Rauswurf beim Chemnitzer FC: Ein Fan der Nazifans
Weil er sich als Sympathisant der rechtsradikalen Fanszene outet: Der Chemnitzer FC entlässt Publikumsliebling und Kapitän Daniel Frahn fristlos.
Das Szenario bei der Entlassung von Daniel Frahn muss gespenstisch gewirkt haben. Mit drei Einsatzwagen sicherte die Polizei am Montag vor der Geschäftsstelle des Chemnitzer FC den Rausschmiss des Mannschaftskapitäns ab, der sich aus Sicht des Fußball-Drittligisten am Wochenende als „großer Sympathisant der rechtsradikalen und menschenverachtenden Gruppierung ‚Kaotic Chemnitz‘“ entpuppt hat. Ein Polizeisprecher erklärte dazu gegenüber der Bild-Zeitung, die Maßnahme habe man auch aufgrund des wachsenden Unmuts in den vergangenen Tagen zwischen Fanschaft und „Einzelpersonen des Vereins“ getroffen.
Gemeint ist mit den Einzelpersonen vornehmlich Insolvenzverwalter Klaus Siemon, der beim Chemnitzer FC seit April 2018 alle Entscheidungen in der Profiabteilung zu verantworten hat und sich seit geraumer Zeit nicht nur um die ruinöse finanzielle Lage, sondern auch um die ruinöse moralische Lage des Vereins kümmert. Auf beiden Ebenen hat er sich mit seinem Engagement jede Menge Feinde gemacht und mitunter verbinden sich beide Ebenen zu einem explosiven Gemisch.
Einen klaren Schnitt hat der Chemnitzer FC unter Führung von Siemon nun auch im Fall von Frahn gemacht. Der 32-Jährige, der beim Spiel gegen den Halleschen FC verletzt ausfiel, schaute sich die Partie im Gästeblock in Gesellschaft von rechtsextremen Fans an, die beim Chemnitzer FC Stadionverbot haben. Direkt neben Frahn stand etwa Chris J., einst Anführer der verbotenen Fangruppierung NS-Boys und auch Mitglied der ebenfalls verbotenen „Kaotic Chemnitz“. Jene Vereinigung, die im August 2018 für einen Protestmarsch in Chemnitz mobilisierte, aus dem heraus die bundesweit für Aufsehen sorgenden Hetzjagden auf Ausländer initiiert wurden.
Und wie der Chemnitzer FC via Facebook wissen ließ, reiste Frahn auch zu der Partie in Halle mit den entsprechenden Personen an und ab. Ein Profifußballer, der sich als Fan der rechtsextremen Fanszene outet, das dürfte einmalig im deutschen Profifußball sein.
Auf Frahns Tshirt stand „Support your local Hools“
In einer Mitteilung erklärte der Verein: „Die Chemnitzer FC Fußball GmbH hatte sich vor dem Hintergrund der Chemnitzer Ereignisse des Sommers 2018 in seinem Gesellschaftervertrag dazu verpflichtet, ein Bollwerk gegen Rechtsradikalismus zu sein.“ Zwischenzeitlich wies dieses Bollwerk allerdings eklatante Löcher auf. Im März huldigten die Chemnitzer Fans bei einem Regionalligaspiel unter Mitwirkung von Vereinsverantwortlichen dem gerade verstorbenen Hooligan und Rechtsextremisten Thomas Haller. Und damals schon fiel Daniel Frahn auf, weil er nach einem Treffer ein T-Shirt mit der Aufforderung „Support your local Hools“ ihn die Höhe streckte.
Hernach behauptete er, nicht gewusst zu haben, dass dieses Shirt in der Neonaziszene so beliebt sei. Er habe mit Rechtsextremismus nichts am Hut und trete für eine offene, bunte Gesellschaft ein. In seiner Vereinsmitteilung vom Montag erklärte der Chemnitzer FC: „Seine Reue damals war eine Farce.“
Die rechtsextreme Jubelchoreografie wurde damals vom Verband und Verein mit Geldstrafen und einer Spielsperre sanktioniert. Nichtsdestotrotz wurde der Chemnitzer Publikumsliebling, der mit seinen 24 Treffern einen maßgeblichen Anteil zum Aufstieg in die Dritte Liga beisteuerte, im Sommer erstmals zum Kapitän des Teams gekürt. Begründet wurde das mit der hohen Akzeptanz in der Mannschaft.
Chemnitz-Fan auf Facebook
Daniel Frahn hat sich bislang zu seiner Entlassung nicht geäußert. In den sozialen Netzwerken indes mangelt es nicht an Kommentaren. Auf Facebook wurde die Vereinsmitteilung bis zum Dienstagmittag mit über 2.000 Einträgen bewertet. Die Meinungen sind geteilt. Viele Chemnitzer Fans allerdings sind empört über den Rausschmiss. „Die Identifikationsfigur des Vereins […] wird jetzt vom Hof gejagt!? Ich fall vom Glauben ab!“, schreibt ein Nutzer. Gut möglich, dass nicht wenige Anhänger nächsten Sonntag beim Pokalspiel gegen den Hamburger SV ihr Identifikationsgefühl mit Frahn demonstrieren werden. Seiner rechtsextremen Gesinnung zum Trotz oder eben, weil sie sich mit dieser besonders gut identifizieren können.
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