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Deutsche Bahn trotzt EnergiekriseKlimaticket? Nie gehört

Hohe Energiepreise sind für die Deutsche Bahn vorerst kein Problem. Über ein günstiges Netzticket wie in Österreich denkt der Konzern nicht nach.

Der Verlust aufgrund der Pandemie lag 2021 wesentlich unter dem des Vorjahres Foto: Jürgen Ritter/imago

Berlin taz | Die hohen Energiepreise machen der Deutschen Bahn vorerst nicht zu schaffen. „In diesem Jahr kommen wir mit der Situation gut zurecht“, sagte Konzernchef Richard Lutz bei der Vorstellung der Bilanz für 2021. Die Deutsche Bahn beziehe fast zwei Drittel ihres Bedarfs aus erneuerbaren Energien. Beim Rest seien die Preise abgesichert. Ob die Inflation zu höheren Ticketpreisen führt, wollte er nicht sagen.

Die Bilanz der Deutschen Bahn für 2021 trägt weiter Spuren der Pandemie. Der Verlust lag mit 900 Millionen Euro allerdings wesentlich unter den 5,7 Milliarden Euro des Vorjahres. Die Schulden betragen mehr als 29 Milliarden Euro. Der Umsatz stieg um 18,4 Prozent auf 47,3 Milliarden – mehr als vor der Pandemie. Das verdankt die Deutsche Bahn dem Frachtgeschäft, vor allem der auf Lkw-Transporte ausgerichteten Tochter DB Schenker. Die Zahl der Reisenden im Fernverkehr ist gegenüber 2020 leicht um eine Million auf 82 Millionen gewachsen. Im Regionalverkehr nahm sie aber ab.

Die Kritik von Umweltorganisationen zur Abschaffung der Partner-BahnCard, mit der Lebensgefährten der Inhaber Rabatte kommen, wies der Konzern zurück. Das Angebot sei nur von 3 Prozent der BahnCard-Kund:innen angenommen worden. Deshalb sei es „absolut rational“, es abzuschaffen, hieß es.

Österreich hat ein sehr günstiges Jahresticket für den Nah- und Fernverkehr eingeführt, das sogenannte Klimaticket. Mit dem Prestigeprojekt der türkis-grünen Regierung sollen Autofahrende zum Umsteigen bewegt werden. Offenbar befasst sich die Deutsche Bahn nicht mit solchen Modellen. Er könne dazu nichts sagen, weil er sich damit nicht auskenne, sagte Lutz. Aber er wolle seinen österreichischen Kollegen danach fragen.

Reform angemahnt

Wettbewerber der Deutschen Bahn (DB) mahnen eine Reform des Staatskonzerns an. „Die unnötig hohen Defizite der DB belasten den Bundeshaushalt und den Ruf des Systems Schiene, das aus weit mehr Unternehmen als der DB besteht“, sagte Peter Westenberger, Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen, in dem rund 90 Güterbahnen organisiert sind.

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19 Kommentare

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  • Gibt es denn belastbare Zahlen dafür, dass ein solches Jahresabo tatsächlich eine erhebliche Anzahl von Autofahrern zum Bahnfahren bewegt, mehr als die Angebote der DB?

    Mit Sparpreisen und Supersparpreisen und Bahncard kann man ja auch oft recht günstig reisen. Diese Tickets haben zudem den Vorteil, dass über sie die Auslastung der Bahnen gesteuert werden kann. Davon profitieren alle, die Nutzer der Sparpreise, die an billige Tickets kommen, die Nutzer der teureren Flexitickets, weil die stark nachgefragten Verbindung nicht überlastet werden, die Bahn, weil sie den Bedarf besser planen kann und die Umwelt, weil eine gleichmäßige Auslastung auch ökologischer ist.

    Wer wirklich sehr viel fährt, kommt auch mit Bahncard 100 oder Streckenabo günstiger, als mit dem Auto.

    Das erscheint mir ein insgesamt klügeres System, als ein billigeres Netzabo für alle, unabhängig vom Bedarf.

  • Wien hat das berühmte 365€ Tiket.

    In Bremen fordern nahezu alle Parteien günstige Jahrestickets. Das geht vom kostenlosen Tickets der Linkspartei bis hin zur CDU, die unlängst mehr Tempo bei der Einführung von 365€ Jahrestickets.

    Das geht nun seit Jahren so absurd voran. Trotzdem, obwohl der Rückhalt für 365€ Tickets so riesig ist, kommt der RRG Senat in Bremen seit bald Jahrzehnten nicht in die Pötte, günstige Tickets einzuführen.

  • "Er könne dazu nichts sagen, weil er sich damit nicht auskenne, sagte Lutz."



    Ich würde ja lachen, wenn diese Aussage nicht so traurig, frech und peinlich ist.

  • ncoh ein schritt nach vorn: die deutsche bahn hat im mai 2021 den gepaecktransport in die nachbarlaender abgeschafft. super! dann faehrt man jetzt lieber mit dem auto, wenn man viel gepaeck hat. top management, richtig super, weiter so. wieviel verdienen die heinze da eigentlich genau?

