Corona und Gender: Geld für Männer
Die Grünen rügen die Verteilung der Gelder im Konjunkturpaket. Die meisten Mittel kommen männerdominierten Branchen zugute.
![drei Frauen mit Kinderwagen als Schattenriss zu erkennen drei Frauen mit Kinderwagen als Schattenriss zu erkennen](https://taz.de/picture/4514751/14/Gruene_Gelder_Konjunkturpaket_maennerdominiert_Branchen_Corona_-1.jpeg)
Obwohl Frauen eine große Last während der Coronapandemie schultern, weil sie die Ausfälle in der Kinderbetreuung privat kompensieren müssen und häufiger in Gesundheitsberufen und im gebeutelten Gastgewerbe arbeiten, werden sie durch die staatlichen Coronahilfen weniger unterstützt als die Männer. In Fragen der Geschlechtergerechtigkeit sei die Bundesregierung „auf einem Auge blind“, sagte die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Ulle Schauws, am Freitag beim Vorstellen einer Studie.
Die Politikwissenschaftlerin Claudia Wiesner von der Hochschule Fulda hatte die Verteilungswirkung des „Konjunkturpaketes“ auf die Geschlechter analysiert. Das Paket war in der Coronapandemie wegen der dadurch bedingten Ausfälle und Einschränkungen im Sommer von der Bundesregierung auf den Weg gebracht worden.
73 Prozent des Gesamtvolumens, nämlich 121 Milliarden Euro, entfielen auf Branchen und Bereiche, in denen mehrheitlich Männer vertreten sind, sagte Wiesner. Nur 4,25 Prozent dagegen gingen an Branchen, in denen mehrheitlich Frauen arbeiteten.
Die Förderung von Infrastruktur und Investitionen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Innovation sowie die Förderung von Bildung und Gesundheit käme vor allem Männern zugute, denn die Unterstützungen beträfen nur bauliche Investitionen; es gebe keine direkte Förderung von Beschäftigung in Bildung, Erziehung und Gesundheit, so Wiesner.
Nur ein Bruchteil geht in den Kulturbereich
Im Baugewerbe betrage der Frauenanteil an den Beschäftigten nur ein bis 15 Prozent, im IT-Bereich 17 Prozent, erklärte die Wissenschaftlerin. Nur eine Milliarde Euro des Konjunkturpakets entfalle auf den Kulturbereich, in dem viele Frauen tätig sind.
Wiesner rügte, dass erwerbstätige verheiratete Frauen ein niedrigeres Kurzarbeitergeld oder ein niedrigeres Arbeitslosengeld I als die Männer bekommen, wenn sie zuvor nach Steuerklasse V besteuert wurden. Das Kurzarbeitergeld bemisst sich nach dem zuvor erzielten Nettoentgelt, dieses wiederum ist niedrig, wenn frau nach Steuerklasse V besteuert wird.
Denn die Steuerbelastung in der Klasse V ist hoch, weil der Mann im Gegenzug die Steuerklasse III in Anspruch nimmt, die eine relativ günstige Besteuerung vorsieht. Die Kombination beider Klassen wird oft von ungleich verdienenden Paaren gewählt.
Ulle Schauws erklärte, die Grünen forderten die Abschaffung der Steuerklasse V und des Ehegattensplittings. In einem Antrag an den Bundestag hatten die Grünen gefordert, die Coronamaßnahmen einem „Geschlechtergerechtigkeits-Check“ zu unterziehen.
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