Debatte um Feiertag am 8. März: Lasst uns Männer mit Macht abschaffen – nicht den Frauentag
Berlins Unternehmer wollen den 8. März als Feiertag streichen, um Geld zu sparen. Dabei ist es das Patriarchat, das wir uns nicht mehr leisten können.
B erlins Unternehmer hätten ihre mangelnde Wertschätzung für Frauen und ihre Arbeit nicht deutlicher ausdrücken können. Entsprechend groß ist die Empörung über die Forderung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, den Frauenkampftag als Feiertag wieder abzuschaffen. Angeblich könnte Berlin dadurch 230 Millionen Euro zusätzlich erwirtschaften.
„Wer diesen wichtigen Kampftag infrage stellt, nimmt Frauenrechte nicht ernst genug und ignoriert die zunehmende Gewalt gegen Frauen“, sagt Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD). „Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet eine Gruppe von Männern der Unternehmensverbände den Frauentag abschaffen will“, äußerte sich die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Bahar Haghanipour.
Auch von der Gewerkschaft Verdi kommt Kritik: „Ausgerechnet den Frauentag als Feiertag wieder abzuschaffen ist wohl eher ein Altherrenwitz als ein ernst gemeinter wirtschaftspolitischer Vorschlag“, sagte Andrea Kühnemann vom Landesverband Berlin-Brandenburg.
Angriff auf Frauen- und Arbeiter*innenbewegung
Dabei ist der Vorstoß nicht nur ein Angriff auf die feministische Bewegung, sondern reiht sich ein in aktuelle Attacken auf die hart erkämpften Errungenschaften der Arbeiter*innenbewegung.
„Berlin ist das Bundesland mit den wenigsten Feiertagen. Ausgerechnet hier wollen die Chefs ihren Beschäftigten einen freien Tag wegnehmen“, kritisierte dann auch der Vorsitzende der Berliner Linken, Maximilian Schirmer. „Die Arroganz, mit der uns Multimillionäre und Aufsichtsräte Feiertage und Krankheitstage nehmen wollen, ist eine Kampfansage an die Beschäftigten.“
Und diese Kampfansage steht nicht allein. Erst am Dienstag hatte Allianz-Chef Oliver Bäte gefordert, Lohnzahlungen bundesweit am ersten Krankheitstag zu streichen. Immer öfter geht es um längere Arbeitszeiten, Lohnkürzungen oder Einsparungen im Sozialen und Kulturellen statt um die Erhöhung von Löhnen, die angesichts von Inflation und explodierenden Mieten die Menschen zunehmend in die Armut treiben.
Und statt darüber zu reden, dass Frauen noch bis zum 7. März „umsonst“ arbeiten, weil sie im Schnitt 18 Prozent weniger verdienen und damit umgerechnet 66 Tage unbezahlt arbeiten, wird ihnen nicht mal mehr die symbolische Anerkennung eines Feiertags gegönnt.
Einführung als Feiertag kontraproduktiv
Dabei war die Einführung des Frauenkampftages als gesetzlicher Feiertag aus feministischer Sicht ein Fehler. Kaum war die Frauenstreikbewegung in Berlin angekommen, wurde ihr damit ihre Sprengkraft genommen.
Nach dem Vorbild von Spanien, wo am 8. März 2018 mehr als fünf Millionen Frauen ihre Arbeit niederlegten, wurden auch in Deutschland allerorten Streikkomitees gegründet. Am 8. März 2019 gingen in der Hauptstadt Zehntausende auf die Straße, um für Gleichberechtigung und die Abschaffung des Patriarchats zu demonstrieren.
Ein Streik war dies allerdings nicht. Kurz zuvor hatte Berlin den Frauentag zum Feiertag erklärt und so eine demonstrative Niederlegung sämtlicher Lohn- und Care-Arbeit verhindert. Der Staat hegte so den feministischen Aufstand gegen männerbündische Strukturen und die damit einhergehende Diskriminierung von Frauen ein. Es wurde gefeiert statt gekämpft, Erfolge bejubelt statt bestehende Missstände behoben.
Männer in Machtpositionen zu teuer
Die Zeit lässt sich jedoch nicht zurückdrehen und der Funke der Frauenstreikbewegung nicht so einfach wieder entzünden. Statt den 8. März als arbeitsfreien Tag zu streichen, sollten wir also lieber auf Männer in Machtpositionen verzichten. Schließlich kosten uns diese ebenfalls viel Geld: Sei es durch ihre überzogenen Boni, Steuerhinterziehungen oder wirtschaftskriminelle Machenschaften.
Auch die Kosten für das Papier, auf dem ihre wahlweise misogynen, rassistischen oder klassistischen Forderungen gedruckt werden, könnten wir uns so sparen. Davon könnten wir gleich eine ganze Reihe weiterer Feiertage als arbeitsfreie Tage finanzieren. Zum Beispiel den Safe Abortion Day am 28. September oder den Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen am 25. November.
Aber wir wollen nicht sexistisch sein, Frauen in Machtpositionen sind nicht unbedingt besser. Am besten wäre es also, wir würden Arbeitgeber gleich ganz abschaffen und die Organisation der Betriebe in die Hände der Arbeiter*innen legen. Dadurch würde so einiges an Geld freigesetzt und die vielen Streiktage würden auch entfallen.
Apropos Streik: Wenn uns Frauen der 8. März als Feiertag tatsächlich wieder genommen werden sollte, wird das ja vielleicht doch noch was mit dem Frauenstreik. Als Ausgleich für die verlorenen letzten sechs Jahre dann aber gleich eine ganze Woche. Mal sehen, wie viel das dann kostet.
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