Abtreibungen im Vereinigten Königreich: Frauen für Frauenrechte
England und Wales machen vor, wie mit anachronistischen Gesetzen umzugehen ist. Schwangerschaftsabbrüche sollen dort entkriminalisiert werden.

E s ist ein großer Sieg für britische Frauen. Die Kriminalisierung von Frauen in England und Wales soll ein Ende haben, selbst wenn sie nach der vorgeschriebenen 24-Wochen-Frist für Schwangerschaftsabbrüche abgetrieben haben. Das Gesetz, das Abtreibungen von Frauen kriminalisierte, entstammt dem viktorianischen Zeitalter aufgezwungener biederer Moral, als sich unter den parlamentarischen Abgeordneten des House of Commons keine einzige Frau befand.
Als Schwangerschaftsabbrüche 1967 erstmalig erlaubt wurden, saßen gerade einmal 26 Frauen im britischen Unterhaus. Als dem Änderungsantrag zur Entkriminalisierung am Dienstagabend zugestimmt wurde, waren von den insgesamt 650 Abgeordneten immerhin 263 Frauen. Es war eine Frau, die den Antrag stellte, während andere Frauen sowohl dafür als auch dagegen sprachen. So muss es sein, denn hier geht es ausschließlich um den Körper von Frauen.
Die Mehrheit der frei nach Gewissen wählenden Abgeordneten stimmten dem Gesetz zu. 99 Prozent aller Abtreibungen in England und Wales werden vor der rechtlich möglichen Frist von 24 Wochen vorgenommen. Unter den über einhundert Frauen, die in den letzten Jahren wegen einer späteren Abtreibung kriminalisiert wurden, befinden sich die verletzlichsten und am meisten gefährdeten Frauen, Opfer von Menschenhandel, von sexueller Ausbeutung, häuslicher Gewalt.
Oft sind es auch sehr junge Frauen, die Totgeburten hatten. Das Gesetz entlastet alle. Wer helfen will, hat weiterhin die Möglichkeit, den Frauen in Not Unterstützung anzubieten. Der kleine Prozentsatz der Frauen, die mit dem Abbruch bis zur 24. Woche oder länger warteten, muss nach der Gesetzesänderungen keine juristische Verfolgung fürchten. Die Frauen sollen nicht länger kriminalisiert werden.

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.
Das bedeutet vor allem, dass sie sich nicht länger verstecken müssen, sondern dass sie Hilfe suchen und in Anspruch nehmen können. Allein das ist eine überfällige Befreiung aus dem Korsett des viktorianischen Zeitalters.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!