Dauerkrise in Argentinien: Schulden ohne Ende

Argentinien ist Rekordschuldner des IWF – und mal wieder in der Krise. Die Aussichten sind übel, auch weil Regierung und Opposition nicht an einem Strang ziehen.

Protestierende mit scharzen Rauchfahnen

Buenos Aires im Dezember 2021: Protest gegen einen weiteren Vertrag mit dem IWF Foto: Mariana Nedelcu/reuters

BUENOS AIRES taz | Argentiniens Schuldenverhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds gestalten sich schwierig. „Die wirtschaftliche Erholung des Landes hat für uns oberste Priorität“, so Martín Gúzman bei der Vorstellung der Verhandlungsposition der Regierung. Erst müssten die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Schulden überhaupt tilgen zu können, so der Wirtschaftsminister am Mittwoch in Buenos Aires. Beim Thema Anpassungs- und Sparpolitik gebe es noch immer keine Einigung.

Argentinien ist der mit Abstand größte Schuldner des IWF. 2018 gewährte der Fonds der damaligen liberalkonservativen Regierung von Präsident Mauricio Macri einen Kredit in Höhe von 57 Milliarden Dollar, von denen 44 Milliarden ausgezahlt wurden. Bisher hat Argentinien rund 5,2 Milliarden US-Dollar an Kapital und Zinsen getilgt. In diesem Jahr werden rund 19 Milliarden Dollar fällig, 2023 weitere 20 Milliarden und 2024 nochmals 5 Milliarden Dollar. Konsens ist, dass diese Summen nicht getilgt werden können. „Der Fonds selbst hat erklärt, es sei unverständlich, wie ein solcher Kredit mit solchen Bedingungen überhaupt vergeben werden konnte“, so Präsident Alberto Fernández.

Der Präsident bezog sich auf eine kurz vor Weihnachten vom IWF veröffentlichte Ex-Post-Bewertung des Rekordkredits. Der damalige Kredit habe in erster Linie darauf abgezielt, das Vertrauen der Märkte durch den Abbau des Haushaltsdefizits, die Verringerung der Inflation und die Erhöhung der Devisenreserven zurückzugewinnen, heißt es darin. „Keines der Ziele wurde erreicht. Das Programm war ein Fehlschlag“, so der IWF.

Dass der Schuldendienst auf wackeligen Beinen stand, war dem IWF im Oktober 2018 klar. „Die allgemeine Einschätzung der IWF-Mitarbeiter ist, dass die Schulden Argentiniens nachhaltig sind, jedoch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit“, heißt es etwas verschwurbelt in der ersten Ex-Post-Bewertung des Fonds. Solche Aussagen und Bewertungen stärken die Verhandlungsposition der Regierung.

„Eine nachhaltige Schuldentilgung ist mit einer Anpassungspolitik nicht vereinbar“, erklärte Fernández. Diese könne nur eine Wachstumsstrategie mit steigenden Reallöhnen leisten. Deshalb sollte die jährliche Schuldentilgung auf ein Maß reduziert werden, das Investitionen durch den Staatshaushalt und zugleich einen finanziellen Handlungsspielraum für eine effektive Sozialpolitik erlaube. Da die IWF-Statuten einen Schuldennachlass ausschließen, setzt die Regierung auf die Verlängerung der Fristen sowie eine Reduzierung der jährlichen Tilgungen.

Entwurf abgelehnt

Da jedes neu ausgehandelte Programm mit dem IWF vom Kongress gebilligt werden muss, bemüht sich die Regierung um die Unterstützung der Opposition. Die stellt seit der Neuwahl im vergangenen November die Mehrheit, auch wenn sie im Abgeordnetenhaus in zehn Fraktionen von rechtsextrem bis linksrevolutionär zersplittert ist. Das erste Ausrufezeichen der neuen Machtverhältnisse wurde im Dezember bei der Debatte über den Haushaltsentwurf 2022 gesetzt, der ein wegweisendes Signal der Geschlossenheit gegenüber dem IWF in Sachen Wachstum und Ausgabenpolitik sein sollte.

Trotz eifriger Bemühungen der Regierung lehnte die Opposition den Entwurf im Abgeordnetenhaus geschlossen ab. „Wenn der Haushalt abgelehnt wird, scheitert das Abkommen mit dem IWF“, hatte Präsident Alberto Fernández zuvor gewarnt. Nach der Abstimmungsniederlage bemühte sich der Präsident per Videoschalte bei IWF-Chefin Kristalina Georgiewa um Schadensbegrenzung.

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