Das neue Machtzentrum der CDU: Merz vor dem Spagat

Als Partei- und auch Fraktionsvorsitzender der CDU muss Friedrich Merz gleichzeitig moderieren und Kante zeigen. Ein Risiko für ihn und die Partei.

Friedrich Merz

Endlich im Machtzentrum: Merz beim Bundesparteitag am letzten Samstag Foto: Michael Kappeler/dpa

Friedrich Merz ist jetzt genau da, wo er immer hinwollte, lässt man das Kanzleramt außer Acht. Er ist das klare Machtzentrum der CDU. Und ironischerweise ist er dies durch genau den gleichen machtpolitischen Move, den Angela Merkel 2002 anwandte und den Merz nie verwunden hat. Damals räumte Merkel, die CDU-Chefin, Merz als Fraktionsvorsitzenden ab – und reklamierte den Posten als Oppositionsführerin für sich.

Die Frage ist nur, ob die Geschichte für Merz ähnlich erfolgreich weitergehen wird. Oder ob heute nicht die Gefahr überwiegt, die in der Zusammenführung der beiden Posten liegt. Für Merz selbst, aber auch für seine Partei.

Es stimmt zwar, dass in der machtorientierten CDU einiges dafür spricht, sich für eine unumstrittene Führungsfigur zu entscheiden, soll der interne Machtkampf und damit die Selbstzerstörung der Partei nicht weitergehen. Das größere Risiko aber liegt möglicherweise genau in dieser Konzentration. Denn derzeit sind auf dem Posten des Partei- und jenem des Fraktionsvorsitzenden so unterschiedliche Profile gefragt, dass eine Person sie schwer erfüllen kann.

Der CDU-Chef hat zuallererst diese Aufgabe: Er muss die CDU einen und mit sich selbst versöhnen. Dazu muss er moderieren, inhaltliche Positionen ausloten und die verschiedenen Strömungen zusammenhalten. Als Oppositionsführer aber darf der Fraktionschef genau das nicht. Hier sind klare Positionen und pointierte Reden im Bundestag gefragt. Das passt nicht zueinander.

Dass Merz Letzteres kann, ist unbestritten. Davon, dass er auch das Zusammenführen beherrscht, ist bislang nichts bekannt. Gelingt ihm aber die Versöhnung der Partei nicht, steht der CDU der weitere Absturz bevor. Da können seine Reden noch so geschliffen sein.

Ein kluger Rückzug

Noch-Fraktionschef Ralf Brinkhaus hatte keine andere Chance, als sich Merz’ Machtanspruch zu beugen. Auch wenn er in der Fraktion geschätzt wird, wäre er in einer Kampfabstimmung schon allein deshalb unterlegen, weil man den neuen Parteichef nicht schwächen will. Brinkhaus ist klug genug, um nicht in einen Kampf zu ziehen, den er nicht gewinnen kann.

Im Umgang mit dem Noch-Fraktionschef wird Merz nun gleich seine Integrationskraft unter Beweis stellen können. Brinkhaus ist einer der wenigen im Bundestag, der frei mitreißende Reden halten kann. Viele solcher Talente hat die Union nicht. Will Merz nicht auf ihn verzichten, wird er seinen Vorgänger einbinden müssen. Was Merkel mit ihm damals bekanntermaßen nicht gelang. Woran laut Merz nur eine Person schuld war.

Ohnehin liegen die Fehler für Merz gern bei den anderen. Sollte die CDU jetzt scheitern, wird er sich nicht wegducken können. Wer allein an der Spitze steht, ist nun einmal verantwortlich.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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