Chinas Allianz mit Russland: „Felsenfeste Freundschaft“
China wird im Ukrainekrieg nicht der Vermittler sein, auf den manche im Westen hoffen. Das hat Außenminister Wang Yi am Montag deutlich gemacht.
!["Wir unterstützten die Ukraine" in chinesischer Schrift vor der kanadischen Botschaft in Peking "Wir unterstützten die Ukraine" in chinesischer Schrift vor der kanadischen Botschaft in Peking](https://taz.de/picture/5433852/14/29632394-1.jpeg)
Wie jedes Jahr trat Wang zu Beginn des in Peking tagenden Nationalen Volkskongress vor die internationale Presse. Die choreografierte Veranstaltung, bei der nur handverlesene und vorher eingereichte Fragen beantwortet werden, wirkte in Zeiten der Pandemie noch künstlicher als sonst: Der Außenminister ließ die Pressevertreter zwar einen Tag zuvor bereits in Hotelzimmer „isolieren“, erschien dann aber trotzdem nur auf einer riesigen Videoleinwand. Die Distanz ist auch eine Metapher für den Elfenbeinturm der chinesischen Politelite, deren Wortphrasen längst von jedweder Realität entkoppelt sind.
Dennoch lohnt sich das Hinhören, gerade für europäische Diplomaten. Zuletzt hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell der Volksrepublik eine Vermittlerrolle in dem Konflikt quasi von außen attestiert: „Es muss China sein, ich vertraue darauf“, sagte Borrell am Wochenende – und steht damit nur wenige Tage später reichlich naiv da. Denn wer tatsächlich noch Hoffnungen darauf hegte, dass sich Peking von seiner demonstrativen Nähe zu Putin distanziert, sollte sich nun endgültig davon verabschieden.
Ohnehin hat Chinas Führung bislang das genaue Gegenteil einer Vermittlerrolle eingenommen: Öffentlich hat sich die Regierung trotz der russischen Invasion zu einer „grenzenlosen“ Partnerschaft mit Putin bekannt und über seine Staatsmedien die pro-russische Propaganda übernommen. Chinas Diplomaten weigern sich bis heute, die Invasion Russlands überhaupt beim Namen zu nennen: Noch immer sprechen sie von einer „militärischen Operation“, die von den USA provoziert wurde.
Selbst in die Falle gelaufen
Dabei weiß Xi Jinping nur allzu gut, dass seine „strategische Partnerschaft“ mit Russland mit einem immensen wirtschaftlichen Preisschild versehen ist. Möglicherweise hat sich Chinas Staatschef dabei auch verzockt. „Es schaut nach einer Fehlkalkulation aus, dass sich China so weit hinausgelehnt hat. Aber es wäre auch schädlich, diese Position jetzt zurückzunehmen“, analysiert Andrew Small vom „German Marshall Fund“ auf Twitter. Kurzum: China hat sich in eine rhetorische Falle begeben, aus der es nicht mehr ohne Gesichtsverlust hinausfinden kann.
Doch feststeht: Egal wie man es dreht und wendet, ist die ganze Angelegenheit für die Volksrepublik höchst unangenehm. Denn angesichts des Ukraine-Konflikts wirft die Regierung sämtliche jahrzehntealte Grundprinzipien seiner Außenpolitik über Bord – allen voran den Respekt gegenüber der Souveränität von Staaten.
Dementsprechend hält sich Peking bei seinen Aussagen immer auch ein rhetorisches Hintertürchen offen, um seine Position nicht allzu sehr festlegen zu müssen. Denn die Kader in Peking wollen insbesondere kurz vor Beginn des 20. Parteikongresses im Herbst, während dem Xi Jinping seine umstrittene dritte Amtszeit ausruft, keine destabilisierende Krise heraufbeschwören.
Doch die eigene Bevölkerung schwört der Zensurapparat bereits auf die enge Freundschaft mit Russland ein. Während auf den sozialen Medien selbst hochrangige Professoren antisemitische Verschwörungstheorien über die ukrainische Regierung und die NATO verbreiten, löschen die Zensoren fast sämtliche kremlkritischen Stellungnahmen gegen den russischen Angriffskrieg.
Auch als Alumni der renommierten Tsinghua-Universität in Peking dazu aufriefen, Wladimir Putin den 2019 verliehenen Ehrendoktor abzuerkennen, wurde die Petition nur wenig später aus dem Netz verbannt.
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