Der rechtsextreme Flügel der AfD: Gefährlicher als die NPD

Der Verfassungsschutz stuft die AfD-Strömung „Der Flügel“ als rechtsextrem ein. Ihr Einfluss aber ist parteiintern so groß, dass dies nicht ausreicht.

Männer (u.a. Björn Höcke) tragen schwarze Anzüge, weiße Hemden und schwarze Krawatten und habensich weiße Rosen an ihr Revers geheftet

Höcke? Kalbitz? „Beide Personen sind Rechtsextremisten“, sagt der Thomas Haldenwang Foto: Jens Meyer/ap/picture alliance

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD-Strömung „Der Flügel“ als rechtsextrem eingestuft und zum vollen Beobachtungsobjekt erklärt. Höcke? Kalbitz? „Beide Personen sind Rechtsextremisten“, sagt der Behördenchef. Das kommt nicht unerwartet – und doch ist es eine Zäsur.

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik sitzt eine Partei im Bundestag und in allen 16 Landtagen – mancherorts sogar als stärkste Oppositionskraft und von einem Viertel der WählerInnen unterstützt – von der ein maßgeblicher Anteil rechtsextrem ist. Und damit auf einer Stufe mit den Neonazis der NPD oder des III.Weges steht.

Dass der Verfassungsschutz, der ein Frühwarnsystems für Verfassungsfeinde sein soll, zu dieser Einschätzung kommt, ist überfällig. Denn für die Demokratie ist der „Flügel“ viel gefährlicher als die NPD es je war. Er wirkt mit der Partei als Scharnier von der bürgerlichen Mitte bis ins Neonazis-Spektrum hinein. Ein solches Bündnis wäre zu Hochzeiten der NPD noch unmöglich gewesen.

Doch der Schritt des Verfassungsschutzes reicht nicht aus. Seit langem ist unklar, wo der „Flügel“ aufhört und der Rest der der Partei beginnt. Das hat Fraktionschef Alexander Gauland mit seinem Spruch, Höcke stehe in der Mitte der Partei, selbst schön auf den Punkt gebracht. Der Flügel hat großen Einfluss in der AfD, auch weil er meist geschlossen auftritt und Mehrheiten organisieren kann. Wichtiger noch: Anders als noch 2015, als es den Versuch gab, Höcke wegen Nähe zum Nationalsozialismus aus der AfD auszuschließen, gibt es parteiinternen Widerstand kaum noch. Wer sich gegen Höcke und Co. positioniert, wird abgestraft – wie es etwa der Berliner Fraktionschef Georg Pazderski auf dem letzten Parteitag erleben musste.

Wer in der AfD etwas werden oder bleiben will, hält also lieber den Mund. Oder biedert sich gleich bei den Rechsextremen an, wie das bei Fraktionschefin Alice Weidel, die inzwischen auch stellvertretende Parteivorsitzende ist, bestens zu beobachten ist. Deshalb muss der Verfassungsschutz auch die Verfassungsmäßigkeit der Gesamtpartei überprüfen.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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