Demonstrationsverbote auf Kuba: Primitiver Antiimperialismus
Kubas Staatsmedien polemisieren gegen die fortschrittlichen Kräfte im Land. Ausgerechnet Linke und Menschenrechtler stimmen mit ein.
A n diesem 15. November sollten in verschiedenen Städten Kubas „friedliche Demonstrationen für den Wandel“ stattfinden. Unter Berufung auf das in der kubanischen Verfassung verankerte Versammlungsrecht hatten die Organisator*innen um den Dramaturgen Yunior García Aguilera die Demonstrationen angemeldet.
Es hat niemanden verwundert, dass sie verboten wurden. Stattdessen haben Kubas Staatsmedien eine beispiellose Propaganda-, Diffamierungs- und Repressionskampagne gegen die Organisator*innen initiiert. Sie verbreiten dabei ein Narrativ, das dem von rechtspopulistisch-autokratischen Regimen fast aufs Haar gleicht. Im Kern: Das Vaterland müsse vor mit ausländischen Mächten verbündeten Verräter*innen geschützt werden.
Anders an Kuba ist hingegen der Kreis derer, die sich dazu äußern. In einem vergangene Woche von den kubanischen Staatsmedien begeistert verbreiteten offenen Brief zu Kuba schreiben alle möglichen Lichtgestalten der lateinamerikanischen und internationalen linken und Menschenrechtsszene, darunter neben Brasiliens Dilma Rousseff drei weitere lateinamerikanische Ex-Präsident*innen:
„Im Land selber rufen Subjekte, die sich von Washington unterstützt und protegiert fühlen, zu subversiven Demonstrationen auf, wobei sie die aufgrund der Blockade wirtschaflich schwierige Situation ausnutzen. Sie machen das, ohne auf die geltenden Gesetze Rücksicht zu nehmen, die jeden Angriff auf das derzeitige politische System verbieten.“ Subversive Demonstrationen?
Fällt Mitunterzeichner und Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel wirklich nicht auf, dass die Militärjunta in seinem Argentinien die gleichen Worte benutzte, um Massenmord zu begründen? Es ist der primitive Antiimperialismus einer offenbar unbelehrbaren Linken, die lieber eine der letzten Stasi-Diktaturen unterstützt, als ihre Projektion vom aufrechten kubanischen David aufzugeben, der sich gegen den schrecklichen Goliath in Washington zur Wehr setzt. Es ist eine Schande.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen