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Debatte sowjetische RestaurationTrostlose Aussichten für Russland

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Es ist falsch, in die historische Mottenkiste zu greifen und Putin zu Stalin zu erklären. Die Machtverhältnisse erzählen etwas ganz anderes.

Wiedergänger von Stalin? Nein. Bild: dpa

G laubt man den hiesigen Mainstream-Medien, erlebt Russland derzeit eine Art sowjetische Restauration. Es geht expansiv, autoritär, dikatorisch wie früher zu. Wladimir Putin ist demnach dabei, das Imperium wiederzuerrichten. Die Krim war nur der Anfang. Als Nächstes wird die Ostukraine heim ins Reich geholt, danach Moldawien. Und damit ist längst nicht Schluss.

Der US-Historiker Timothy Snyder, der hierzulande als Experte gilt, ist überzeugt, dass in Moskau Rechtsextreme wie Alexander Dugin die Richtung vorgeben. Das offizielle Ziel der russischen Außenpolitik sei ein von Moskau dominierter Raum von Wladiwostok bis Lissabon. Um dieses eurasische Projekt zu verwirklichen, werde Russland zuerst die Ukraine an sich fesseln, um danach, unterstützt von Rechtsextremisten in ganz Europa, die EU zerstören.

Die Ukraine ist in diesem Bild Schauplatz eines beginnenden Endkampfes zwischen dem demokratischen, aber wie immer leider naiven Westen und der russischen Machtmaschine. Putin dürfen wir uns dabei, laut Snyder, als Wiedergänger von Stalin vorstellen.

Die Ratlosigkeit des Westens

Das klingt recht bekannt nach Kaltem Krieg. Bemerkenswert ist, dass der US-Historiker sich mit diesem zuletzt in der FAZ veröffentlichen Alarmismus keineswegs als gefragter Experte disqualifiziert. Im Gegenteil: Gerade die schneidende Freund-Feind-Rhetorik, die harsche Teilung in Gut und Böse, fällt auf fruchtbaren Boden.

Im Grunde überdecken diese martialischen Worte, die man ähnlich auch von einigen Grünen und konservativen US-Politikern hört, die Ratlosigkeit des Westens. Den Einsatz von Militär gegen die Atommacht Russland schließen in den USA und Europa erfreulicherweise alle aus. Doch jenseits dieser beruhigenden Einsicht hat der Westen keinen Plan, weder für die Ukraine noch für Russland. Um auf Moskaus Kurs angemessen zu reagieren, wäre es nützlich, das Mögliche zu probieren und Schädliches zu lassen.

Schaufensterpolitik, wie die Reise von US-Vizepräsident Biden nach Kiew samt der Ankündigung, ein paar Hundert Soldaten nach Polen zu verlegen, lösen die Krise ebenso wenig wie Dämonisierungen der russischen Regierung. Sie sind eher Munition für propagandistisch ausgerichtete russische Medien, die Moskau gern als bedrohtes Opfer des Westens inszenieren.

Zudem ist es nützlich, sich die Machtverhältnisse vor Augen zu führen. USA und EU sind Russland in jeder Hinsicht überlegen: ökonomisch, militärisch, bei der Effektivität von Regierung und Verwaltung. Freiheitsversprechen und hedonistischer Individualismus, die schon das Sowjetreich zum Einsturz brachten, sind nach wie vor die wirksamsten Exportartikel des Westens. Deshalb ist es verquer, den Westen als hilf- und schutzloses Reh zu fantasieren, das gleich vom bösen Wolf gefressen wird.

Trüber Neonationalismus

Aber ist Russland nicht doch eine Bedrohung für Europa – wenn auch nicht so hypertroph, wie es sich Snyder & Co ausmalen? Putin hat sich in der Tat von der Annäherung an den Westen verabschiedet und setzt, ähnlich wie Viktor Orbán in Ungarn, auf trüben Neonationalismus. Dieser dient dazu, von der Misere im eigenen Land, dem schroffen sozialen Gefälle zwischen Oligarchen und verarmter Mittelschicht und dem ineffektiven Staatswesen abzulenken. Das Regime setzt zudem verstärkt auf Rohstoffexport und damit auf ein Wirtschaftsmodell, das erst recht Nepotismus und Korruption befördert.

