Chinas Friedensplan für die Ukraine: Zweifelhafter Vermittler
China fährt im Ukrainekrieg eine Doppelstrategie: loyal zu Russland, keine direkte Einmischung. Die USA glauben, dass Peking bald Waffen liefern könnte.
In Washington werden die chinesisch-russischen Annäherungen mit Sorge betrachtet. Der Grund: Die US-Regierung befürchtet, dass China im Ukrainekrieg eine stärkere Rolle einnehmen könnte – an der Seite Russlands. Außenminister Anthony Blinken sprach am Sonntag in einem Fernsehinterview davon, dass man ausreichend Informationen darüber habe, wonach China die Lieferung von Waffen nach Russland erwäge. Das Pekinger Außenministerium reagierte am Montag barsch: Man dulde keinen „Druck“ aus den USA, welche aufhören sollten, „Desinformation zu verbreiten“.
Erst am Wochenende hatte Wang Yi bei der Münchner Sicherheitskonferenz eine Art Friedensinitiative für die Ukraine angekündigt. Die Details sind noch unklar, sie sollen am Ende der Woche bei den Vereinten Nationen vorgestellt werden. Doch dass China wie angekündigt seinen Einfluss auf Moskau nutzen wird, um eine Friedenslösung zu erreichen, ist eher zweifelhaft.
So macht Peking nach wie vor ausschließlich Washington als Provokateur und Auslöser für den Krieg verantwortlich, den es verniedlichend „Ukrainekonflikt“ nennt. Dass dieser von Moskau begonnen wurde, erkennt Peking bis heute nicht an. Im Gegenteil: Auch bei seinem Besuch in Russland dürfte Wang wie gewohnt gegen den Westen wettern und die engen Beziehungen mit Moskau preisen.
Dabei wäre es rein rational nicht im Interesse Chinas, als aktiver Waffenlieferant einen Bruch mit dem Westen zu riskieren. Denn Peking ist bislang gut mit seiner Doppelstrategie gefahren, die Experten als „prorussische Neutralität“ bezeichnen: „Prorussisch“ agiert die chinesische Regierung insofern, als dass sie Putin bislang nicht offen kritisiert, ja nicht einmal als Aggressor in diesem Konflikt bezeichnet. „Neutral“ stimmt jedoch ebenfalls, da man keine Waffen liefert und Sanktionen bricht.
Die Chemie zwischen Xi und Putin ist gut
Damit profitiert das Land durchaus vom Krieg. Denn er hat Russland zu einem abhängigen Juniorverbündeten gemacht, der nicht nur im UN-Sicherheitsrat politische Loyalität an den Tag legt, sondern auch als Handelspartner verlässlich Energie und Militärtechnologie liefert, zu günstigen Konditionen noch dazu.
So dürften Pekings Machthaber an der Freundschaft zu Russland auch langfristig nicht rütteln, und schon gar nicht unter dem amtierenden Staatschef Xi Jinping. Die Chemie zwischen ihm und dem Kremlchef gilt als gut, schon oft haben sich die beiden getroffen. Was die Staatschefs eint: das Ziel, die Dominanz der westlichen Weltordnung zu beenden.
Noch immer kontrollieren die chinesische Zensoren genauestens, zu welchen Informationen die eigene Bevölkerung Zugang erhält: In der aktuellen Titelgeschichte des chinesischen Wirtschaftsmagazins Caixins heißt es beispielsweise ganz offen, dass Russland eine „vollständige Invasion gegen die Ukraine“ gestartet hat. In der chinesischsprachigen Version hingegen schreiben die Autoren lediglich von einem „Konflikt zwischen Russland und der Ukraine“.
Auch Wang Yi zelebriert dieses scheinheilige Doppelspiel, wenn er sich vor europäischen Staatschefs als Vermittler gibt, während er in Moskau die enge Freundschaft mit Russland beschwört.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?