des Rüstungsunternehmens der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Man habe sich dazu entschlossen, in Deutschland eine neue Fertigungsanlage für die Kaliber 20–35 Millimeter zu bauen. Die Produktion soll im Juni 2023 aufgenommen werden.

300.000 Schuss für die Ukraine

Zudem sei Rheinmetall dann bereits im Juli in der Lage, eine erste Charge von Gepard-Munition auszuliefern, sagte der Sprecher. Dem Vernehmen nach handelt es sich dabei um bis zu 300.000 Schuss für die Ukraine, wenn die Bundesregierung nun einen entsprechenden Auftrag erteilt. Deutschland hat den Gepard der Ukraine überlassen, konnte aber zunächst nur wenig Munition dazugeben.

Die in der Bundeswehr ausgemusterten und der Ukraine überlassenen Gepard-Panzer sind mit einer 35-mm-Zwillingskanone der Schweizer Rüstungsschmiede Oerlikon ausgestattet. Der Schweizer Hersteller von Waffen und Munition gehört heute zu Rheinmetall.

„Ich bin sehr erleichtert darüber, dass die Industrie so schnell reagiert hat. In Zukunft wird verstärkt Munition, die wir dringend benötigen, in Deutschland hergestellt“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. „Angesichts der sicherheitspolitischen Lage ist es von immenser Bedeutung, dass Deutschland gemeinsam mit den Nato-Partnern bei der Herstellung von Munition unabhängiger wird.“

Die Gepard-Panzer werden für den Schutz der Infrastruktur in der Ukraine gegen russische Luftangriffe genutzt. Sie schützen auch Hafenanlagen, die für den Transport von ukrainischem Getreide auf die Weltmärkte nötig sind. Dass die Schweizer Regierung mit Hinweis auf ihre Neutralität zweimal ein Veto gegen Lieferungen von Munition aus Deutschland an die Ukraine eingelegt hat, war in Deutschland zähneknirschend akzeptiert worden.

Auch die Bundeswehr bezieht bislang im Mittelkaliber Munition aus der Schweiz für ihr Flugabwehr-Waffensystem Mantis, für die Hauptbewaffnung des Schützenpanzers Puma, ein Marine-Geschütz sowie für die Kampfflugzeuge Tornado und Eurofighter. Es handelt sich um Munitionssorten im Kaliber von 20 Millimeter bis 35 Millimeter, die nun auf neuen Maschinen in Deutschland gefertigt werden.

Strack-Zimmermann hatte im November gefordert, in Deutschland müssten Konsequenzen aus der Schweizer Haltung gezogen werden. „Was geschieht eigentlich, wenn Deutschland oder einer der Nato-Staaten angegriffen würde und die in der Schweiz hergestellte Munition aufgrund dieser „Neutralität“ nicht geliefert würde?“, fragte sie.

Der beschlossene Neuaufbau einer Fertigungslinie und die Ausweitung von Produktionskapazität für Munition in Deutschland erfolge unabhängig von den Planungen für bestehende Standorte in anderen Ländern. Wo genau die Fertigungsanlagen entstehen, ist noch nicht öffentlich bekannt.

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