All dies eröffnet für die Zukunft Russlands trostlose Aussichten. Aber Putins Regime unsympathisch und zukunftsvergessen zu finden kann nicht bedeuten, Russlands legitime Sicherheitsinteressen zu missachten. Die Nato ist nicht Amnesty International, sondern ein Machtbündnis, das immer näher an die russischen Grenzen herangerückt ist. Es war aus Moskauer Sicht nicht bloß paranoid, die EU-Assoziierung der Ukraine als Vorstufe einer EU- und Nato-Mitgliedschaft zu verstehen. Deshalb ist es nötig, verbindlich zu garantieren, dass die Ukraine nicht gegen Russlands Willen Nato-Mitglied wird. Im Gegenzug könnte ausgehandelt werden, dass Moskau die Sicherheit der Grenzen der Ukraine verbindlich garantiert.

Die Hardliner fordern, dass man, statt auch noch Zugeständnisse an Moskau zu machen, besser zu Sanktionen griffe. Sanktionen sind aber kein Allheilmittel. Sie wirken, wenn überhaupt, in Jahren oder Jahrzehnten. Derzeit wandert, auch ohne Wirtschaftssanktion, Kapital in Milliardenhöhe aus Russland ab, der Rubel fällt, die Wirtschaftsaussichten sind finster – ohne dass dies das Regime sonderlich beeindrucken würde.

Die USA drängen die EU, schnell härtere Maßnahmen – die sogenannte dritte Stufe – zu verhängen. Das wirkt erst mal entschieden, selbstbewusst und prinzipienfest – ist aber kurzatmig. Denn was kommt nach der dritten Stufe? Ganz dolle Schimpfkanonaden Richtung Putin? Noch ein paar hundert Nato-Soldaten an der russischen Grenze?

Feinde können sehr nützlich sein

Klüger, als vorschnell an der Sanktionsschraube zu drehen, ist Diplomatie. Das wirkt zwar weniger markig, hat aber den Vorteil, irgendwann zum Ziel führen zu können. Und das ist kurzfristig, die Lage in der Ukraine zu befrieden und dort Bürgerkrieg und Sezession zu verhindern. Dazu muss der Westen als Gegenleistung für Finanzhilfe Kiew drängen, die Übergangsregierung für Repräsentanten der Ostukraine zu öffnen.

Anders als im Fall der Krim ist die Ostukraine nicht mehrheitlich russisch, das Interesse Moskaus an einer Annexion gering. Kompromisse sind möglich – wenn der Westen mehr auf give and take als auf Drohungen setzt. Langfristig birgt ein sanktionsbewehrter kalter Frieden des Westens mit Russland zudem die Gefahr, Moskau in Richtung Peking zu drängen. Eine chinesisch-russische Allianz aber kann nicht im Interesse des Westens sein.

Der Dramatiker Heiner Müller hat nach 1989 bemerkt, dass es verletzend ist, von seinen Feinden verlassen zu werden. Feinde können ja sehr nützlich sein, um sich selbst zu verstehen. Es mag verlockend sein, alte Bilder aus der Schublade zu holen. Von Selbstbewusstsein zeugt es nicht.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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21 Kommentare

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  • Für mich liegt der zentrale Unterschied zwischen Putin und Stalin vor allem im politisch-ökonomischen Inhalt ihrer Politik: Stalin war der Baumeister eines sozialistischen Landes, das den Werktätigen wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt brachte; sogar erklärte Sowjetfeinde wie Churchill wussten das zu würdigen. Putin hingegen hat das Land stabilisiert und geordnet; dennoch hat Putin im Wesentlichen nichts am Neoliberalismus der Jelzin-Ära geändert, und die Oligarchen bekamen nur dann Probleme, wenn sie unbequem wurden. In Putins Russland gibt es immer noch Oligarchen hier, tiefe Armut dort, man kann eher von staatlich gelenktem Kapitalismus sprechen. Das sowie die nationalistisch-reaktionäre Stimmung, die von der Regierung geschürt wird, erinnern mich eher an das Zarenreich denn an die Sowjetunion - wenn man denn überhaupt ständig historische Vergleiche braucht.

