CDU und CSU im Bundestag: Merz ist wieder Fraktionschef
Vor 20 Jahren vertrieb ihn Merkel, jetzt führt Friedrich Merz wieder die Unionsfraktion. Knapp 90 Prozent der Abgeordneten stimmten für ihn.
Damit ist der 66-Jährige, der erst vor wenigen Wochen zum CDU-Chef gewählt worden war, nun auch Oppositionsführer – ein Posten, der deutlich mehr Medienpräsenz verspricht als der Parteivorsitz. Man könnte auch sagen: Merz, der erst zwei Mal bei der Wahl zum Parteichef unterlag, hat nun einen echten Durchmarsch hingelegt. Merz sprach nach seiner Wahl von einem „wirklich eindrucksvollen Vertrauensbeweis“. Richtig sei, dass die Führung von CDU und der gemeinsamen Bundestagsfraktion nun in einer Hand liegen würden, so Merz weiter. Die Fraktion sei das „gemeinsame Kraftzentrum von CDU und CSU“.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte Merz in der Fraktionssitzung am Dienstagnachmittag für den Vorsitz vorgeschlagen. Ursprünglich hatte CSU-Chef Markus Söder, der andere starke Mann der Union, angekündigt, nach Berlin kommen zu wollen, wegen einer Landtagsdebatte zu Corona blieb er in München. „Ich bin nicht der Oppositionsführer, das wird Friedrich Merz sein“, hatte Söder jüngst der Rheinischen Post gesagt. Ob er sich an dieses Versprechen hält, muss der geltungsbedürftige Franke und amtierende Ministerpräsident von Bayern aber erst noch unter Beweis stellen.
Einen Gegenkandidaten hatte Merz nicht. Eigentlich wollte der bisherige Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus, der ursprünglich bis Ende April gewählt worden war, im Amt bleiben. Nachdem Merz mit fast 95-prozentiger Zustimmung der Delegierten zum CDU-Chef wurde, hatte ihm dieser aber klargemacht, dass er selbst Fraktionschef werden wolle. Daraufhin hatte Brinkhaus den Abgeordneten in einem Brief mitgeteilt, dass er nicht wieder antrete. Er hat der Union damit vor drei wichtigen Landtagswahlen einen neuen Machtkampf erspart.
Bisher keine „Weiterverwendung“ für Brinkhaus
Er sei mit sich im Reinen, sagte Brinkhaus vor der Fraktionssitzung. Er sagte aber auch: „Ich habe das gerne gemacht, ich habe das geatmet und gelebt.“ Die Fraktion dankte ihm dies mit minutenlangem Applaus im Stehen.
Merz hat seinen Vorgänger damit auf ähnliche Weise abgeräumt, wie die ehemalige CDU-Chefin und spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel das 2002 mit ihm gemacht hatte. Einige Jahre später war er aus dem Bundestag ausgeschieden und machte in der Wirtschaft Karriere. Erst bei der Bundestagswahl 2021 war Merz wieder ins Parlament eingezogen.
Auch für Brinkhaus gibt es noch keine „Weiterverwendung“, wie Dobrindt es am Dienstag nannte, alle Posten in der Fraktion sind bereits vergeben. Merz hatte bereits im Vorfeld erklärt, er wolle Brinkhaus’ Fähigkeiten und Unterstützung gerne in Anspruch nehmen. Brinkhaus selbst ließ am Dienstag alles offen: „Wo mich mein weiterer Weg hinführen wird“, sagte er, „das werden wir noch sehen.“
Aktualisiert am 15.02.2022 um das Zitat von Merz. d. R.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“