Letzte Generation: Erfolg statt Erpressung

Wo steht die Letzte Generation nach über einem Jahr Straßenblockaden? Ein Protestforscher sieht einen Erfolg in den Vereinbarungen mit den Kommunen.

Aktivisten der Letzten Generation sitzen mit Warnwesten aufder Straße, vor ihnen steht ganz nah ein Auto

Aktivisten der Letzten Generation blockieren am 21.3.2023 in Hannover die Hildesheimer Straße Foto: Julian Stratenschulte/dpa

BERLIN taz | Die Letzte Generation reagierte am Dienstag mit einem weiteren Brief an die Kommunen auf den Vorwurf der Erpressung. Sie entschuldige sich, dass ihr erster Brief als erpresserisch interpretiert werden konnte. „Das war nie unsere Absicht“, schreiben die Aktivist:innen. In einem Statement betonten sie gleichzeitig: „Niemand kann erpresst werden, die eigenen Gesetze einzuhalten.“

Zuletzt hat die Gruppe für Aufregung gesorgt, als sie Kommunen mit einer „maximalen Störung“ drohte, wenn diese nicht auf ihre Forderungen eingehen würden. Daraufhin teilte zum Beispiel der Leipziger Oberbürgermeister mit: „Eine Lösung findet sich im Für und Wider der Argumente, niemals dadurch, dass eine Seite die andere erpresst.“ Andere Kommunen hingegen gingen auf die Briefe der Letzten Generation ein und setzten sich mit den Ak­ti­vis­t:in­nen an den Tisch. Inzwischen unterstützen die Bür­ger­meis­te­r:in­nen von Lüneburg, Greifswald, Tübingen, Hannover und Marburg die Forderungen der Gruppe. Mit vielen weiteren liefen Gespräche.

Der Protestforscher Michael Neuber von der TU Berlin wertet die Unterstützung als Erfolg, zumindest symbolisch. „Das Ziel der Gruppe ist ja der Austausch mit der ganzen Bevölkerung, dazu gehören auch die politischen Eliten“, sagt Neuber. Jedes Gespräch erfülle ein Teilziel der Gruppe. Bisher sei sie auf der Straße gewesen, jetzt unterhalte sie sich mit politischen Entscheidungsträger:innen. „Die Kommunikation wurde damit auf ein anderes Level gehoben“, sagt Neuber. Nach Ansicht anderer Kom­men­ta­to­r:in­nen hätte sich die Gruppe hingegen durch die Briefe nach Berlin billig stummschalten lassen.

So oder so scheint der jüngste Plan der Ak­ti­vis­t:in­nen aufgegangen zu sein. Im Januar kündigte die Gruppe anlässlich des Jahrestages der ersten Straßenblockade an, den Protest auszuweiten und „an so vielen Stellen wie möglich“ den Alltag zu unterbrechen. Seitdem werden nicht mehr nur in Großstädten Straßen blockiert. In den letzten Monaten klebten sich Ak­ti­vis­t:in­nen auch in Bielefeld, Heidelberg, Aalen, Oldenburg und vielen weiteren Städten fest.

Aufmerksamkeit trotz Polykrise

Mit ihren Aktionen habe es die Letzte Generation innerhalb eines Jahres geschafft, sich zu einem wichtigen Teil der Klima­bewegung zu entwickeln. Sie sei „unignorierbar“ geworden, wie die Gruppe selbst bilanziert. Durch zivilen Ungehorsam habe die Gruppe selbst „in der Polykrisensituation, in der wir uns durch Coronapandemie, Ukrainekrieg und Klimawandel gerade befinden, die Aufmerksamkeit auf die Klimakrise gelenkt“, so Neuber.

Die Rahmenbedingungen seien gerade zudem günstig. Vergangene Woche zeigten die Emissionszahlen für das Jahr 2022, dass die Bundesregierung im Verkehrs- und Gebäudesektor wieder gegen ihre Ziele verstoßen hat. Diese Woche wurde ein neuer Bericht des Weltklimarats IPCC veröffentlicht, der alarmierend ausfällt. „Auf den Diskurs kann die Letzte Generation aufbauen“, sagt Neuber.

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