Debatte über grünes Geld: Ein AKW als Öko-Geldanlage?

Die EU diskutiert ernsthaft, ob Investitionen in Atomkraft nachhaltig sind. Jetzt widerspricht Österreich mit einem neuen Rechtsgutachten.

Neckarwestheim: Dampf kommt aus dem Kühlturm (M) von Block 2 des Kernkraftwerks Neckarwestheim, daneben sind Block 1 (l) und Block 2 (r) des Atomkraftwerks zu sehen.

Öko oder nicht? Dampfendes AKW Neckarwestheim 2019 Foto: dpa

BERLIN taz | Der Kampf darum, ob Investitionen in die Atomkraft EU-weit als nachhaltige Geldanlage gelten, geht in die nächste Runde. Ein juristisches Gutachten im Auftrag des grün geführten österreichischen Umweltministeriums kommt jetzt zu dem Schluss, es lägen keine Voraussetzungen vor, um die Atomkraft als Öko-Technik in die sogenannte „Taxonomie“-Verordnung der EU aufzunehmen.

„Kernenergie kann nicht als „umweltfreundliche Technik“ im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden“, heißt es in der Expertise, die der taz vorliegt.

Was für viele Klima- und UmweltschützerInnen wie Hohn klingt, hatte im März tatsächlich ein EU-Gremium beschlossen: Der wissenschaftliche Dienst der EU-Kommission „Joint Research Center“ (JRC) hatte festgestellt, der AKW-Betrieb und die Endlagerung von radioaktiven Stoffen richteten „keinen signifikanten Schaden“ für die Umwelt an und könne deshalb in der „EU-Taxonomie“ als klimafreundlich gelten. Mit diesem Leitfaden erstellt die EU Kriterien für ökologische Investments, die langfristig klarmachen sollen, wohin auf dem Weg zur Klimaneutralität noch Geld fließen soll.

Atomkraft „ohne signifikanten Schaden“ für die Umwelt?

Länder wie Frankreich oder Ungarn, die auf die Atomkraft setzen, wollen ihre Investorengelder mit dem Öko-Siegel der Taxonomie ausstatten. Das aktuelle Gutachten der Kanzlei Redeker/Sellner/Dahs – die nicht als Öko-Anwälte gelten – erteilt dem eine klare Absage: Die Taxonomie-Regeln forderten von den Geldflüssen wesentliche Beiträge zum Klimaschutz in drei Kategorien, aber „Atomstrom fällt unter keine dieser Kategorien“.

Es sei daher nicht relevant, dass Atomstrom einen sehr geringen CO2-Ausstoß habe, heißt es in dem Gutachten. Kernspaltung sei keine „Übergangstechnik“ zur Klimaneutralität, beim Bergbau, der Endlagerung und möglichen Unfällen seien „signifikante Auswirkungen auf Umweltziele“ nicht ausgeschlossen, was die Taxonomie aber fordere.

Für die grüne Umweltministerin Österreichs, Leonore Gewessler, macht das Gutachten klar: „Atomkraft hat mit Nachhaltigkeit nichts zu tun.“ Man habe diese Expertise in Brüssel eingebracht, um „diesen durchsichtigen Greenwashing-Versuch der Atomlobby mit aller Kraft“ zu bekämpfen. „In letzter Konsequenz bin ich hier auch bereit, eine Klage einzubringen – denn diese Pläne wären nicht rechtskonform.“

Die Stellungnahme des JRC zugunsten der Atomkraft in den Investitionsempfehlungen hatte auch das deutsche Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) im Juni kritisiert, weil Schlussfolgerungen und ihre „fachliche Herleitung nicht nachvollziehbar“ seien.

Die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte ebenfalls moniert, der Bericht sei „fachlich mangelhaft und nicht haltbar“. Sie warnte vor einem „Etikettenschwindel“ durch Atomkraft. „Der Schaden wäre immens für die Glaubwürdigkeit der Taxonomie und damit für alle, die Kapital für wirklich nachhaltige Investments benötigen.“

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