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Corona und LebensmittelAngst vor der Wursttheke

Virologen erkennen keine erhöhte Ansteckungsgefahr beim Einkauf – wenn man sich schützt. Ein Risiko sind nur die Mitmenschen, wenn sie zu nah kommen.

Guit geschützt zum Einkaufen Foto: Peter Steffen/dpa

Berlin taz | Die Frage stellen sich viele derzeit: Wie riskant ist Einkaufen? Die Gefahr, sich im Supermarkt mit Corona anzustecken, scheint erst mal erhöht zu sein. Es ist schwer, in den engen Gängen die geforderten 1,5 Meter Abstand zu halten. Dazu gehören Lebensmittelläden zu den wenigen Orten, an denen sich derzeit noch viele Menschen gleichzeitig aufhalten dürfen.

Einige Supermärkte haben inzwischen als Maßnahme Abstandslinien aufgeklebt, um die Schlangen an den Kassen zu entzerren. Der Virologe Hendrik Streeck sieht die Ansteckungsgefahr in so einer Situation eher gering an. Bei Markus Lanz sagte er, es gebe bisher „keine nachgewiesenen Ansteckungen beim Einkaufen“.

Wissenschaftler wie Streeck weisen darauf hin, dass die Gefahr einer Ansteckung größer wird, je länger man sich mit einer infizierten Person in einem Raum aufhält. Deshalb lautet der Rat des Mikrobiologen Donald Schaffner: Einkäufe möglichst schnell erledigen, Hände vor und nach dem Einkauf mindestens waschen und wiederverwendbare Einkaufstüten reinigen.

Der FDP-Gesundheitspolitiker und Professor für Infektiologie, Andrew Ullmann, bezeichnete es in der Rheinischen Post als sinnvoll, wenn „Lebensmittelläden und Apotheken beim Ein- und Ausgang Desinfektionsmittel bereitstellen würden“.

Eine Schmierinfektion durch das Berühren von kontaminierten Oberflächen ist beim Coronavirus zwar möglich, kommt nach Meinung von Virologen aber selten vor. Die große Mehrheit der Ansteckungen findet durch Tröpfchen statt, die beim Husten und Niesen ausgestoßen werden. Auch gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse, wie lange genau das Virus auf Oberflächen aktiv und ansteckend bleibt. Der Mikrobiologe Schaffner sagt dazu, bei Raumtemperatur sei eine Halbwertszeit des Virus von ungefähr acht Stunden festgestellt worden.

Mit Wasser abwaschen

Er hält es für den besten Schutz, die allgemeinen Hygieneregeln einzuhalten. Selbst wenn man eine Oberfläche berühre, auf der Viren vorhanden sind, sei man nicht automatisch infiziert. Von der Idee, Lebensmittel mit Seife zu waschen oder direkt zu desinfizieren, rät Schaffner hingegen ab. Der Verzehr von Seife etwa könne zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall führen. Frische Früchte und Gemüse solle man aber gründlich mit kaltem Wasser abwaschen.

Auch das Tragen von Schutzmasken wird kontrovers diskutiert. Die Stadt Jena etwa folgte dem Beispiel Österreichs und möchte seine Einwohner verpflichten, beim Einkauf sowie im öffentlichen Nahverkehr Schutzmasken zu tragen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) sagt, es gebe keine wissenschaftlichen Beweise, „dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes das Risiko einer Ansteckung für eine gesunde Person, die ihn trägt, signifikant verringert“. Allerdings würden sie helfen, andere zu einem gewissen Grad vor der Ansteckung zu schützen.

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8 Kommentare

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  • ..."es gebe keine wissenschaftlichen Beweise, „dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes das Risiko einer Ansteckung für eine gesunde Person, die ihn trägt, signifikant verringert“. Allerdings würden sie helfen, andere zu einem gewissen Grad vor der Ansteckung zu schützen. ---> aber wenn die Person doch gesund ist .....???? Wer soll denn dann geschützt werden ?

    • @püppi von Wegen:

      Die Person soll vor Ansteckung durch andere geschützt werden, die unter Umständen für zwei Wochen gar nicht wissen, dass sie ansteckend sind?

      Das kann doch echt nicht so schwer zu verstehen sein? Warum breitet sich denn dieses Virus sonst immer noch so schnell aus? Weil Menschen andere infizieren, bevor sie selber überhaupt merken, dass es sie erwischt hat bzw. viele selbst dann noch nicht einmal wissen, ob das nur eine Erkältung ist oder nicht.

      Was verdammt nochmal ist daran so schwer zu verstehen? Wenn jeder Überträger sein kann, muss sich jeder so verhalten, als ob er einer wäre. Den ganzen Tag lang. Wenn das alle drei Wochen lang tun würden, würde das Virus einfach aussterben, weil es niemanden mehr anstecken würde und die, die es schon haben, entweder wieder gesund oder tot wären.

      Das kann doch gar nicht so schwer zu verstehen sein? Manchmal glaube ich, dieses Virus ist quasi nur ein Intelligenztest für unsere Zivilisation. Ich befürchte wir werden durchfallen.

  • Ja, Schmierinfektionen sind selten, meist ist es die Tröpfcheninfektion. Man soll sich aber auf jeden Fall ständig die Hände waschen während Masken nichts bringen. Warum? Weil es Seife gibt, aber keine Masken.

    Der magische Abstand von 1,5 Metern ist keine harte Grenze: Wer hustet, niest oder laut spricht, dem sollte man besser auch nicht 1,5 Meter nahe kommen. Wer nur durch die Gänge huscht, an dem kann man sich gefahrlos auch näher vorbeidrücken. In geschlossenen Räumen (ÖPNV!) mit vielen Menschen sind 1,5 Meter einfach zu wenig.

    Viruslast: Es ist inzwischen bekannt, dass mehr Viren bei einem Kontakt mit einem Infizierten nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Infektion erhöhen, sondern auch deren Verlauf schwerer machen, weil das Virus sofort mit einer höheren Zahl starten kann und sich schon deutlich stärker vermehrt hat, bevor das Immunsystem weiß was los ist. Deswegen nützen auch Masken, die im Fall eines Falles einfach nur einen Teil der Viren bzw. virenbelasteten Aerosole abhalten. Schon einfacher Baumwollstoff hält einen Großteil ab (wenn auch nicht so viele wie richtige Filtermasken).

    Und so weiter. Man fühlt sich behandelt wie ein Kind.

    • @Mustardman:

      Danke, Mustardman.

      "Allerdings würden sie [Mund-Nasen-Schutz] helfen, andere zu einem gewissen Grad vor der Ansteckung zu schützen."



      Darum geht es doch!! Es laufen Tausende Infizierte (noch) ohne Symptome da draußen rum, die andere unwissentlich und unwillentlich anstecken, und die Politik will keinen Mundschutz einführen?? Weil es die Ware nicht zu kaufen gibt?



      Ich kapier es einfach nicht.

      • @Katrina:

        Ab sofort hat jeder ein Stück Mondgestein mit sich zu führen. Gibt es nicht? Interessiert nicht. Hilft nicht? Spielt keine Rolle.



        Es ist Pflicht, bitte nicht hinterfragen.

        • @schwarzwaldtib:

          Wenn Mondgestein helfen würde und man es so einfach selber anfertigen könnte wie solche doofen Masken, ja, dann sollte man das vorschreiben.

          Hier: ragmask.com - ein Nähanleitung für ein Stück Stoff und vier Nähten, dafür muss man echt kein Virtuose an der Nähmaschine sein und ein T-Shirt oder einen Kopfkissenbezug wird ja wohl jeder opfern können.

          Und das ergibt sogar eine richtig tolle Maske und wer will, soll einen Smiley oder Blumen draufmalen. Man MUSS ja im Alltag nicht aussehen wie eine OP-Schwester.

      • @Katrina:

        Ja, ich verstehe die Motivation irgendwie: Leute im Medizinbereich, die jeden Tag 100mal mit Infizierten zu tun haben, brauchen richtige Masken viel dringender als jemand, der alle drei Tage mal einkaufen geht. Das stimmt soweit.

        Aber das wird dann so umgesetzt, dass wir alle behandelt werden wie Kinder, die die Wahrheit nicht verstehen und anstatt zu sagen "wir brauchen richtig gute Masken für richtig wichtige Stellen, also hortet sie nicht bzw. spendet sie sogar und nehmt selber ein T-Shirt oder einen Schal oder näht euch was, Leute!" lügt man uns stattdessen an und tut so, als seien Masken völlig falsch und sinnlos, weil wir ja doofe Kinder sind.

        DAS ist das Problem. Behandelt doch einfach die Bevölkerung dieses Landes wie erwachsene Menschen! Sie sind ja im Durchschnitt 47 Jahre alt und gar nicht so richtig dumm. Sagt Ihnen, dass sie richtig gute Masken besser denen geben sollen, die sie jede Minute brauchen, aber sagt ihnen auch, dass sie selber auf jeden Fall besser dran sind mit einem Tuch über Mund und Nase als mit gar nichts.

        Das kann doch nicht so schwer sein. Ich bin kein Kind und kein Idiot und ich will auch nicht so behandelt werden.

  • Was der Virologe Hendrik Streeck jetzt gesagt hat und vorher schon in seinen Befragungen, ist letztenendes nix anderes als der Prof. Sucharit Bhakdi, Prof. Dr. Stefan Hockertz, Immunologe; Prof. Dr. Carsten Scheller, Virologe; Dr. Wolfgang Wodareg, Dr. Köhnlein, Dr. Schiffmann und die vielen anderen, deren Namen ich jetzt nicht mehr weiß, die mann wenn man will sehen und hören kann.