Corona-Apps der Bundesregierung: Auf Google fixiert
Ohne den US-Giganten sind die Corona-Apps der Regierung nicht nutzbar. Das macht es Nutzer*innen, die sich nicht überwachen lassen wollen, unnötig schwer.
D a investiert der Staat eine zweistellige Millionensumme, um zwei Apps entwickeln zu lassen, die bei der Pandemiebekämpfung helfen sollen: die Corona-Warn-App und die CovPass-App, also den digitalen Impfpass. Man sollte also annehmen, es wäre im staatlichen Interesse, dass möglichst viele Menschen diese Apps nutzen können. Ebenso liegt auf der Hand, die Anwendungen folglich so zu programmieren und bereitzustellen, dass sie für möglichst viele Menschen erreichbar und für möglichst viele Smartphones kompatibel sind.
Tja, falsch gedacht. Zwar sind Apple-Nutzer:innen an den unternehmenseigenen App-Store gebunden. Bei Googles Android ist das aber nicht so. Und auch wenn die beiden Corona-Apps der Bundesregierung Open Source sind – der Programmcode also einsehbar ist –, sie sind dennoch so designt und bereitgestellt, dass Nutzer:innen mit älteren Geräten oder solchen ohne Google-Diensten außen vor bleiben.
Diese Lücke haben nun schon zum zweiten Mal Programmierer:innen in ehrenamtlicher Arbeit geschlossen. Ende letzten Jahres für die Corona-Warn-App und diese Woche für die Impfpass-App. Beide sind damit auch außerhalb des Google-Kosmos erhältlich und nutzbar. Die Freiwilligen haben Zeit und Aufwand in etwas gesteckt, das eigentlich Aufgabe der staatlichen Akteure gewesen wäre.
Weiß niemand in der Bundesregierung, dass man ein Android-Telefon auch ohne Google-Dienste nutzen kann? Und dass das aus Privatsphäregründen ziemlich sinnvoll ist? Es zeugt schon von solider Ignoranz des staatlichen Auftraggebers, diesen Bedarf einfach zu übergehen.
Die Corona-Apps sind übrigens keine Ausreißer. Egal ob es um Anwendungen geht, die Ministerien bereitstellen, gesetzliche Krankenkassen oder andere öffentliche Akteure: Nutzen kann sie in aller Regel nur, wer sich dem Diktat des Betriebssystemherstellers unterwirft. Das passt zur restlichen Technologiepolitik der Regierung, die mehr Wert auf schöne Fotos (Flugtaxis!) legt als auf Nutzer:innenfreundlichkeit und Sinnhaftigkeit. Sie macht es damit allen schwer, die sich gegen Überwachung wehren wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge