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Deutsche Kliniken in der KriseJeden Monat fehlen 500 Millionen

Die geplante Krankenhausreform könnte für viele Kliniken zu spät kommen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft fordert wirksame Maßnahmen.

Wie geht es weiter mit den Kliniken? Hier: leere Betten in einem Berliner Krankenhaus Foto: Katja Hoffmann/laif

Das Bild, das Gerald Gaß, der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), zeichnet, ist düster. „Aktuell fehlen den Kliniken Monat für Monat 500 Millionen Euro“, sagt Gaß am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Die Sorgen, vor dem, was drohe, wenn die Politik nicht schnell gegensteuere, seien groß. Bereits im vergangenen Jahr sei die Lage der Kliniken dramatisch gewesen. Vier von fünf Krankenhäusern rechneten Ende 2023 mit einem negativen Jahresergebnis, und in diesem Jahr drohten neue Rekorde an Insolvenzen, sagte Gaß.

Vor diesem Hintergrund warnt die Branche vor einem Wegbrechen der Versorgungsstruktur im ländlichen Raum auf Kosten der älteren Bevölkerung in den nächsten Jahren. In einer Befragung, an der 500 Kliniken teilgenommen haben, gaben zwei Drittel an, dass sie in einem Jahr eine schlechtere oder viel schlechtere Patientenversorgung im Vergleich zu heute erwarteten.

Mehr als 1.800 Kliniken mit rund 480.000 Betten gibt es nach Angaben der DKG in Deutschland. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl ist Deutschland damit an der Spitze Europas. Viele Ex­per­t*in­nen sagen, das seien zu viele und schlecht verteilte Kliniken. Gerade in Ballungsgebieten bieten nah beieinander liegende Häuser oft vergleichbare Leistungen an – mit entsprechend hohem Bedarf an spezialisiertem Personal und Ausstattung.

Die vielen Kliniken finanzieren sich nur, wenn viel operiert, viel im Krankenhaus behandelt wird. Auch darin ist Deutschland auf die Bevölkerungszahl gesehen Spitze. Komplexere Eingriffe lohnen sich im bestehenden Finanzierungssystem für die Kliniken besonders. Es gibt keine verbindlichen Mindestvoraussetzungen dafür, deshalb werden solche Eingriffe auch in Kliniken durchgeführt, die über wenig Erfahrung verfügen.

Deutschland ist nur Mittelmaß

Trotz der hohen Kosten, der vielen Krankenhäuser, des vielen Personals ist Deutschland in Sachen Behandlungsqualität nur Mittelmaß in Europa. Das bestehende Finanzierungssystem setzt Fehlanreize, bereits seit Jahren ist eine Reform geplant. Außerdem kommen die Länder ihrer Pflicht zur Finanzierung von Investitionen in die Krankenhäuser nicht ausreichend nach. Schon vor Beginn der Coronapandemie 2020 mussten viele Kliniken sparen – einziger Hebel waren da oft die Personalkosten.

Mit Corona hat sich diese Situation noch verschärft. Es gab einen Einbruch bei den belegten Betten, der bis heute nicht wieder aufgeholt werden konnte. Anteil daran hat auch der Mangel an Pflegepersonal, der inzwischen zur Schließung ganzer Stationen und Abteilungen führt. Inflation und notwendige Lohnsteigerungen treiben die Kosten der Krankenhäuser zusätzlich nach oben.

Nötig, da sind sich alle Ak­teu­r*in­nen im Gesundheitswesen einig, sei eine tiefgreifende Krankenhausreform. Man habe es mit der Ökonomisierung zu weit getrieben, meint nicht nur Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Nun soll die Finanzierung der Krankenhäuser an der Qualität der Versorgung ausgerichtet und die Basisversorgung abgesichert werden, sollen Überkapazitäten, etwa in Ballungsräumen, abgebaut werden. Dafür ist eine Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft nötig. Grundlage ist der Vorschlag einer Regierungskommission von Ex­per­t*in­nen aus Medizin, Pflege, Recht und Wirtschaft.

Um die Details der Reform ringen Bund und Länder seit mehr als einem Jahr. Eigentlich sollte sie schon Anfang 2024 in Kraft treten. Ein Teil davon, das bereits im vergangenen Oktober im Bundestag beschlossene Krankenhaustransparenzgesetz, blockierten die Länder zunächst im Bundesrat.

Mit dem Gesetz soll ein Klinik-Atlas geschaffen werden, der Pa­ti­en­t*in­nen zeigt, welche Klinik für welchen Eingriff am besten geeignet ist. Außerdem sollen kurzfristige Finanzhilfen eine Insolvenzwelle verhindern, verspricht Lauterbach. Ende Februar einigten sich Bund und Länder schließlich, noch im März soll das Transparenzgesetz nun auch den Bundesrat passieren.

Woher das Geld kommt, ist unklar

Dieser Weg steht dem Herzstück der Reform noch bevor. Das soll am 24. April im Kabinett und, so hofft man in der Ampel-Regierung, noch vor der Sommerpause im Bundestag beschlossen werden. Wirklich wirksam wird die von Lauterbach versprochene Revolution der Klinik-Finanzierung allerdings erst in mehreren Jahren.

Doch wie soll bis dahin der „kalte Strukturwandel“ verhindert werden, der laut Gerald Gaß von der Krankenhausgesellschaft bereits begonnen hat? Bei dem auch Krankenhäuser eingehen könnten, die für die Versorgung benötigt werden?

wochentaz

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Der Bundesgesundheitsminister verspricht, Tariflohnsteigerungen aller Beschäftigten in Krankenhäusern künftig bei der Erstattung der Betriebskosten besser zu berücksichtigen. Außerdem soll ab 2025 ein Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro die Zeit überbrücken, bis die Krankenhausfinanzierungsreform greift.

An dem Fonds sollen sich Bund und Länder zu gleichen Teilen beteiligen. Woher das Geld dafür kommen soll, ist allerdings noch unklar. Die gesetzlichen Krankenkassen befürchten, dass sich in der Folge die Beiträge der Versicherten spürbar erhöhen könnten.

Karl Lauterbachs Versprechen beruhigen die Krankenhausgesellschaft nicht. Grundsätzlich stünden die DKG und Mitgliederverbände der Krankenhausreform nicht entgegen, aber wenn die Politik nicht kurzfristig reagiere, hätten viele Kliniken gar nicht die Chance, sie überhaupt zu erleben, so Gerald Gaß am Donnerstag. Bund und Länder müssten in den anstehenden Beratungen im März wirksame Maßnahmen ergreifen und etwa für einen Infla­tions­ausgleich sorgen, appelliert der DKG-Vorsitzende. Sonst wolle er weiter Druck machen.

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9 Kommentare

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  • Mal wieder Totalversagen der freien Märkte. Muss nicht alles Rendite für Anleger bringen.

    • @Andreas J:

      Und auch Totalversagen der sog. Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen. Auch hier ein undurchschaubarer Wust an Bürokratie und Interessen, die eine dem Patienten zugute kommende Effizienz verhindern, dafür aber jede Menge gut bezahlte Funktionärspöstchen, die wir alle mitfinanzieren.

      • @Axel Schäfer:

        Ich währe eh dafür die Anzahl der gesetzlichen Krankenkassen zu reduzieren und private abzuschaffen.

  • Bisher konnten 'wir' uns dank unserer Wertschöpfung beim Export eine meidizinische Versorgung in Verbindung mit einer Hochleistungsforschung in diesem Bereich leisten, die wiederum internationale Handelsvorteile erwarten liess. Dadurch, dass die hier aktiven Unternehmen ihre Produktion aus Kostengründen ausgelagert haben und die Phamazeutika inzwischen sogar importiert werden müssen, sinkt das BIP entsprechend, so dass die höhere (und oft teurere) Produktivität nicht mehr erwortschaftet werden kann, zumal die Ansprüche der Patienten überdurchschnittlich zugenommen hatten. wenn die Profite inzwischen nicht mehr hierzulande gemacht werden, geht auch die Chance, die Vorteile der Hochleistungsmedizin samt auskömmlich vergütetem Personal verloren, zumal die Bevölkerung immer läönger gepflegt werden muss und die noch im Arbeitsprozess befindlichen Teile der Bevölkerung diese Kosten nicht mehr aufbringen können. Die Armutsfalle schlägt unwiederbringlich zu, die Kozerne suchen sich neue 'Opfer'.

  • "Jeden Monat fehlen 500 Millionen".

    Das sind 6 Milliarden Euro pro Jahr. Wieviel kostet ein einziger F-35 Kampfjet nochmal?

    Für Kriegswaffen ist seltsamerweise Geld da. Per Sondervermögen. 100 Milliarden für 5 Jahre. Das sind 20 Milliarden jedes Jahr. Für "Kriegstüchtigkeit", für Zerstörung und todbringende Waffen.

    Was hindert uns daran ein Sondervermögen für Gesundheit, für Gesundheitshäuser zu beschließen?

    Was hindert uns daran "Gesundheitsgeld" auf positive Weise (als "Vollgeld") zu schöpfen? Was hindert uns daran Kranken-, Pflege- und Therapiehäuser zu rekommunalisieren?

    Es geht ganz einfach. Per demokratischem Beschluß. Verfasungsgerichtsfest. In GG Artikel 20 :

    de.wikipedia.org/w...publik_Deutschland

    und in GG Artikel 15:

    de.wikipedia.org/w...ichung#Deutschland

    ausführlich beschrieben/erläutert/festgeschrieben .

    Gemeinwohl ist möglich! Müssen nur wollen... . :-)

  • 9G
    94799 (Profil gelöscht)

    Die "Deutsche Krankenhausgesellschaft" ist eine Lobbyorganisation innerhalb der hiesigen Volkswirtschaft. Sie vertritt in erster Linie die Interessen ihrer Kapitaleigner, ist ein Arbeitgeberverband und keine Patienten-/Mitarbeitervertretung.

  • Irgendwann muss man sich doch fragen, was man tun kann um die ja nun essentiell erforderlichen Krankenhäuser zu erhalten.



    Und wenn sich das aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen nicht mehr lohnt, muss man das System halt auf gemeinwirtschaftliche Prinzipien umstellen - und natürlich auch die Träger "ablösen". Auch wenn die "liebe F-Partei" Zeter und Mordio schreit.



    Sie werden jetzt sagen: "Ja, aber die Träger sind doch alle caritativ."



    Na ja, eben nicht alle (siehe Helius) und viele andere tragen nur einen caritativen Namen - sind aber knallhart kalkulierende Konzerne.



    Und dann muss man sich natürlich auch fragen, ob ein Kuli mit Lizenz für den Einsatz in der Medizin 5 € kosten muss derweil Kulis ansonsten für 10 ¢ zu haben sind.

  • Vermögenssteuer *jetzt*

  • Also wie oft man das in letzter zeit hört: Politiker x verspricht Summe y, aber es ist noch unklar woher das Geld kommen soll. Und natürlich wie so oft, und im Artikel bereits angedeutet, wird das wieder mit mehr Geld vom Steuerzahler finanziert. Wieso sollte man auch mal an den unzähligen Steuerverschwendungen ansetzen die der Bund der Steuerzahler jedes Jahr aufdeckt. Oder am Steuerrecht was ändern, das vor allem die reichsten 10% und noch mehr die reichsten 1% begünstigt, die Schlupflöcher stopfen und Vergünstigungen streichen, an die Milliarden gehen die in Steueroasen liegen, effektiv etwas gegen Geldwäsche unternehmen, die Erbschaftssteuer gerechter machen- das alles zusammen würde laut Experten einen dreistelligen Milliardenbetrag pro Jahr zur Verfügung stellen.



    Das System braucht eine schnelle Reform und nicht wie alles in diesem Land das Schneckentempo jeder Regierung. Es muss aber auch endlich mal so sein, das Milliarden Investitionen auch an Bedingungen geknüpft werden. Wie auch in anderen Unternehmen has es auch in etlichen der großen Krankenhaus- Konzerne Missmanagement gegeben, reine Profitorientierung auf Kosten von Mitarbeitern und Patienten. Es muss auch im Gesundheitswesen zum massiven Abbau von Bürokratie kommen und zu mehr Digitalisierung. Heutzutage sind Ärzte mehr damit beschäftigt Berichte zu schreiben als Patienten zu behandeln.