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Datensammelwut in der CoronakrisePrivat ist privat

Tanja Tricarico
Kommentar von Tanja Tricarico

China, Israel und Südkorea überwachen Corona-Infizierte mittels Big Data. Das sollten wir in Europa sein lassen.

Gutes Versteck, hilft aber im Zweifelsfall nicht: nichtbetroffene Verkäuferin in Hongkong Foto: Kin Cheung/ap/dpa

C orona macht Angst. Denn keiner kann mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, ob wir diese Pandemie glimpflich überstehen. Es wäre ein Leichtes, jetzt zu fordern, alle verfügbaren, auch digitalen Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Und damit die Bevölkerung gläsern zu machen. Technisch ist die Überwachung über Handydaten, Kreditkartensysteme oder andere digitale Technologien möglich.

Und weil es so einfach ist, kommt die flächendeckende Speicherung und Auswertung privater Daten ins Spiel. China, Südkorea oder Israel machen es derzeit vor, indem sie positiv Getestete per Handy orten und ihre Bewegung im öffentlichen Raum sichtbar machen. Zweifelhaft ist allerdings, wie sinnhaft eine solche Auswertung ist.

Sind die Informationen über Ortsangaben und Bewegungsprofile präzise? Wer soll sie erhalten? Was passiert nach der Auswertung? Und kann die vielseits propagierte Anonymität der Datenspender:innen gewährleistet werden?

Besser, als sich diesen Fragen zu widmen, ist es, die Verbreitung seriöser Informationen zu sichern und diese allen Bevölkerungsgruppen zugänglich zu machen. Dies ist die Aufgabe von Behörden. Wer Fake News bewusst verbreitet und entlarvt wird, wer die Coronakrise öffentlichkeitswirksam verharmlost, sollte dafür bestraft werden. Denn Fehlinformationen schüren mit Sicherheit Panik.

Der beste Schutz vor Covid-19 sind nach wie vor die Einhaltung von Hygienemaßnahmen und das Einschränken von Sozialkontakten. Auch Maßnahmen wie eine zeitweise Ausgangssperre helfen im Kampf gegen die Pandemie. Bis die Datenschutzgrundverordnung EU-weit verabschiedet werden konnte, hat es Jahre gedauert. Es ist Konsens in den europäischen Staaten, die Überwachung von Bürger:innen wohl abzuwägen und die informationelle Selbstbestimmung als hohes Gut zu erachten. Jetzt den mühsam errungenen Schutz unserer Privatsphäre aufzugeben, wäre der falsche Weg.

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Tanja Tricarico
Ressort ausland
Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Seit März 2024 im Ressort ausland der taz, zuständig für EU, Nato und UN. Davor Ressortleiterin Inland, sowie mehrere Jahre auch Themenchefin im Regie-Ressort. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
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7 Kommentare

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  • wenn ich die Nachrichten von heute richtig interpretiere schaut das RKI oder jmd im Auftrag des RKI/ der Bundesregierung, mindestens summarisch bei der Telekom darauf wie sich die Leute laut ihren Bewegungsprofilen verhalten, ob sie sich an die Empfehlungen halten zu Hause zu bleiben/ sich weniger zu bewegen- dies alles um der Regierung bei der Entscheidung zu helfen ob sie eine völlige Ausgangssperre verhängen soll. Ist auf jeden Fall schon 'ne ganze Menge mgl. auch außerhalb von Corona. Und extra Beschlüsse des Parlaments scheinen dafür auch nicht mehr nötig. Der erklärte Notstand/ die Gefahr für die Allgemeinheit - auch im kleineren Maßstab?- scheinen genug.

  • Da bin ich definitiv anderer Meinung als der Autor. Die wirksamste Waffe gegen das Virus - zumindest solange wir keinen Impfstoff haben - ist genau das, was in China praktiziert wurde:



    Lockdown, social distancing, zentrale, überwachte Quarantäne für Infizierte, und vor allem über das tracken infizierter Personen hinausgehende Datensammlung und Auswertung:



    In der Sperrgebieten muss jeder, der sich im öffentlichen Raum bewegen möchte eine App auf seinem Handy haben, in der er regelmäßig Körpertemperatur eingibt. Die App gibt ihm regelmäßig eine Rückmeldung in Form von "grün", "sofort in häusliche Isolation begeben" oder "Behörden zwecks Testung kontaktieren".



