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Der Wahlerfolg der AfDÜberzeugungswähler

Sabine am Orde
Kommentar von Sabine am Orde

Die AfD ist keine bloße Protestpartei mehr, sondern hat mit ihren rechtsradikalen Inhalten viele hinter sich. Das sollte vor allem die CDU begreifen.

AfD-Wähler*innen teilen das rassistische und autoritäre Weltbild der Partei Foto: ap

M it einem sollte jetzt mal Schluss sein: dem Gerede von der AfD als Protestpartei. Natürlich ist es verlockend, die radikal rechte Partei als solche einzustufen. Denn das hieße: Wirklich überzeugt sind die WählerInnen nicht. Über kurz oder lang werden sie wieder zu Sinnen kommen – und damit zu den anderen Parteien zurückkehren. Und ohnehin werde, das geht oft mit dieser Einschätzung einher, die AfD an ihren internen Widersprüchen zerbrechen. All das aber wird nicht so einfach eintreffen.

Die AfD ist in Sachsen und Brandenburg nicht nur wiedergewählt worden, sie hat in beiden Ländern massiv zugelegt, in manchen Gegenden ist sie dominant. Vermutlich hat sie nun ihr Potenzial ausgeschöpft – doch das liegt hier bei einem Viertel der WählerInnen. Ein großer Teil von diesen stimmen, das zeigen Befragungen, in hohem Maße mit AfD-Positionen überein – bei Migration, Islam, Kriminalität. Sie teilen das rassistische und autoritäre Weltbild der Partei. Selbst ein Rechtsextremist als Spitzenkandidat, wie in Brandenburg mit Andreas Kalbitz der Fall, hält sie nicht davon ab, der AfD ihre Stimme zu geben. Manche dürften es gar voller Überzeugung tun.

Man kann also durchaus von ÜberzeugungstäterInnen sprechen. Oder von einer sich herausbildenden Stammwählerschaft. Die sich eben nicht vorübergehend von den anderen Parteien abgewendet, sondern sehr grundsätzlich mit ihnen und ihren Vorstellungen von demokratischer Politik gebrochen hat. Ihr Ziel: eine ganz andere Gesellschaft.

Das sollte sich vor allem die Union klar machen, deren rechter Rand fleißig an Brücken zur AfD baut. Denn die Vorstellung, die AfD und ihre AnhängerInnen gehöre eigentlich zur CDU, ist falsch – und wird nicht wahrer dadurch, dass die Werte-Union, jener kleine, aber lautstarke Zirkel rechts außen in der CDU, sie immer wieder wiederholt. Die Partei hat – zumindest in Ostdeutschland – das Konservativ-Bürgerliche hinter sich gelassen, das Extreme ist hier längst dominant. Wer mit dieser AfD gemeinsame Sache macht, hilft Rechtsradikalen an die Macht.

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Sabine am Orde
Innenpolitik
Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.
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9 Kommentare

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  • "[...]sondern hat mit ihren rechtsradikalen Inhalten viele hinter sich."



    Nicht "sondern", sondern "trotz", das ist ein bedeutender Unterschied.

    Der Unterschied ist sogar so groß, dass alle Gegenmaßnahmen die man (die Politik und Zivilgeselschaft) unter der falschen "sondern"- bzw. "wegen"-Annahme getätigt werden, kontraproduktiv sind, weil es ja ein "trotz" ist.

  • Linkspartei und CDU haben in gleichen Anteilen an die AfD verloren.



    Warum also sollte sich allein die CDU um Wählerwanderungen kümmern?

  • Der Kommentar aber insbesondere der allerletzte Satz lässt mich etwas verwirrt zurück.

    Der Kommentar beinhaltet doch im Wesentlichen, dass das extrem rechte Gedankengut zumindest stellenweise in der Gesellschaft fest verankert ist und zwar nicht nur in der AfD, sondern auch am rechten Rand der Ost-CDU.

    Dennoch kann man die Gefahr vor Allem in der AfD verorten, die doch dann wohl eher nur eine Folge ist?

    Dieses Fazit erschließt sich mir nicht gsnz.



    Oder war das doch ganz anders gemeint?

  • 0G
    06227 (Profil gelöscht)

    Danke für diesen Kommentar. Jedes Mal wenn irgendjemand aus der Union Strauss zitiert à la 'keine Position in den Parlamenten rechts der CDU' bekomme ich Pickel. Als ob Rassismen völlig in Ordnung gingen solange das Wahlvolk Schäfchen bleibt und eine der Volksparteien wählt. Das zeugt ja nur davon wie weit verbreitet Zustimmung zu Ideen wie Diskriminierung und Autorität quer durch die Parteilandschaft ist und in den vergangenen Jahrzehnten immer gewesen ist - dass bundesweit zwischen 10-20% der Bevölkerung (Dunkelziffer nach Oben) Überzeugungen in diese Richtung haben ist ja auch nicht mit Aufkommen der AfD vom Himmel gefallen.

    • @06227 (Profil gelöscht):

      1.Diskriminierung ist ein Konditionierungsverhalten in sozialen Gruppen zur Änderung von Individuen zum erwünschten Verhalten.



      2.Eine Autorität ist ein soziales Konstrukt zur simplifizierenden Vorbildfunktion einer Gruppe.



      3.Rassismus sollten Sie genauer definieren, weil die grundlegenden Strukturen als Verallgemeinerung in "gut und böse" biologisch angelegt sind.



      Die Frage bliebe nur, in welcher Form diese sich manifestieren und valide/hilfreich sind zur Problemlösung und inwieweit nicht.

      Autoritäten [als Grundlage der eigenen überzeugen] und Diskriminierung von Nazis sollte für Sie auch normal sein oder nicht?

  • Ach was! In vier Wochen haben wir die AfD in die Ecke gedrückt, dass sie quietscht.

    Im Ernst: Der sich jetzt zeigende Anteil rechts eingestellter Menschen von rund einem Viertel der Gesamtbevölkerung ist in keinster Weise eine Erscheinung unserer Zeit.



    Es gibt etliche soziologische Untersuchungen zu diesem Thema und sie bestätigen alle, dass in allen Teilen der Welt, zu allen Zeiten und in allen Religionen zwischen 15% und 25% der Bevölkerung aus unterschiedlichen Gründen zu rechtem Denken neigen. Jede Demokratie muss lernen, damit umzugehen, wenn sie langfristig bestehen will.

  • " Denn die Vorstellung, die AfD und ihre AnhängerInnen gehöre eigentlich zur CDU, ist falsch"



    Ja und Nein. Dieser Satz ist nur dann falsch, wenn man sich über einen Teil der CDU/CSU belügt. Dass die CDU diesen Bodensatz nicht mehr binden kann ist zu begrüßen. Aber sie hat ihn natürlich gebunden, seit die BRD existiert.



    Wer ernsthaft glaubt Menschen wie FJS & Co seinen aufrechte Demokraten gewesen.....

    Die AfD ist im wesentlichen die CDU von vor 30-40 Jahren. Sogar noch ein bisschen gemäßigter. Wir haben uns sehr an die Merkel-CDU gewöhnt. Die Rückkehr von Merz oder Koch könnte das sehr leicht wieder ändern.

    Das ist Fleisch vom Fleische der CDU. Und wenn wir nicht sehr vorsichtig sind, kann es zu einem Moment kommen, indem die CDU die AfD in den Sattel hebt, ohne vorher die Bürger zu befragen.

    Ich halte ein Szenario für denkbar - in der Legislatur-Periode 2021-2025 - wo die Regierung zerbricht, AKK von Merz verdrängt wird - und der eine schwarz-braune Regierung bildet. Die Gefahr für die Demokratie geht - heute wie schon 33 - nicht von den Reaktionären aus, sondern von den Konservativen.

    Die CDU/CSU für durchweg demokratisch zu halten ist imo ein gefährlicher Fehler.



    Wer AKK wählt, der kann schneller Höcke bekommen, als ihm lieb ist.



    Der Rechte Block aus CXU/FDP/AfD kann dann leicht in mehreren Ländern Mehrheiten bilden, die solch einer Regierung auch Mehrheiten im Bundesrat verschafft.

    Mehrheiten für die CDU nach Merkel, hängen ein Damokles-Schwert über uns.



    Und das muss auch offen thematisiert werden. Es wird Zeit für eine "Braune Socken Kampagne."



    Niemand von und möchte morgens aufwachen in einem Staat, in dem Höcke Innenminister ist.

    Von der AfD und ihren Wählern geht da keinerlei Gefahr aus. Die bekommen bundesweit 12% zusammen. Die Gefahr ist der rechte Flügel der CDU/CSU und der unterscheidet sich in nichts von der AfD.

    • @Michael Garibaldi:

      Sehr geehrter Herr Garibaldi, vor 30-40 Jahren war 1980. Mir ist unbekannt, dass Kohl geputscht hätte oder solche Pläne hatte.



      Der Vergleich mit Nazis wirkt daher leicht surreal.

      Bereits 1933 wurden die Nazis gegen die Sowjets aufgebaut mit Krediten.



      Damals war es ebenfalls eine künstlich herbeigeführte Kreditschuldenblase[ungedeckte Staatsschulden] samt von außen zwangsweise herbeigeführten Verschuldung[target2] .



      Als Antagonist nutzt die AfD bereits Sozialismusbestrebungen in Folge der Klimabewegung.

      Einzig die Nachfolgepläne sind mir unklar, weil Deutschland gänzlich kriegsunfähig ist und bleiben wird für mindestens 8 Jahre.

      Wie möchten Sie diese korrekt darstellen im Gegensatz/Relation zum Rechten Weg und NPD als (offene) Naziparteien? Oder ist die NPD "nur Faschismus" ?!?

  • "Überzeugung ist eine feste, unerschütterliche, durch Nachprüfen eines Sachverhalts oder durch Erfahrung gewonnene Meinung – oder ein fester Glaube.[1] Er kann einerseits den persönlichen Glauben an die Richtigkeit von bestimmten Ideen und Wertvorstellungen oder andererseits den Prozess der Übertragung eigener Ideen auf andere Personen bezeichnen. Mit Überzeugung bezeichnet man auch den Glaubenssatz selbst, d. h. die Aussage, von deren Richtigkeit man überzeugt ist. Werden Überzeugungen nicht mehr hinterfragt, besteht die Gefahr der Ideologisierung." (Wikipedia)

    Das Problem ist, dass rund ein Drittel der Menschen ein verfestigtes rechtes Weltbild haben. Mit denen muss man irgendwie umgehen. Sie sind in der Minderheit, aber wenn die Mehrheit sich nicht einig ist, wird daraus leicht die stärkste Kraft. Die sind von sich aus eigentlich von gar nichts überzeugt, aber sie lassen sich sehr einfach in eine bestimmte Richtung überzeugen, weil sie das eh schon immer gefühlt haben. Die AfD hat alle Stammtische hinter sich und keine Niederung des Menschen ist ihr fremd. Diese Leute sind sehr einfach zu einigen, denn auf dieser Ebene ticken sie alle sehr ähnlich.

    Ach, ich weiß auch nicht. Dass wir Menschen zivilisatorisch so weit gekommen sind, ist ein Zeichen dafür, dass wir vernünftig sein können, aber für die Macht der Unvernünftigen gibt es auch mehr als genug Beispiele. Hinterher will es dann wieder keiner gewesen sein, aber der absehbare Kater am nächsten Morgen hat auch noch keinen Säufer vom Rausch abgehalten.