  • "USA und EU sind Russland in jeder Hinsicht überlegen: ökonomisch, militärisch, bei der Effektivität von Regierung und Verwaltung. Freiheitsversprechen und hedonistischer Individualismus, die schon das Sowjetreich zum Einsturz brachten, sind nach wie vor die wirksamsten Exportartikel des Westens."

    Richtig . Russland hat dem nichts entgegenzusetzen , auch heute , wo der Westen sich selbst wirtschaftlich in einer tiefen Krise befindet . Im Gegenteil . Russland würde postwendend wirtschaftlich , gesellschaftlich und machtpolitisch "am Rollator" gehen , wenn es auch nur deutlich weniger Rohstoffe im Westen absetzen könnte .

    Aus diesen Gründen allein schon ist es Zeitverschwendung , sich ernsthaft mit den abwegigen Spekulationen der Snyder und Dugin zu beschäftigen .

  • "USA und EU sind Russland in jeder Hinsicht überlegen "

     

    Seit es atomare Langstreckenraketen auf beiden Seiten gibt, ist es mit militärischer Überlegenheit passé. Daran sollte man nicht einmal denken.

    Die Naivität der Fünziger kehrt zurück. Grübelgrübel !

  • @Vulkansturm

     

    Können sie sich vorstellen dass gerade das Brechen eines automatischen Krieges Grund für den Verhinderung des Nato Beitritts Georgien usw. war.

    Es sollte verhindern dass autoritäre Regionalfürsten in innenpolitischer Notlage die Nato in einen atomatischen Schießkrieg monövrieren.

    So wie heute die illegitime Regierung in Kiew versucht den dritten Weltkrieg heraufzubeschwören. Die sehen nämlich in einem heißen Krieg die einzige Chance an der Macht zu bleiben

    Werden nämlich erst mal die IWF Forderungen von Kiew erfüllt ist der Rückhalt in der Bevölkerung auf Null.

    Es ist auch nicht zu sehen wie ohne Krieg der Staatsbankrott der Ukraine zu verhindern wäre.

    Das Geld das gebraucht wird ist von der EU schon für Griechenland Portugall Spanien Rettung usw. verpfändet

  • Weshalb stellen sie diesen Behauptungen nicht die Forderungen des US Präsidentenberaters Zbigniew Brzeziński an die Seite. Über den Eurasisch Kaukasischen Kontinent fordert dieser fast wortwörtlich das Gleiche als Strategie für die USA.

    Wenn man nun die derzeitige Ukraine Politik der USA betrachtet sind die Brzeziński Doktrin zur Erhaltung der globalen Weltmacht die Matrix.

    Nach Zbigniew Brzeziński muß das Ziel der US Politik das Verhindern eines starken Konkurrenten auch aus Europa sein. Und nur eine Rivalität von Russen und Europäischen Vasallen römischen Zuschnitts kann den Interessen der USA dienen.

    Totalitarismus der USA ist das Stichwort

    • @conny loggo:

      Man gilt doch gleich als Verschwörungstheoretiker, neuerdings gar als "Neurechter", :-) weißt man darauf hin, dass Brzezinski in seinen Büchern genau den Fahrplan beschreibt. Wann liest man schon in den deutschen Medien über Brzezinski der immerhin schon mithalf die Mudschahedin aufzubauen? Also muss er das Global Awakening nicht fürchten:

      https://www.youtube.com/watch?v=HEHsUojUgzk

      Der Typ beschreibt ihn ganz gut:

      https://www.youtube.com/watch?v=zpzJI9Yew90

      Ich finde Brzezinskis Buch in der er die Welt als Schachbrett sieht sehr interessant. Die Wichtigkeit der Einnahme der Ukraine wird darin schon in den 90ern beschrieben. Damit die USA die einzige "Superpower" sind.

  • Den permanenten Verweis auf die angeblich sich immer weiter nach Osten ausdehnende Nato hängt mir zum Halse heraus. Wie passt da ins Bild, dass gerade auch durch Deutschland die Aufnahme von der Ukraine und Georgien in die Nato verhindert wurde. Damit hat man die Ukraine der russischen Willkür ausgeliefert. Die Annektion der Krim ist nicht eine Folge der Osterweiterung der Nato, sondern eine Folge des Stopps der Osterweiterung. Ein Nato-Mitglied Ukraine wäre nicht zum Objekt russischer Militäroperationen geworden.

