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Bestimmt gibt es den Sexismus, aber es wird immer wieder neu verhandelt, wie viel man von ihm verträgt. Darüber streiten "Libertins" und "Spießer" seit Jahrhunderten, und auch immer schon mit einem freuenrechtlichen Spin.
"Am Ende wird diese Gesellschaft so weit kommen, dass sie Frauen mit allen Mitteln den Mund verbietet und ihnen dabei vorhält"
Wir haben ein Frauenministerium (genauer: "Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend"), wir haben Gleichstellungsbeauftragte, bei denen Männern, gerichtlich bestätigt, das aktive und das passive Wahlrecht verwehrt ist, wir haben Hilfstelefongesetz, was sich ausschließlich an Frauen richtet, wir haben Frauen- und Mädchenförderung ect und der Autor warnt ernsthaft davor, das die Gesellschaft Frauen den Mund verbieten würde?
Männliche Opfer werden lächerlich gemacht und bekommen keine oder kaum staatliche Unterstützung. Jungen sind in der Schule benachteiligt, Männer haben in Gleichstellungsfragen, wie gesagt, keine aktive und keine passive Stimme, Männer haben weniger Rechte im Familienrecht. Die Warnung vor einer Gesellschaft, die irgend einem Geschlecht den Mund verbietet, sollte eher in die andere Richtung gehen.
Der Begriff "Altherrenwitze" fällt auch unter Alltagssexismus! Ich als alter Herr fühle mich jedenfalls sehr herabgewürdigt.
Ich frage mich, wie unglaublich naiv und zugleich gesellschaftsaffirmativ man eigentlich sein muss, wenn man glaubt, Sexismus wäre zu überwinden, ohne auch die Gesamtgesellschaft in ihrer jetzigen Form zu überwinden. Sexismus ist nichts weiter als EIN Ausdruck struktureller Macht, die auch jene nicht in ihrer Gänze angehen wollen, die gerne den Aufklärer geben. In den Schatten des Ganzen will niemand schauen. Deswegen wird er weiterbestehen, egal wie viel "Gedöns" darüber abgehalten wird. Am Symptom rumzudoktern, ohne die Krankheit zu verstehen, kann nicht zur Heilung führen, allenfalls zur zeitweisen Cachierung eines ungeliebten Phänomens.
Früher war alles besser. https://www.youtube.com/watch?v=AFYvJBSJKFg
Oder auch nicht.
Vielleicht muss man sich dem Problem immer wieder auf's neu stellen, gibt es immerzu einen Widerstreit zwischen Spiessigkeit und Freiheit, zwischen Macht und Kontrolle.
Wenn man auf die Mitarbeit einer Gruppe angewiesen ist dann sollte man vielleicht mal damit aufhören diese Gruppe andauernd kategorisch zu beleidigen.
@33523 (Profil gelöscht) Wen meinen Sie mit "man", und wen meinen sie mit "Gruppe"?
So lange die letzte Verschärfung des Sexualstrafrechts als Teilerfolg gefeiert wird und die Ex von Kachelmann und diese andere Lügnerin als Opfer dargestellt werden, so lange sehe ich nicht, dass die Frauen für Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Fairness kämpfen.
Da kann man so oft auf wahrscheinlich Berechtigten Sexismus hinweisen. Wer mit absurden Gesetze die Kluft vergrößert und raffgierige Lügnerinnen als Heldinnen feiert hat jede Glaubwürdigkeit für eine gute Sache verloren.
Sexismus ist, wenn man alle Frauen (und alle Männer) als EIN Subjekt hernimmt und dann "die Frauen" und "die Männer" sagt, wenn man über bestimmte Männer oder Frauen redet. Kachelmann ist nicht "die Männer" und seine Ex nicht "die Frauen".
Einzelne mit einfach erkennbaren Gruppen gleichzusetzen und die ganze Gruppe dafür verantwortlich zu machen was ein Einzelner tut, nennt man dann Sexismus (oder Rassismus, wenn es um Ethnien geht).
@Mustardman Das ist durchaus richtig, Sexismus ist geschlechtsbezogene Kategorisierung (und meistens auch Herabwürdigung) von Menschen. Der Intersektionale Feminismus sieht das aber anders und behauptet, dass es Sexismus gegen Männer nicht geben könne, da Sexismus Macht beinhaltet und da alle Männer ausnahmslos pauschal mehr Macht hätten als alle Frauen, Männer keinen Sexismus erfahren könnten. Dass diese Definition erstens nicht dem entspricht, was in Lexikas dazu steht und zweitens selbst schon wieder sexistisch ist, spielt für den modernen Feminismus-Mainstream, der intersektional ist, keine Rolle.
@Sage Ichnicht Der Kampf um die Gleichberechtigung scheint verloren. Feministinnen kämpfen inzwischen vor allem für Privilegien und gegen gleiche Rechte. Das gibt den ewig-gestrigen wie Trump oder AfD Auftrieb, die schon immer gegen Gleichberechtigung waren. Die Gleichberechtigung selbst bleibt zwischen diesen beiden Fronten auf der Strecke. Schade.
An sich ist die Prämie eine gute Idee. Doch das eigentliche Problem ist der geringe Lohnabstand – ein höherer Mindestlohn könnte kurzfristig helfen.
Debatte Sexismus: Den Schweinehund niederringen
Skandal, Debatte, nächster Skandal. Und jetzt? Gleichberechtigung gibt es erst, wenn alle täglich daran mitarbeiten – auch die Männer.
Irgendwann wird ein Mann im Anzug „die Sexismusdebatte“ für beendet erklären Foto: photocase/markusspiske
Wiedereinmal aus allen Wolken gefallen: Mehr als drei Jahre nach dem #aufschrei gegen Alltagssexismus macht eine junge Politikerin auf die Übergriffigkeiten aufmerksam, denen sie in der Berliner CDU ausgesetzt gewesen ist, und es werden wieder die alten Fragen gestellt: Sind wir wirklich eine sexistische Gesellschaft? Gibt es keine wichtigeren Themen, mit denen wir uns beschäftigen sollten? Benutzen Frauen solche Vorwürfe nicht viel zu oft, um sich einen Vorteil zu verschaffen?
Selbst außerhalb der überschaubaren feministischen Filterblase hätte die deutsche Mehrheitsgesellschaft längst schlüssige Antworten darauf finden können, nein: finden müssen. Stattdessen bleibt Aktivist*innen nur erneut festzustellen, dass Teilerfolge wie die Verschärfung des Sexualstrafrechts nicht das große Ganze erzwingen. Daran ist offenkundig nur wenigen gelegen, ebenso wie an der Aufarbeitung von systemimmanentem Sexismus.
Der zelebrierte Gestus ungläubiger Überraschung ist dabei keine Randerscheinung. Er ist Teil des Problems. Unsere Gesellschaft ist nicht nur deshalb zutiefst sexistisch, weil sie Menschen aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert, sondern weil sie sich beharrlich weigert, dies anzuerkennen und dazuzulernen. Weite Teile der Presse schreiben immer noch von „Sex-Attacke“, wenn sie über sexualisierte Gewalt berichten. Mögliche Opfer von Sexualverbrechen werden ausgiebig auf Schlampenhaftigkeit hin überprüft, so, als bestünde überhaupt die Möglichkeit, dass sie ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung verwirken könnten. Jeden Sommer wird mit unschöner Regelmäßigkeit über ein Hotpantsverbot für Schülerinnen diskutiert. Und Frauen haben die Fußball-EM der Männer zu dekorieren und nicht etwa im Fernsehen zu kommentieren.
Die eingangs gestellten Fragen sind längst beantwortet. Sie immer noch in einer Art repetitiver Selbstversicherung zu wiederholen ist an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten. Frauen werden weiterhin mehrheitlich für Care-Tätigkeiten zuständig gemacht, dafür schlecht bezahlt und kaum wertgeschätzt. Aber sind wir eine sexistische Gesellschaft? Noch vor der Pubertät werden Mädchen aggressiv mit Körpernormierungen und Verhaltensansprüchen konfrontiert, die sie von den Sportplätzen und aus den Mathe-Leistungskursen vertreiben. Die ihr Selbstbewusstsein brechen, ihren Blick verengen und ihre Freiheiten beschneiden. Aber ist das wichtig?
Eine alleinerziehende Mutter, die sich politisch engagiert, erhebt ihre Stimme und benennt Sexismus. Als Folge davon wird sie angefeindet und ausgegrenzt. Ihr Sexualleben wird unter die Lupe genommen, ihre Motive werden in Zweifel gezogen. Ihrer Partei gilt sie als Nestbeschmutzerin. Der Vorfall wird für sehr lange Zeit wie ein Makel an ihr haften, und zwar unabhängig vom Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen. Aber tat sie es nicht, weil sie sich Aufmerksamkeit und Vergünstigungen erhofft hat?
Doppelte Zumutung
Sexismus funktioniert in diesem Zusammenhang als doppelte Zumutung. Zum einen als Diskriminierungspraxis, die Menschen auf ihr Geschlecht reduziert und entlang spezifischen Zuschreibungen an Männer und Frauen ein Machtungleichgewicht installiert. Zum anderen als reflexartige Rechtfertigungsstrategie: Das stimmt ja alles gar nicht. Und falls es im Einzelfall doch einmal stimmen sollte, ist es nie so schlimm wie behauptet. Als feministische Aktivistin werden Sie nicht nur für Ihre Meinung, Ihr Aussehen, ihr Geschlecht und schlussendlich für Ihre schiere Existenz angegangen – Sie müssen sich zudem auch noch fragen lassen, warum Sie dabei so rumbrüllen.
Am Ende wird diese Gesellschaft so weit kommen, dass sie Frauen mit allen Mitteln den Mund verbietet und ihnen dabei vorhält, nichts gegen die Verhältnisse zu sagen, die doch angeblich so ungerecht sind. Sie wird dabei zusehen, wie Frauen sich aus sozialen Netzwerken zurückziehen, weil man ihnen mit Vergewaltigung droht, und sie für ihren Kampf gegen sexistische Windmühlen als „Aufmerksamkeitshuren“ bezeichnen. Sie wird so tun, als seien juristische Falschbeschuldigungen ein spezifisches Problem des Sexualstrafrechts und kein generelles Phänomen, mit dem Rechtsprechung fertig zu werden hat. Sie wird von einer politischen Schwalbe wie Angela Merkel behaupten, dass sie einen gleichberechtigten Sommer macht. Weil mit Barack Obama bekanntermaßen die Polizeigewalt gegen Schwarze umgehend aufhörte und der unsägliche Rassismus für immer besiegt war.
Keine Altherrenwitze bitte
Um ernsthaften Forderungen zuvorzukommen oder sie zu übertönen, wird jemand einwerfen, dass man doch bitte die Altherrenwitze unterlassen möge. Ein Mann in Anzug wird „die Sexismusdebatte“ für beendet erklären. Er wird dabei ein bisschen so klingen, als hätte niemand die Absicht, eine Mauer zu errichten. Und am Horizont wird schon der nächste Skandal aufblitzen, mit dem überhaupt nicht zu rechnen war. Bei dem man wieder aus allen Wolken fällt, um eine neue Runde schon beantworteter Fragen einzuläuten.
Dieses Ende ist längst erreicht. Wir waren nie über Geschlechterklischees und die Lust an Diskriminierung erhaben. Sexismus ist kein Mantel, den wir bloß in einer großen, emanzipatorischen Geste ablegen müssen. Es ist auch keine Aufgabe, die Männer dankend ablehnen können, weil sie sie nicht betrifft. Der Unwille, Differenzierungsarbeit vorzunehmen und auf eigene Privilegien zu verzichten, betrifft ja gerade sie. Genau wie die Selbstgefälligkeit, sich einzureden, Mann habe alles Erreichte allein geschafft.
Sexismus ist unsere Sicht auf Menschen, Beziehungen und Macht. Er ist der innere Schweinehund, der einen stets begleitet und den man in zähen, ermüdenden Kämpfen aufs Neue niederringen muss. Zugegeben: Aus allen Wolken fallen ist zweifellos der dramatischere Auftritt. Aber das Bemühen darum, dem anderen jeden Tag auf Augenhöhe zu begegnen, entfaltet mehr Wucht.
So viel mehr, dass der Teufel Sexismus seinen alten „Es gibt mich gar nicht!“-Trick hoffentlich irgendwann nicht länger spielen können wird.
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Feminismus
Kommentar von
Nils Pickert
schreibt als freier Autor und Journalist hauptsächlich zu den Themen Familie, Feminismus und Geschlechtergerechtigkeit. Für den Verein Pinkstinks engagiert er sich gegen Sexismus in der Werbung. Er ist Vater von vier Kindern und Exilberliner.
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