    Wird jemand positiv getestet ist es aufgrund der erhobenen Daten möglich alle die mit ihm in Kontakt waren - und wenn es der Sitznachbar in der U-Bahn ist - vorsorglichen Quarantäne zu schicken und der Reihe nach frei zu testen.



    Es ist quasi eine Echtzeitsimulation der Virusausbreitung.

    Angesichts dessen, dass westliche Regierungen zu spät und zu zaghaft mit Maßnahmen begonnen haben, würde die Einsetzung eines entsprechenden Systems wahrscheinlich tausenden das Leben retten & dafür sorgen, dass der Wirtschaftsbetrieb größtenteils in 2-3 Monaten wieder aufgenommen werden könnte, da infizierte Personen sicher von der Teilnahme am öffentlichen Leben ausgenommen werden könnten.

    Leider wird das nicht passieren - und so müssen bis zur Entwicklung eines Impfstoffs wohl extremen Einschränkungen zu leben, und trotzdem werden wir hässliche Situationen miterleben.

    Angesichts dieser Aussichten, würde ich zeitlich begrenzt eine entsprechend scharfe Waffe - und einhergehende Überwachung - befürworten. Anstelle solche Überlegungen zu bekämpfen sollte man die Energie lieber auf die Sicherstellung eines kompletten Abbaus aller Einschränkungen nach der Epidemie verwenden.

    Dass Trump Google als wichtigen Partner im Kampf gegen Corona nennt macht nachdenklich. Am Ende sind wir als einzige frei aber mit vielen Opfern...

  • Alle tun gerade so, als wäre das Handy am Körper festgewachsen.



    Lasst das Ding zuhause, dann gibts auch keine Bewegungsprofile.



    Lutz Arnold

  • Äh, also "Der beste Schutz vor Covid-19 sind nach wie vor die Einhaltung von Hygienemaßnahmen und das Einschränken von Sozialkontakten" klingt hilflos. Stimmt zwar, aber das einfach zu sagen reicht nicht. Man muss das effektiv auch durchsetzen können und wie macht man das?

    Außerdem reicht es nicht, wenn Einzelne sich davor schützen. Wie lange will man das machen? Das Virus muss zurückgedrängt werden und das geht nur, indem man Infizierte findet und isoliert, bevor sie weitere Personen infiziert haben. Es gibt inzwischen massenhaft Untersuchungen über die Verbreitung des Virus, die klarmachen, dass das nur mit maximalen Massnahmen geht.

    Was hilft alles Reden, wenn einem dabei die Welt über dem Kopf zusammenbricht? Was hilft einem der beste Datenschutz, wenn immer mehr Menschen ohne Behandlung sterben müssen? Datenschutz ist ein wichtiges Thema, aber verglichen mit den aktuellen Problemen ist es ein Luxusproblem. Diese Pandemie ist eine weltweite Katastrophe, nicht mehr und nicht weniger.

  • Das sollten wir sein lassen? Sollten wir lieber millionen Kranke hinnehmen? Immerhin haben diese Länder in der Corona-Bekämpfung wesentlich mehr Erfolg als wir!

  • Völlig richtig. Es geht niemanden etwas an, wo ich meine Viren verbreite. Den Staat am allerwenigsten. Privatsphäre geht vor sog. Gemeinwohl.

  • Wir denken gerade darüber nach die Leute zuhause quasi einzusperren, aber wenn es darum geht Bewegungsdaten von Handys auszuwerten wird so getan als ob die Welt untergeht ...

    Seit Deutschland immer mehr auf den absoluten Shutdown zuläuft gebe ich schon auf sinnvoll zu diskutieren. Es scheint die Mehrheit hat sich bereits entschieden und alles kritische wird niedergeschrien.