    • 0G
      0564 (Profil gelöscht)
      @vulkansturm:

      Stimmt schon, du musst aber doch wohl anerkennen das Erobern auch nicht immer so einfach ist. Die Ostukraine soll schon weiterhin dem russischen Einfluss entzogen werden, aber wie es so ist, leichter gesagt als getan. Hitler wollte ja auch bis zum Ural, hat trotz groß viel Wunsch schlußendlich nicht geklappt, ging eher nach hinten los. Aber recht hast du auch, bei Natoerweiterung stehen sich deutsche und amerikansiche Interessen im Wege, aber ob alles glatt gegangen wäre, wenn man nach amerikanischen Plan gehandelt hätte? Wäre es dann nicht einfach etwas früher zu Eskalation gekommen?

  • @Irma Kreiten, ich finde Ihre Fragen und Ihr Infragestellen richtig. Putin ist nicht Stalins Wiedergänger, wenn er auch alte Methoden wieder aus der Modellkammer holt und die Propagandamaschine wie in alten Zeiten anwirft. Er ist auch nicht Hitlers Doppelgänger, aber dessen Zeitgenossen belegen immer wieder, wie wichtig es war, dessen "Mein Kampf" gekannt zu haben. Dort war alles ausgebreitet, was kein Bürger glauben mochte, seine Pläne, der Weg... Dugin und sein Denken haben Einfluß auf die Machtsphäre in Moskau, das ist evident. Wieviel davon umsetzbar ist, ist eine andere Frage. Die Verbindung mit Rechtsextremismus in Europa /Le Pens unaufhaltsamer Aufstieg/ muß untersucht werden. Was die Verantwortung für Fehleinschätzungen von Journalisten betrifft, teile ich nicht Ihr impliziertes Urteil. Das Geschrei in den Foren, das jeden mit frei erfundenen Beschuldigungen belegt, der abweichende Urteile zum Zeitgeschehen hat, finde ich abstoßend und alarmierend. Ansichten und Gegenansichten zu bedenken, gehört zum schwierigen Geschäfts des Herantastens an die Wahrheit. Ihre Fragen sind wichtig.

    • @Bernardo Markowsky:

      Meine Großeltern hatten mir versichert dass "Mein Kampf" zwar im Regal stand, aber nie gelesen wurde. Gut, kein Beweis, aber ich denke dass das, ähnlich wie die Bibel (bitte nicht falsch verstehen) bei der Masse im Regal stand und nicht gelesen wurde. Die Masse (wie heute) wollte wohl nicht dumm auffallen, also war es im Regal. Sonst "hättens dich ´n Kopf kürzer gemacht" meinte mein Opi immer. Und selbst wenn. In Zbigniew Brzezinkis (US Haudegenstratege) Büchern steht auch der genaue Fahrplan der USA und keiner glaubt es oder schreibt darüber. Allein der Hinweis darauf gilt schon als Verschwörungstheorie. Ob das mit "Mein Kampf" ähnlich war kann ich nicht einschätzen. Wobei ich Brzezinki und Hitler, zumindest wenn es "über Leichen gehen" geht etwa der selben Menschengattung zuordne.

    • @Bernardo Markowsky:

      Was soll dieses aufgeplusterte "es ist evident", ohne diese behauptete Evidenz hier nachvollziehbar vor Augen zu führen? (was @Irma Kreiten ja Reinecke vorwirft). Und auch Dugins Bücher in Beziehung zu Hitlers Buch zu setzen, um dann in einer grotesk -akrobatischen Geistesverdrehung Putin irgendwie mit ins böse Boot holen zu wollen??--

      Da hat man nun halt einen chauvinistisch oder was weiß ich, mal wie faschistoid gepolt gewesenen oder immer noch so seienden Professor von der Moskauer Lomonossow-Universität, der auch noch im staatlichen Fernsehen ständig präsent sein soll, hervor gepuhlt. Und das soll nun als Beleg für aggressiv-imperialistische Bewusstseinsinhalte in Gesamtrußland als symptomatisch vorgezeigt werden- oder wie, oder was?? --Wenn man mal so guckt, welche spinnerten Typen so alles durch deutsche Talkshows und sonstige Bewusstsein schaffen wollende Medien geistern, und dann mal deren wirkliches Einfluss haben auf die Mehrheit der Bevölkerung so betrachtet, sollte man sich doch wohl relativ entspannt, auch um das erhalten geblieben sein der Fähigkeit zur nüchterne Objektivitätswahrnehmung, bei der Mehrheit der russischen Bevölkerung keine apokalyptischen Sorgen machen müssen. -- Bleibt mal auf dem Teppich. Und versucht hier nicht ständig, Dämonen der euch unliebsamen anderen Seite vorweisen zu wollen. Und dann damit, die Berechtigung zum z. Zt. immer mehr eskalierenden Willen zur jeweils beliebigen politischen Teufelsaustreibung, hier umso mehr anstacheln zu wollen.-- Stefan Reinecke hat hier im Übrigen zur akuten Sachlage, einen sehr konstruktiven Vorschlag geäußert: "Kiew drängen, die Übergangsregierung für Repräsentanten der Ostukraine zu öffnen."

    • @Bernardo Markowsky:

      Ich habe den gleichen Fehler gemacht und vieles nicht für Ernst befunden, denjenigen geglaubt, die sofort "Lüge" und "Propaganda" schreien, wenn von unguten politischen Tendenzen (in diesem Falle in der Linken) die Rede war. Insofern auch mein Erschrecken. An Reineckes Artikel hat mir nicht die andere Meinung mißfallen, sondern daß er Snyder nicht mit Argumenten widerlegt. Er macht seine Kritik, so wie ich den Artikel verstehe, nicht wirklich an etwas fest, für mich ist das deswegen bloße Abwiegelei und das empfinde ich als unverantwortlich. Er muß schon bereit sein, jenseits von Gemeinplätzen für seine Eischätzung zu argumentieren.

  • Ein deutscher Wissenschaftler, der sich ganz jenseits tagespolitischer Spotlights mit Dugin auseinandergesetzt und dazu etliches publiziert hat, ist Markus Mathyl, hier mit einem schon älteren, sehr ausführlichen Artikel in der Jungle World: http://jungle-world.com/artikel/2002/44/22994.html . Auch von Andreas Umland gibt es Publikationen zu Dugin. Es besteht also ganz und gar keine Not, sich auf Timothy Snyder zu berufen und auf dieser persönlichen Schiene sowie über unpassende Stalin-Putin-Vergleiche jegliche Besorgnis über die Erstarkung der Eurasien-Ideologie zu diskreditieren. Der Anfang meiner eigenen bescheidenen Versuche, mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln den Einfluß von Eurasien-Ideologie und internationaler Querfront auf deutsche Friedensbewegung und linksalternative Szene nachzuzeichnen, findet sich hier: http://sochi2014-nachgefragt.blogspot.com.tr/2014/04/jochen-scholz-friedensreferent.html

  • "Derzeit wandert, auch ohne Wirtschaftssanktion, Kapital in Milliardenhöhe aus Russland ab, der Rubel fällt, die Wirtschaftsaussichten sind finster – ohne dass dies das Regime sonderlich beeindrucken würde."

     

    Warum eigentlich nicht?

     

    Im Übrigen täte die EU gut daran, bei sich selbst mit Reformen anzufangen (sh. Umgang mit Orbans Clique, Regularien, .

  • Wer trägt die Nachteile, die sich aus den Sanktionen ergeben? Wer hat Vorteile davon, wenn die Sanktionen verschärft werden?

     

    Ist doch eigentlich ganz einfach zu verstehen, wer hier seine Interessen durchzusetzen versucht und wessen Interessen dafür geschadet werden soll.

     

    Russland und die EU sind es jedenfalls nicht, denen das alles nutzt, und Deutschland schon gar nicht!

  • Im übrigen zeugt der Titel des Artikels (samt Bild) ganz und gar nicht von einem sachlichen Verhältnis zu Rußland, sondern von Süffisanz und Geringschätzung. Als so lächerlich empfinde ich Putin nicht, auch wenn ich seine Politik ganz und gar nicht gutheiße. Daß der Westen kein hilf- und schutzloses Reh ist, dem stimme ich vollkommen zu. Die EU ist vielmehr dabei, sich selbst als weiteres imperiales Zentrum zu entwerfen. Ihr Rundum-Überlegenheitsgefühl empfinde ich trotzdem als sehr unpassend und unklug.

  • Herr Reinecke, wo sind Ihre Argumente? Wenn Sie meinen, daß Snyder im großen und ganzen unseriös vorgeht, was ja gut sein kann, wo ist dann Ihre sachliche Einschätzung des Einflusses von Dugin und der Bedrohung, die er nach innen für die Russische Föderation und nach außen für die Anrainerstaaten darstellt? Mit einem schnellen und pauschalen "der Westen auch" ist das nicht abgetan. Hängt Dugins Aufstieg tatsächlich mit westlichem Imperialgehabe und NATO-Erweiterung zusammen bzw. welche Faktoren greifen hier? Wie ließe sich diese wechselseitig polarisiserende Entwicklung umkehren? Welche Rolle könnte eine vernünftige europäische Außenpolitik dabei spielen? Zu diesem Zeitpunkt noch? Und sind Sie überhaupt mit dem Projekt "Russischer Frühling" von Dugin vertraut? Haben Sie schon einmal in Dugins "4. Politische Theorie" hineingelesen? Sind Sie sich sicher, daß das alles so harmlos ist? Die Verbindungen zu Jürgen Elsässer auch? Die internationale rechtsextreme Vernetzung, die damit einhergeht? Die Bildung einer okkult angehauchten Querfront, wie aktuell bei den rechten Montagsdemos? Tragen Sie für Fehleinschätzungen die Verantwortung und die gesellschaftlichen Konsequenzen?

    • 0G
      0564 (Profil gelöscht)
      @Irma Kreiten:

      "Tragen Sie für Fehleinschätzungen die Verantwortung und die gesellschaftlichen Konsequenzen?"

       

      Meinst du das ernst? Man darf sich doch wohl mal vertun? Wenn also morgen russische Nazis die Welt erobern soll Reinicke was tun? Was hätte man denn davon, wenn Reinicke die "gesellschaftlichen Konsequenzen" auf die Schultern sich hievt, da gleichzeitig die Neobolschewisten einen ins Gulag sperren, oder ähnlich unschönes das Leben bestimmt? Labt man sich dann am Knäckebrot Genugtuung?

      • @0564 (Profil gelöscht):

        Es geht mir nicht um Fehler, Irrtümer und "vertun", sondern um saubere Arbeitsweise gemäß "bestem Wissen und Gewissen". Journalisten sind professionelle Meinungsmacher und sie müssen sich dieser Verantwortung bewußt sein. Sprich, eine journalistische "Meinung" kann zwar persönlich sein, muß aber einen Rückhalt in Fakten und Sachargumenten haben; hier hat der Autor eben nicht begründet, warum und vor welchem Wissenshintegrund er die Rolle einer neuen faschistoiden Querfront als so gering und unbedeutend einschätzt. Verantwortung heißt, daß man nicht als Experte dem Durschnittspublikum gegenüber "Entwarnung" gibt, ohne daß ersichtlich ist, woher diese Einschätzung stammt und wie sie rational begründbar ist.

  • Was soll Russland eigentlich machen wenn Pnzer gegen rusische Staatsbürger rollen?

    Wenn Putin sagt: ich will nicht mehr mit euch spielen und acuh kein Interesse mehr am Westen zeigt sieht es wirklich düster aus.

    Mal ehrlich was soll Russland denn vom "westen" wollen was er nicht auch woanders bekommen könnte.

    Hat das Geschreie um Sanktionen schon mal irgendwas gebracht ausser Not und Hunger für die unbeteiligten?

    gibt es da nicht genug andere Länder mit denen wir wir den Handel einstellen sollten da bei ihnen Verbrechen gegen die Menschenrechte ganz norml sind.

  • Im Westen nichts neues -

    …immer noch kein Plan!

    korrekt -

     

    ok - hat was gedauert, aber

    willkommen im Club!