  • ich dachte, die deutsche bahn wurde damals in AG umgewandelt, damit sie wie ein ´richtiges´unternehmen gefuehrt wird.



    wenn der top manager noch nicht mal das einfachste 1x1 des business managements versteht, dann frag ich mich, was die da so den ganzen tag in ihrem elfenbeinturm am potsdamer platz machen

    • @the real günni:

      Die DB wurde zur AG damit Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden können.

  • Ja, mit Preissenkungen oder Sondertickets wird man ganz sicher den Umsatz steigern. Wirklich ganz sicher.

    • @DiMa:

      Sicher. Umsatz heißt Anzahl verkaufter Tickets mal Ticketpreise. Die Anzahl verkaufter Tickets muss also so weit erhöht werden, dass sie die Mindereinnahmen durch Preissenkungen ausgleicht. Das wären aber nicht die einzigen Maßnahmen. Strukturell müsste sich grundlegend was an der Bahn ändern: die Restrukturierung als öffentlicher Verkehrsversorger nicht als international kapitalistisch agierendes Unternehmen. Aber daran haben Sie als Neoliberaler ja auch gar kein Interesse, nicht wahr?

      • @Uranus:

        In Österreich werden die Ausfälle durch Steuereinnahmen subventioniert. Also scheint es nicht genug Mehrkunden zu geben, um die Preissenkungen zu finanzieren. Nur Subventionen sind kein Umsatz; ergo keine Umsatzsteigerung.

        Die von Ihnen angenommene Steigerung verkaufter Tickets zur Erhöhung des Umsatzes ist utopisch.

        • @DiMa:

          Ist doch gut, dass die Bahn grundsätzlich vom österreichischen Staat finanziert wird, da sie potenziell Alle nutzen können. Fragen Sie mal ein*en fremde*n Autobesitzer*in, ob Sie mal ihr*sein Auto nutzen können ... Wie auch immer - wenn dann die Ticketpreise niedrig sind, können auch Ärmere sie tatsächlich nutzen. Zum anderen gebietet klimapolitische Notwendigkeit mehr Menschen zur Nutzung der Bahn zu motivieren. Die Einführung von Tempolimits auf Autobahnen, Landstraßen und Ortschaften sowie die Einführung von autofreien Städte würden Anreize schaffen. Wie Sie herauslesen können, halte ich Bahn für eine Daseinsvorsorge. Als solches sollte sie nicht gewinnorientiert funktionieren. Entsprechend bin ich dafür, die Bahn auf ihr "Kerngeschäft" zu reduzieren und den Pseudo-AG-Status abzuschaffen.

          • @Uranus:

            Nur wird es so halt nix mit der Formel "mehr Umsatz durch geringere Preise".

            Wie bereits gesagt; "mit Preissenkungen oder Sondertickets wird man ganz sicher den Umsatz steigern. Wirklich ganz sicher."

            • @DiMa:

              Der Preis ist ein Mittel. Und wenn Sie sagen, das reicht nicht aus, stimme ich Ihnen insofern zu, dass noch mehr Anreize geschaffen werden müssen, dass die Leute ihr Auto öfter stehen lassen, bestenfalls abschaffen und statt dessen die Bahn nutzen. Und sicher, auch durch Subventionen lässt sich der Umsatz (Anzahl der Tickets mal Verkaufspreis) steigern. Worauf Sie wohl abzielen ist die Bilanz oder sowas wie Wirtschaftlichkeit, oder? Zumal bisher die Alternative Auto auch subventioniert wird wie bspw. anhand "Umweltbonus", jüngst diskutierte Spritpreissubvention, sonstige Straßensubventionen ...

              • @Uranus:

                Ja, das reicht nicht aus und die damit angegriffe Aussage aus dem Artikel dürfte als falsch gelten.

                Welche anderen Mittel und wie oder was auch immer ist mir eigentlich egal.

  • "Über ein günstiges Netzticket wie in Österreich denkt der Konzern nicht nach."

    Nichts anderes habe ich von diesen Leuten erwartet.

  • Dir Bahncard 100 kommt doch in mancherlei Hinsicht nah dran an das Klimaticket aus Österreich? Kostet dreimal soviel, gilt aber für mehr als sechsmal mehr Netz.

    • @LeSti:

      Genau. Es wird oft vergessen, daß Österreich von Fläche und Einwohnerzahl her nur einem deutschen Bundesland wie Bayern oder Berlin/Brandenburg entspricht.

      Für den VBB gibts ne Jahreskarte für 2242€, das könnte man zum Vergleich heranziehen, für die anderen Bundesländer weiß ich nicht.

    • @LeSti:

      man kann als deutscher auf mehr strecken fahren, es bezahlen aber auch mehr dafuer. man kann aber nicht 6x mehr fahren, das ist ein vergleich mit der zeit, nicht mit streckennetz, der vergleich hinkt. oder war das ironie? ^^

      • @the real günni:

        Nö. Keine Ironie. Ich bekomme ein Netzticket, also vergleiche ich erstmal die Netze. Das greift natürlich zu kurz. In Deutschland bekomme ich Züge, die 330 kmh fahren, in Österreich solche mit 230 kmh. Ich kann also weiter und schneller fahren. Wieviele da noch mitbezahlen ist sich aus individueller Sicht egal. Was das Klimaticket in Österreich aber sehr richtig macht: es gilt auch für allen ÖPNV.

  • Naja, in Österreich haben sich ja auch nicht die ÖBB damit befasst, sondern die Bundespolitik.