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Coronavirus und FinanzkriseEin Virus ist keine Blase

Der Vergleich der Finanzkrise mit dem Virus passt nicht. Wenn man schon biologistisch ist, eignet sich eine andere Krankheit besser für eine Analogie.

Ende Februar in Seoul: Mitarbeiter einer Desinfektionsfirma kämpfen gegen das Virus Foto: Kim Hong-Ji/reuters

Für das Coronavirus ist kein Superlativ zu drastisch: Er gilt nicht nur als Auslöser einer „Pandemie“, sondern wird auch häufig mit der Finanzkrise 2008 verglichen. Die US-Notenbank Fed scheint diese Sicht jetzt zu bestätigen: Am Dienstag senkte sie ihre Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte – und zwar auf einer Sitzung, die dafür eigentlich gar nicht vorgesehen war. Ad-hoc-Maßnahmen hatten die US-Währungshüter zuletzt 2008 beschlossen, um das globale Finanzbeben einzudämmen.

Auf den ersten Blick scheint es tatsächlich naheliegend, das Coronavirus mit der Finanzkrise zu vergleichen – denn beiden gemeinsam ist die Panik. Weltweit werden jetzt Großveranstaltungen abgesagt, Flüge gestrichen und Fabriken geschlossen, um zu verhindern, dass sich das Virus weiter verbreitet. Auch in der Finanzkrise hatten viele Firmen und Banken Angst vor einer „Ansteckungsgefahr“.

Der Geldfluss zwischen den Banken kam damals völlig zum Erliegen, und viele Betriebe stoppten ihre Bestellungen, um erst einmal abzuwarten, wie sich die Finanzkrise weiter entwickeln würde. Weltweit begab man sich in eine Art ökonomische Quarantäne.

Doch so naheliegend die Analogien sind: Es führt in die Irre, das Coronavirus mit einer Finanzkrise zu vergleichen. Das Virus wird zwar zu erheblichen ökonomischen Einbußen führen – aber nur vorübergehend. Sobald die Epidemie unter Kontrolle ist, wird sich die Wirtschaft schon deswegen erholen, weil es zu Nachholeffekten kommt. Beispiel Tourismus: Panische Reisende stornieren zwar jetzt ihre Flüge, aber der Wunsch nach Erholung bleibt. Also werden sie neue Touren buchen, sobald sich das Virus verflüchtigt hat. Einige abgesagte Groß­ereignisse wie die Leipziger Buchmesse lassen sich zwar nicht neu terminieren, aber dieser Schaden bleibt überschaubar.

Finanzkrisen sind von einer völlig anderen Dimension. Sie ähneln einem Krebsgeschwür, das jahrelang in einem Körper wuchert. Finanzkrisen sind ein Systemversagen des Kapitalismus. Sie kommen von innen, nicht von außen wie ein Virus.

Krebsgeschwüre, die zunächst gutartig erscheinen

Finanzkrisen entstehen immer dann, wenn zu viele Kredite gewährt werden. Meist wird die Gefahr gar nicht erkannt, weil genau diese Kredite zunächst für Wachstum und Wohlstand sorgen. Die Finanzkrise 2008 war dafür typisch: In den USA, aber auch in Großbritannien, ­Irland, Spanien, Island oder Lettland wurden ungebremst Hypotheken vergeben, sodass die Baubranche boomte und die Häuserpreise stiegen. Alle schienen reicher zu werden. Doch jede Finanzblase platzt irgendwann: Der Kreditfluss stockt, die Häuserpreise fallen – und Millionen Menschen sind plötzlich überschuldet. Sie haben Darlehen aufgenommen, für die es gar keinen Gegenwert gibt, nachdem der Immobilienmarkt zusammengebrochen ist.

Als Nächstes kollabieren daher die Banken, weil Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden. Der Staat muss einspringen und diese Institute mit Milliardensummen stützen, um zu verhindern, dass sich die Krise weiter durch die Wirtschaft frisst. Sehr viele Menschen glauben, dass mit diesen Rettungsaktionen die Finanzkrise vorbei sei. Schön wär’s.

Auch in der Finanzkrise hatten viele Banken Angst vor der Gefahr einer Ansteckung

Bei einem Krebsgeschwür sind oft jene Entartungen besonders tückisch, die zunächst als gutartig erscheinen. So ist es auch bei Finanzkrisen. Das zentrale Problem taucht ausgerechnet dort auf, wo die Tugend mustergültig zu walten scheint: Es handelt sich um jene Häusle­bauer, die zwar überschuldet, aber nicht gänzlich pleite sind, und die nun eisern sparen, um ihre Kredite zurückzuzahlen. Wenn aber Millionen Bürger auf Konsum verzichten, dann fehlt Nachfrage, und die Wirtschaft lahmt. Die Last der Vergangen­heit zerstört die Zukunft.

