Debüt von „RTL Direkt“ mit Jan Hofer: Und nun zu etwas völlig anderem
Das „RTL Direkt“-Debüt am Montag war desaströs. Statt auf aktuelle Nachrichten zu reagieren, diskutierte Jan Hofer mit Annalena Baerbock über Bio-Essen.
Es ist tragisch, wenn beim sorgfältig geplanten Journalismus plötzlich Nachrichten dazwischenkommen. Der Kölner Privatsender RTL bereitet seit Monaten seine „News Offensive“ vor, hat sich mehrere berühmte Ex-ARD-Gesichter geschnappt, gerade wurde sogar bekannt, dass er mit dem traditionsreichen Zeitungsverlag Gruner + Jahr fusioniert.
Am Montagabend ging die neue Infosendung „RTL Direkt“ mit Ex-Tagesschau-Sprecher Jan Hofer erst mal so richtig in die Hose. Blöderweise gab es eine globale Großnachrichtenlage, auf die man bei RTL nicht so recht reagieren wollte.
„RTL Direkt“ läuft ab sofort Montag bis Donnerstag um 22.15 Uhr und dauert 20 Minuten. Normalerweise laufen parallel die Tagesthemen im Ersten, was auch als „Kampfansage“ an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewertet wird. Bei RTL hat man sich nicht gerade beeilt, dem vehement zu widersprechen. „RTL Direkt“ hat ein Thema des Tages, das mit einem Gast besprochen wird, unterbrochen von Einspielern. Zum Auftakt sprach Jan Hofer mit Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock über die Frage, „wie viel grünes Leben kostet“. Während das Interesse der Zuschauer*innen am Montagabend garantiert woanders lag.
Journalismus heißt reagieren
Trotzdem ging, während sich am Kabuler Flughafen Menschen an Flugzeuge klammerten, Hofer mit Baerbock nach zwei aktuellen Minuten zum vorbereiteten Thema über: Bio kaufen, wer kann sich das leisten. Jede*r, bei der richtigen Sozial- und Agrarpolitik, sagt Baerbock. Aha. Afghanistan: Vergessen. Stattdessen macht Comedian Abdelkarim am Ende eine kurze Standup-Einlage zu den Wahlkampfthemen des vergangenen Monats. Zur Aufheiterung. Selten war eine Sendung in einem Moment so deplatziert.
Klar, jede neue Show muss sich einruckeln. Neue Formate und Segmente müssen sich entwickeln, das Team sich einarbeiten, der Moderator sich in der neuen Rolle zurechtfinden. „RTL Direkt“ nach einer Ausgabe an Kleinigkeiten zu messen, an Verhasplern und Momenten der Unsicherheit, wäre unfair. Und natürlich ist Jan Hofer kein gewiefter Interviewer, sondern Wohlfühl-Moderator. Und: Auch bei der ARD wurden schon Tatorte gesendet, während es draußen in der Welt zu geopolitischen Krisen kam. Etwa beim Putschversuch 2016 in der Türkei.
Aber wenn man als Privatsender Erwartungen aufbaut, jetzt Journalismus zu machen, der sich an dem der Öffentlich-Rechtlichen messen kann, dann gehört dazu auch: Reagieren auf Aktualität. Besonders, wenn eine Politikerin im Studio ist, die sich um ein Amt bewirbt, in dem sie künftig durch solche Krisen führen müsste.
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