piwik no script img

Der umstrittene grüne BaustadtratFlorian Schmidts Prioritäten

Holzmarkt-Genossenschaft verklagt das Land auf 19 Mio. Euro Schadenersatz. Doch gemeint ist der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg. Ein Wochenkommentar.

Nicht aussitzen, sondern nur probesitzen: Bezirksstadtrat Florian Schmidt und Senatorin Regine Günther in der Bergmannstraße Foto: dpa

Mitte der Woche platzte eine kleine Bombe. Die Holzmarkt-Genossenschaft verklagte das Land Berlin auf 19 Millionen Euro Schadenersatz. In Wirklichkeit war aber nicht das Land Berlin der Adressat der öffentlichkeitswirksamen Aktion, sondern Florian Schmidt, der grüne Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg.

Geradezu dankbar griff die Opposition die Steilvorlage auf. „Florian Schmidt hat die Idee des Eckwerks und des Holzmarktes von Anfang an nicht verstanden und stattdessen sabotiert“, kritisierte der CDU-Haushaltspolitiker Christian Goiny auf ­Facebook. Dass Schmidt sich weigerte, einen rechtlich fragwürdigen B-Plan durchzuwinken, ist der CDU egal.

In dieser Woche wurde aber auch deutlich, wo der tatsächliche politische Schwerpunkt Schmidts liegt. Und zwar nicht beim Support der Business-Hippies an der Spree, sondern beim Schutz von Mieterinnen und Mietern, die akut von Spekulation und Verdrängung betroffen sind.

Konkret geht es um 600 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee, die die Deutsche Wohnen gekauft hat. Weil diese, anders als 100 weitere, nicht im Milieuschutzgebiet liegen, greift das bezirkliche Vorkaufsrecht nicht.

In kürzester Zeit ein Vorschlag zur Hand

Jeder andere Bezirkspolitiker würde an dieser Stelle mit den Schultern zucken und mitteilen, dass ihm die Hände gebunden seien. Nicht so Florian Schmidt.

Er hat in kürzester Zeit einen Vorschlag entwickelt, wie die Mieter doch noch gerettet werden können. Denn jeder hat gegenüber der Deutsche Wohnen ein individuelles Vorkaufsrecht, allerdings muss das Geld bar auf den Tisch.

Geradezu dankbar griff die Opposition die Steilvorlage auf

Schmidt will nun mit einer Wohnungsbaugesellschaft ein treuhänderisches Modell entwickeln, in dem die Gesellschaft den Mietern den Kauf finanziert, die Wohnung aber sofort in den Besitz der Gesellschaft übergeht, die sie wiederum an die Mieter vermietet. 80 Prozent aller Mieterinnen und Mieter, hofft Schmidt, könnten davon profitieren.

Ob es tatsächlich so kommt, wird man sehen. Interessant ist aber die Priorität, die der grüne Stadtrat setzt. Gesetzt, dass jeder Politiker nur ein begrenztes Potenzial an Energie hat, um in aussichtslosen Fällen nach ungewöhnlichen Lösungen zu suchen, hat Schmidt gezeigt, wer ihm wichtiger ist. Weiter so.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Bedaruerlicherweise wird nirgends im Artikel erwähnt, dass es keine gesetzliche Grundlage für das Treuhandmodell gibt. Es reiht sich damit in die vielen rechtswidrigen Vorhaben des Stadtrates ein.

  • Ich bin wahrlich kein Freund von den Grünen, aber wenn ich Persönlichkeiten wie Florian Schmidt sehe, gibt es wirklich ein sehr seltsames Erlebnis: Hoffnung in der Politik.