Finanzkrisen schwächen eine Wirtschaft auf Jahre; die Eurozone hat dies genauso erlebt wie die USA. Beim Coronavirus ist dies nicht zu erwarten. Also keine falsche Panik.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Viren sind Viren, gefährlich wird der Coronavirus erst , wenn wir aus Panik vor Fremden Überreaktion in unserem Immunsystem auslösen.

    In Deutschland gab es 2008, anders als in genannten Ländern, keine Hypothekenkredit- , sondern eine Verbraucherkreditblase, verursacht durch deutsche Automobilindustrie, Maschinenbauer, Technologie Systemanbieter mit eigenen aber unterfinanzierten Banken, Finanzdienstleistern für Kunden deutscher Exportwirtschaft im Ausland, politische Risiken gedeckt durch die Hermeskreditversicherungsanstalt, weil Ausland Kunden Kredite massenhaft in Schieflage gerieten.

    Die systemrelevante Finanzindustrie, Versicherungswirtschaft kennt keine Krisen mehr, wenn da Akteure ins Trudeln geraten, sinnt diese Industrie auf ein Narrativ die Krise unter großen Lamento, Grab-, Panikgesängen sozialer Marktwirtschaft von sich weg in die Realwirtschaft zulasten der Steuerzahler zu schieben. Beim Erfinden solcher Narrative schreckt die Finanzindustrie nicht davor zurück, frei flotierende Panik Angebote wie das Coronavirus Covid19 für sich als Leidende zu vereinnahmen, ihren Altlast Problemen, Kursverfall an den Weltbörsen zu unterlegen. Die Gelegenheit ist zockend zu verlockend, weil es dieser Geldindustrie aus Feigheit vor Freunden an Mut zur Selbstregulierung fehlt, eigene Stabilisierungsmechanismen zu entwickeln.

    Das gelingt dann, wenn die Politik mitspielt, Beim Coronavirus tut sie es global wie auf Kommando, Protektionismus bejahend, Grenzübergänge schließend, Abbau von Handel, Wandel Verkehr von Personen, Gütern, Dienstleistungen durchzuregieren als befände sich die Welt im Krieg, was wir ja seit Nine Eleven01 sind, Krieg gegen internationalen Terrorismus mit wechselnden Koalitionen Williger und Anlässen, als gelte es, angesichts Coronaviren, auf dem Weg zu relativer Autarkie das Lied der Kommandowirtschaft zu singen, aber anders als sein Komponist Leopold Kohr es meint „Small is beautiful“ in seinem Buch „The Breakdown of Nations“ 1957?

  • Meines Erachtens ein wenig voreilig. Nachholeffekte mag es geben, wenn der Virus irgendwann "besiegt"ist, aber Nachholeffekte sind immer nur begrenzt möglich. China kann, nur als Beispiel, die Produktionsstunden, die bisher ausgefallen sind, bis zum Jahresende kaum noch aufholen. Und damit fehlen dem Land und damit den Menschen in diesem Land natürlich viel Geld. Dass es dabei die ärmeren Menschen mehr trifft als die reicheren ist eh klar.

    Ich wäre auch vorsichtig mit der Aussage, dass das Coronavirus die Wirtschaft nicht auf Jahre schwächen wird. Wir wissen noch nicht, wie sich das Virus entwickeln wird. Es kann schwächer werden und dann aussterben, wie das bei SARS und MERS der Fall war. Je mehr Menschen sich infizieren, um so größer wird aber auch die Gefahr, dass das Virus dauerhaft überlebt und wir von Genveränderungen ausgehen müssen. Nur noch mal zur Erinnerung: Bei der "spanischen Grippe" gab es mehrere Krankheitswellen, wovon die mittlere Krankheitswelle die tödlichere war. Über 3 Jahre verteilt waren zwischen 25 und 50 Mio. Tote die Folge. Dass das nicht nur "die Wirtschaft" über Jahrzehnte geschwächt, sondern ganze Ortschaften ausgelöscht hatte, sollte für uns eine Warnung sein, die Pandemie ernst zu nehmen. Dass die USA 1918 das nicht getan haben, war der Grund für die massenhafte Ausbreitung.

  • Ich halte eine solche Einschätzung zum derzeitigen Zeitpunkt für voreilig. Man weiß noch viel zu wenig über das Virus. Insofern kann man auch in keiner Weise vorhersagen, wann es sich wieder "verflüchtigt", wieviele Opfer es bis dahin gefordert hat, ob und wann ein Impfstoff entwickelt werden kann, ob das menschliche Immunsystem in der Lage sein wird, es zu bekämpfen, ob es möglicherweise Spätfolgen nach sich ziehen kann und noch vieles mehr. Vielleicht erweist es sich als relativ harmlos, vielleicht aber auch nicht. Sollte Letzteres zutreffen, dann stünde die Weltwirtschaft vor der Frage, wie sie sich mit einer erheblich reduzierten Weltbevölkerung wieder aufbaut und was die Zeit bis dahin mit den politischen Systemen machen wird.



    Ergo - Fragen über Fragen...