Corona-Impfung für Kinder: Pieksen nur wer will
Eltern können ihre 12-Jährigen ab dem 7.Juni gegen Covid-19 impfen lassen. Sie müssen aber nicht. Die moralische Wahlfreiheit ist gut so.
S chon jetzt klingeln bei vielen Kinder- und Jugendärzt:innen fortwährend die Telefone und die Zahl der Anfragen wegen Corona-Impfungen wird nochmal in die Höhe schnellen. Denn Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Donnerstagabend nach dem Treffen mit den Ministerpräsident:innen der Länder erklärt, dass sich die Eltern von Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren um einen Impftermin ab dem 7. Juni bemühen können.
Vorausgesetzt, dass am heutigen Freitag die EU-Arzneimittelbehörde EMA dem Coronavakzin von Biontech/Pfizer eine Zulassung erteilt, wovon auszugehen ist. Es wird allerdings nicht mehr Biontech-Impfstoff geben, nur weil am 7. Juni die Priorisierung für alle aufgehoben wird und sich jetzt auch halbwüchsige Kinder in die Schlangen stellen. Merkel verwies auf die Ständige Impfkommission (Stiko), die nach der EMA-Zulassung eine Empfehlung für die Impfung aussprechen wird.
Empfohlener externer Inhalt
Stiko-Präsident Thomas Mertens hat erklärt, dass er vor allem die Impfung von Kindern mit Vorerkrankungen als sinnvoll betrachtet. Viele Ärzt:innen werden sich an der Stiko orientieren, der Impfstoff Biontech/Pfizer wird wohl erstmal eher an Kinder mit Herz-, Lungen- und anderen Vorerkrankungen vergeben werden. Diese Priorisierung ist völlig in Ordnung. Man geht davon aus, dass 60 Prozent der Eltern ihre Kinder ab 12 Jahren impfen lassen wollen.
Bei einem an Kindern so wenig erprobten Vakzin ist die Impfzurückhaltung der anderen 40 Prozent verständlich. Die Studienlage zu Corona-Impfungen an Kindern ist nicht gerade üppig, und die Wissenschaftler:innen können nicht mal eben ein paar weitere aussagekräftige Studien hervorzaubern, nur weil sich das manche Politiker:innen wünschen.
Irgendeine schulische, sportliche oder kulturelle Teilhabe an die Impfbereitwilligkeit der Eltern zu koppeln, wäre jedenfalls fatal, und das ist auch nicht vorgesehen. Der Unterricht werde sowohl für Geimpfte als auch für Ungeimpfte gleichermaßen gestaltet. Das versicherte die Kanzlerin. Abstands- und Maskenregeln gelten weiterhin unverändert.
Die Inzidenzen sinken aktuell erfreulich steil. Vielleicht kann die Impfung der Kinder mal ohne Druck oder Verunglimpfungen und ideologiefrei betrachtet werden. Die Chance jedenfalls besteht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!