Daniel Frahn bei SV Babelsberg 03: Vielleicht nur Fußball
Der Chemnitzer FC feuerte den Spieler Daniel Frahn wegen angeblicher Nazi-Kontakte. Nun heuert Frahn bei Babelsberg an – einem linken Club.
Der Verein Babelsberg 03 ist in einer prekären Lage. Seit dem 12. Spieltag rangiert das Potsdamer Team fast durchgehend auf einem Abstiegsplatz der Regionalliga Nordost. In der Winterpause konnte sich das Team dann aber entscheidend verstärken: Daniel Frahn, früher für RB Leipzig in der 2. Bundesliga, eindeutig ein Transfer-Coup.
Gleichzeitig ist es ein absoluter Fan-Gau. Denn Daniel Frahn flog bei seinem letzten Verein Chemnitzer FC raus, weil er sich mit rechtsradikalen Fans solidarisiert hatte. Passt nicht so gut zum SV Babelsberg, der sich klar als linker Verein verortet und auch “St. Pauli des Ostens“ genannt wird. Entsprechend laufen die Fans Sturm, seit am 31. Januar die Verpflichtung von Frahn bekannt wurde.
Dabei hat Frahn eine Babelsberg-Vergangenheit: Zwischen 2007 und 2010 spielte er schon hier und schoss den Verein in der Saison 2009/10 zum Aufstieg in die Dritte Liga. Einen Führungsspieler wie ihn kann Babelsberg allein vom Fußballerischen her gut gebrauchen. Aber von der Weltanschauung her?
Der Verpflichtung des 32-Jährigen sei „eine intensive und kritische Auseinandersetzung“ vorausgegangen, schreibt der Verein in einer Verlautbarung. Der Babelsberg-Vorstandsvorsitzende Archibald Horlitz wird dort zitiert: „Nach den Gesprächen mit Daniel Frahn bin ich überzeugt, dass er keine Nähe zu rechtem Gedankengut hat.“ Man habe sein Agieren in Chemnitz kritisch hinterfragt und sei zu dem Schluss gekommen, ihn im Verein willkommen zu heißen.
Image des SV Babelsberg leidet
Ähnlich formuliert es Katharina Dahme, die Linken-Politikerin sitzt im Aufsichtsrat von Babelsberg 03. Ihr sei „das Herz in die Hose gerutscht“, als sie von Frahns Verpflichtung gelesen habe, schreibt sie in einem langen Statement auf Facebook. Doch dann habe sie mit Frahn persönlich sprechen können – und er habe überzeugend die Nähe zu rechtem Gedankengut bestritten und sich zu den Werten von Babelsberg bekannt. Dahme schließt: „Es lohnt sich, ihn anzuhören. Ich bin froh, dass ich es getan habe.“
Wie genau Daniel Frahn sie überzeugt hat, erklären aber weder Dahme noch Horlitz. Das wäre aber notwendig, denn seine Aktionen sprechen klar gegen Frahn. Er fuhr mit Nazi-Fans gemeinsam zu einem Auswärts-Spiel des Chemnitzer FC, zuvor hatte er im Gedenken an den verstorbenen Neonazi Thomas Haller ein T-Shirt mit dem Spruch „Support your local hools“ hochgehalten und wurde so zum Gesicht des Problems, das der Chemnitzer FC mit seinen ultrarechten Fans hatte und hat.
Denn das stimmt auch: Es war ja nicht nur Frahn, der mit den Nazi-Fans kumpelte. Es war der ganze Chemnitzer FC, bis zum 9. März 2019, als die Fans im Stadion eine Trauerfeier für Thomas Haller abhielten, Gründer der Hooligan-Gruppe „HooNaRa“ („Hooligans Nazis Rassisten“). Der Verein blendete auf der Anzeigetafel ein Bild von Haller ein, der Stadionsprecher erinnerte an den Verstorbenen. Erst dann kam der bundesweite Aufschrei – und Torschütze Frahn mit dem Hooligan-Shirt wurde zum Symbol der nach rechtsextrem offenen Fanflanke.
Nun könnte man zweifeln: Ist die rechte Verortung von Daniel Frahn womöglich falsch? Ist er nur ein sehr Fan-naher Spieler, dem es piepegal ist, ob die Ultras, mit denen er gerade kumpelt, rechts oder links sind? Fußball ist ihm wichtig, Politik nicht? Könnte alles sein, aber dann wäre er gerade bei Babelsberg beim falschen Verein.
Der SV Babelsberg hat mit Frahns Verpflichtung jedenfalls an Ansehen eingebüßt, das schreibt auch Aufsichtsrätin Dahme. Womöglich schafft der Verein mit ihm aber auch den Klassenerhalt. Vielleicht geht es also wirklich nur um Fußball.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt