Deutsch-Arabische Schule in Neukölln: Hudhaifa Al-Mashhadani trotzt dem Islamismus
Am U-Bahnhof Rathaus Neukölln in Berlin wird der Leiter einer Sprachschule attackiert. Die Schule ist schon länger im Visier von Extremisten.
Wenn am Samstag und Sonntag die Kinder zum Sprachunterricht kommen, passt draußen die Polizei auf. Auch an anderen Tagen stehen Polizist*innen vor der Tür. Denn seit dem 7. Oktober 2023 wurde die Deutsch-Arabische Schule Ibn Khaldun in Berlin-Neukölln mehrfach angegriffen. Deren Schulleiter, Hudhaifa Al-Mashhadani, sieht sich nun sogar mit Mord bedroht.
„Ich war auf dem Weg vom Rathaus Neukölln zur Schule“, erzählt Al-Mashhadani der taz von dem jüngsten Angriff auf ihn. „Ich habe auf die U-Bahn gewartet, sie sollte in etwa einer Minute kommen“, sagt er. Als der Zug einfuhr, habe ihn jemand hinter ihm „mit einer starken Bewegung nach vorn gestoßen“. Nur weil er stabil geblieben sei und sich halten konnte, sei er nicht auf die Gleise gefallen.
„Die Bahn war da, ich bin mit ein paar großen Schritten eingestiegen“, berichtet Al-Mashhadani. Der Angreifer habe ihn verfolgt und gegen Schulter und Kopf geschlagen sowie an seine Jacke gepackt. Dann hätten sich die Türen schon geschlossen. „Er hat mir durch das Fenster eine Geste gezeigt: Zwei Finger hat er am Hals entlangbewegt, als Drohung, dass sie mich umbringen wollen oder er mir den Tod wünscht. Und mit zwei Fingern hat er auf seine Augen gezeigt, nach dem Motto: Wir beobachten dich.“ Der Täter habe eine rote, palästinensische Kufiyah um den Hals getragen.
Die Schule veröffentlichte dazu am vergangenen Freitagvormittag eine Erklärung gemeinsam mit dem Deutsch-Arabischen Rat, dort ist Al-Mashhadani auch Vorstandsvorsitzender. Der Vorfall mache erneut deutlich, dass sein Engagement gegen Extremismus und für Präventionsarbeit nicht im Interesse extremistischer und antidemokratischer Milieus liege, heißt es darin.
„Radikal linke Strukturen“ und „politisch-islamistische Netzwerke“ „versuchen zunehmend, den gesellschaftlichen Diskurs zu beeinflussen, demokratische Stimmen einzuschüchtern und engagierte Persönlichkeiten zum Schweigen zu bringen“, schreiben sie. Arabische, jüdische und kurdische Vereinigungen in Deutschland unterstützten die Erklärung.
Al-Mashhadani ist Politikwissenschaftler und Mediziner. Er kam 2020 als politischer Flüchtling aus dem Irak nach Berlin. Dort war er zwei Jahre im Gefängnis gewesen.
An der Universität von Bagdad hatte Al-Mashahdani sich auf die Extremismusbekämpfung spezialisiert, 2010 schrieb er seinen Master über den Abbau extremistischer Gesellschaftsformen. 2014 promovierte zu Radikalismus und Terrorismusbekämpfung in sozialen Medien. In Berlin liegt sein Schwerpunkt weiterhin auch Radikalismusprävention und der Extremismusbekämpfung innerhalb der arabischen Gemeinde.
Die Schule in Berlin-Neukölln, die sich dezidiert auch für Dialog mit Israel und der jüdischen Community einsetzt, sei mehrfach mit Steinen beworfen worden, erzählt er. Es gab Schmierereien an der Fassade und diffamierende Flugblätter, sein Name sei mit Hamas-Dreiecken überklebt worden. Drohungen bekäme er etwa auch über Whatsapp. „Sie haben versucht, den Ruf der Schule zu schädigen“, sagt Al-Mashhadani. Doch das sei nicht gelungen, im Gegenteil.
„In Neukölln hatten Islamisten seit den 1990er Jahren Strukturen aufgebaut, die sich nah an der Muslimbruderschaft orientierten“, erklärt Al-Mashhadani die Übergriffe gegen seine Schule im Bezirk. „Dem setzen wir etwas entgegen mit einem säkularen Angebot, und das fordert Islamisten und radikale Linke in Neukölln heraus.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert