Debatte über Solares Geoengineering: Finger weg vom Dimmer!
Wissenschaftler fordern ein Abkommen, das das Verringern der Sonneneinstrahlung zum Abkühlen des Klimas verbietet. Dafür haben sie gute Gründe.
Die gleiche Menge mit Flugzeugen zu versprühen wäre sogar günstig: „Aerosole in der Stratosphäre auszubringen ist so billig, dass es Dutzende Länder gibt, deren Haushalt für die Luftwaffe dazu ausreichen würde“, sagt Klimaökonom Gernot Wagner. Die Frage sei „nicht ob, sondern wann“ das gemacht würde.
Um das zu verhindern, schlagen die Wissenschaftler einen Staatsvertrag vor, mit dem sich die Länder dazu verpflichten, weder die Erforschung des solaren Geoengineerings finanziell zu unterstützen noch dessen Einsatz. Ein solches Verbot wäre nicht neu: Es ist auch nicht erlaubt, am Südpol Rohstoffe abzubauen, ozonschädigende Gase zu emittieren oder Abfälle im Meer zu entsorgen. Die größte Sorge bereitet den Wissenschaftlern, dass „solares Geoengineering im Rahmen des derzeitigen internationalen politischen Systems nicht auf eine global integrative und gerechte Weise geregelt werden kann“. Denn dazu müsste die Menschheit gemeinsam festlegen, wie stark und für wie lange das Klima gekühlt wird und wie Menschen und Länder entschädigt werden, denen dadurch ein Nachteil entsteht.
Als weitere Gefahr sehen die Wissenschaftler, dass weniger für die Reduktion der Emissionen getan wird als möglich, solange die Option Geoengineering nicht formell ausgeschlossen ist. Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes und ein Mitunterzeichner des Aufrufs, sagt: „Solares Geoengineering lenkt von der Ursache für die Klimakrise ab. Wir müssen aufhören, Öl, Kohle und Gas zu verfeuern.“
Vorlage für Konflikte
Zudem besteht die Gefahr internationaler Konflikte. Wenn einzelne Länder das Klima mittels Geoengineering kühlen, könnten andere es absichtlich aufheizen, um den Effekt zu konterkarieren. Länder mit unterschiedlichen Interessen würden in gegensätzliche Richtungen am Thermostat der Erde drehen.
Dass es grundsätzlich Regeln für gezielte Eingriffe in das Weltklima geben sollte, ist weitgehend Konsens. Der Chef der Carnegie Climate Governance Initiative, Janos Pasztor, sagt, hinter den Kulissen werde bereits verhandelt. Ziel sei es, Geoengineering 2023 in der UN-Generalversammlung zu diskutieren. Zentrale Frage: „Sind die Risiken einer 2 Grad wärmeren Welt schlimmer als die Risiken des Geoengineerings?“ Erste Anhaltspunkte könnte ein Bericht des Weltklimarats IPCC liefern, der Anfang April erscheint.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten