Debatte um Doktortitel: Giffey taucht erst einmal ab
Der Bundesministerin und Berliner SPD-Spitzenkandidatin droht nun offenbar endgültig der Verlust des Doktortitels.
S ie hätte sich auch den Fragen der Medien stellen können. Für Dienstagmittag war Franziska Giffey eingeladen, um bei der Berlin Hyp über den aktuellen Wohnmarktbericht 2021 zu sprechen. Angekündigt war sie nicht als Bundesfamilienministerin, sondern als Spitzenkandidatin der SPD für die Wahl im September. „Ich freue mich auf eine spannende Diskussion“, schrieb sie auf ihrer Homepage.
Doch am Dienstag früh dürfte ihr diese Freude vergangen sein. Das Wirtschaftsmagazin Business Insider hatte mit Hinweis auf die Freie Universität Berlin berichtet, dass Giffey der Doktortitel endgültig aberkannt werden solle. Das Ergebnis einer neuerlichen Untersuchung war Giffey am 5. Mai mitgeteilt worden – inklusive einer Erklärungsfrist von vier Wochen. „Nähere Informationen zum laufenden Prüfverfahren und zum Bericht des Prüfgremiums werden vor Bekanntgabe des Schlussergebnisses nicht veröffentlicht“, hieß es dazu am Dienstag vonseiten der FU.
Dass das – mutmaßliche – Ergebnis schon vorher durchgestochen wurde, zeigt, dass das Thema noch lange nicht ad acta gelegt ist, wie es Giffey gerne hätte. Als sie im November mit Raed Saleh zur Vorsitzenden der Berliner SPD gewählt wurde, hatte sie gesagt: „Egal, was passiert, ihr könnt euch auf mich verlassen.“ Zuvor hatte sie angekündigt, ihren Doktortitel nicht mehr zu führen. Und insgeheim vielleicht gehofft, dass sie das Thema erst nach den Wahlen einholen wird.
Seit Dienstag ist klar, dass das nicht der Fall sein wird. Franziska Giffey hat sich entschieden, den Termin bei der Berlin Hyp nicht wahrzunehmen, und ließ sich entschuldigen. Nicht als Spitzenkandidatin, sondern als Bundesfamilienministerin. Termine.
Das ist nachvollziehbar. Aber spätestens in zwei Wochen wird sie sich der FU erklären müssen. Und dann auch ihren Wählerinnen und Wählern. Die Plagiatsaffäre der SPD-Hoffnungsträgerin wird ihren Wahlkampf wohl noch vier quälend lange Monate begleiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen