Demo im Görlitzer Park: Gartenzwerg zieht durch den Görli
Rund 1.000 Demonstrierende ziehen am Samstag durch den Görlitzer Park und den umliegenden Kiez. Sie wollen einen Zaunbau um den Park herum verhindern.
Berlin taz | In der Falckensteinstraße in Kreuzberg hält am Samstag ein roter VW-Bulli am Bürgersteig. Menschen beginnen Mikrophone und Lautsprecher aufzubauen. Die ersten Demonstrant*innen finden sich ein, noch ist der Platz allerdings recht leer. Die Menschen, die sich hier versammelt haben sind vielschichtig und divers, wie auch das Viertel, in dem die meisten von ihnen wohnen. Was sie heute verbindet: Sie alle wollen verhindern, dass um den Görli ein Zaun errichtet wird.
Das Projekt soll mit rund zwei Millionen Euro finanziert und noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden. Vor allem die CDU und ihr Regierender Bürgermeister Kai Wegner erhoffen sich, die Gewalt und Drogenkriminalität im Görlitzer Park so eindämmen zu können. Nachts soll der Zaun abgeschlossen und der Park somit für Dealer, aber auch für wohnungslose Personen und Konsument*innen unzugänglich gemacht werden. Bevor die Demonstration beginnt, kommen Redebeiträge von verschiedenen Initiativen, die sich wie Bizim Kiez im „Bündnis Görli Zaunfrei“ zusammengeschlossen haben.
Alle sind sich einig: „Zäune können Menschen ausschließen – Probleme lösen können sie nicht.“ Nach den ersten Reden zieht die Demo los. Angeführt wird sie von einem selbst gebastelten, gigantischen Gartenzwerg mit roter Zipfelmütze, der nicht zufällig an Kai Wegner erinnert. Es geht über die Schlesische Straße, vorbei am Schlesischen Tor, über die Wranglerstraße in Richtung Görli. An diesem Samstag haben sich laut Organisator*innen zwischen 750 und 1.000 Demonstrierenden auf den Straßen versammelt.
Anwohner*innen schon jetzt belastet
Unter ihnen sind viele Anwohner*innen, wie zum Beispiel Nina. „Uns ist das Problem durchaus bewusst“, sagt sie, aber ein Zaun helfe den Menschen eben nicht. Nina wünscht sich, dass „ganzheitlich gedacht wird“, dass „die Probleme nicht ausgegrenzt werden“, sondern der Senat tatsächliche Lösungen für die Probleme im Kiez findet. Hier bräuchte man viel eher Schlafräume, Fixpunkte und „niedrigschwellige Angebote“. Zudem seien die Anwohner*innen schon jetzt belastet. Auch ohne Zaun würden Hinterhöfe als Druckräume missbraucht. Ein Zaun würde, Ninas Ansicht nach, das Problem nur verschlimmern.
Auch Benedikt, ein Städteplaner, der ebenfalls am Görli wohnt, kritisiert den Berliner Senat: „Es gab keine Debatte“ – dass der Zaun gebaut werden solle, sei auf dem Rücken der Anwohner*innen entschieden worden. Sein Lösungsvorschlag: „Den Park öffnen statt schließen und das komplette Quartier mit einbeziehen.“ Die Debatte rund um einen Zaunbau hatte sich im vergangenen September nach der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer Frau im Görlitzer Park entzündet.
Seitdem stehen sich nicht nur CDU und SPD auf der einen sowie Grüne und Linke auf der anderen Seite gegenüber, sondern auch verschiedene Gruppierungen der Anwohnenden im Kiez selbst. Die Anwohnergruppe Kiezmarkthalle spricht sich für einen Zaun aus und kritisiert die Proteste, die vom „Bündnis Görli Zaunfrei“ in den vergangenen Monaten organisiert wurden. Sie werfen ihnen in einer Pressemitteilung vor, den Zaunbau als Vorwand zu nehmen, um Stimmung gegen die aktuelle Regierung zu machen. Gegendemonstrant*innen sind am Samstag aber nicht zu sehen. Der Zug bahn sich seinen Weg über die Wiener Straße, bis er am späten Nachmittag am Lausitzer Platz zum Ende kommt.