Daniela Klette vor Gericht: Und wer nimmt jetzt den Hund?
Im Prozess gegen die mutmaßliche RAF-Terroristin Daniela Klette sagt ein Fahnder des LKA aus. Er schildert skurrile Szenen bei der Festnahme.
Dabei, erklärt er, habe sich das Ganze für ihn zunächst einmal angelassen wie das routinemäßige Abarbeiten des „250sten“ Hinweises. Zum Hinweisgeber selbst kann er nichts Konkretes sagen. Der habe sich im November 2023 an die Staatsanwaltschaft Verden gewandt und dort Vertraulichkeit zugesichert bekommen. Auf dem Schreibtisch des Zielfahnders landete nur der schriftliche Hinweis, bei zwei Personen, deren Fotos im Internet im Zusammenhang mit der Vorbereitung eines Capoeirafestivals öffentlich einsehbar seien, könnte es sich um die gesuchten Klette und Garweg handeln.
Eine erste oberflächliche Prüfung verlief jedoch im Sand: Sie führte zu einer Frau, die ebenfalls den Namen „Claudia Schmidt“ trug und sich im Umfeld des Capoeiravereins bewegte. Claudia Schmidt war auch einer von Klettes zahlreichen Aliasnamen. Erst als Anfang Dezember 2023 der Podcast „Legion“ herauskam und ähnliche Spuren verfolgte, lebte die Spur wieder auf. Der Capoeirameister rückte schließlich zwei Telefonnummern und eine Adresse heraus. Das war die später berühmt gewordene Sebastianstraße 73, wo der LKA-Beamte und sein Kollege, verstärkt durch zwei Berliner Uniformierte, zunächst an der falschen Wohnungstür klopften.
Auch als sie dann vor der richtigen Tür standen und Klette aufmachte, waren sie sich noch lange nicht sicher, die seit 30 Jahren gesuchte Person vor sich zu haben. So erklärt der Fahnder auch, was nach der Verhaftung für Spott gesorgt hatte: Die Fahnder ließen sich noch zweimal eine Tür vor der Nase zu machen. Einmal, als Klette versprach, ihren laut bellenden Hund im Wohnzimmer einzusperren; ein anderes Mal, als sie noch rasch auf die Toilette verschwand und Garweg warnte. „Bei so vielen Hinweisen in so vielen Jahren können wir da nicht jedes Mal offensiv reinmarschieren.“
Seltsame Geste am Schluss
Erst als man Klette mit aufs Revier genommen habe, sei ihm aufgegangen, dass dieses Mal möglicherweise mehr dran sei. Irgendwann stand ihre Identität fest. „Ich sage ab jetzt mal Frau Klette, das wird sie nach all der Zeit ja vielleicht auch freuen, diesen Namen mal wieder zu hören“, habe er zu ihr gesagt.
Außerdem habe man beratschlagt, was mit ihrem kranken Hund passieren sollte. „Haben sie da nicht jemanden?“, fragte er. Aus dem unterdrückten Schmunzeln in ihrem Gesicht habe er geschlossen, dass sie wohl kurz beide an die gleiche Person gedacht hätten: an Klettes mutmaßlichen RAF-Kollegen Burkhard Garweg nämlich, der weiter auf der Flucht ist. Auch nach ihrer Familie habe sie sich gleich erkundigt, nach ihrer Mutter, ihrer Schwester.
Umso seltsamer sei ihm erschienen, was sie dann tat. Als man sie zum Transport in die Gefangenensammelstelle abführte und dazu die Wartehalle durchquerte, habe Klette gerufen: „Ich bin Daniela Klette von der RAF, und ich bin festgenommen.“ Was der Sinn dieser Selbstbezichtigung sei, habe sich ihm nicht erschlossen. Vor Gericht steht Klette allerdings auch nicht wegen der RAF, sondern wegen mutmaßlicher Beteiligung an 13 Raubüberfällen, mit denen sie ihr Leben im Untergrund finanziert haben soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!