Ceta-Abstimmung in Frankreich: „Habt den Mut, Nein zu sagen!“
Vor der Abstimmung über das Freihandelsabkommen appelliert Ex-Umweltminister Hulot an die Abgeordneten. Sein Wort hat Gewicht.
Am Dienstagabend stimmt die Nationalversammlung über den Pakt zwischen der EU und Kanada ab. Weite Teile des Abkommens sind bereits vorübergehend in Kraft. Die übrigen Teile – darunter die umstrittenen Schiedsgerichte für Unternehmensklagen – werden erst rechtsverbindlich, wenn alle EU-Staaten Ceta ratifiziert haben. Unklar ist, was mit den geltenden Bausteinen geschieht, wenn ein Land den Pakt ablehnt.
Für Ex-Umweltminister Hulot ist nicht akzeptabel, dass durch Ceta-Bestimmungen in der EU verbotene Praktiken in der Rinderzucht wie „Tiermehl, Antibiotika und Wachstumsförderung“ importiert würden. Hulot wünscht sich, dass eine Ablehnung der Nationalversammlung zu einer neuen Verhandlungsrunde über ein modifiziertes Abkommen führt. Kritik an Ceta gibt es in Frankreich unter anderem von den Interessenverbänden der Landwirtschaft und von linken Gegnern einer Handelsliberalisierung auf Kosten der Gesundheits- und Umweltnormen sowie sozialer Errungenschaften.
Das Wort des populären Umweltschützers Hulot hat Gewicht, weil er noch vor wenigen Monaten eines der prominentesten Mitglieder der Regierung war. Ob und wie viele Abgeordnete der Mehrheit von Emmanuel Macrons La République en marche (LREM), die normalerweise alle Regierungsvorlagen durchwinken, seinem Aufruf folgen, ist unklar.
Mehrheit der Franzosen gegen Ceta
Nach einer heftigen Debatte musste vor fünf Tagen auf Druck der Opposition von links und rechts das Votum über die Ratifizierung, das ursprünglich eine bloße Formalität sein sollte, verschoben und als „feierliche Abstimmung“ angesetzt werden. Dies zwingt die Abgeordneten, beim Votum persönlich im Saal anwesend zu sein und namentlich abzustimmen. Jüngsten Umfragen zufolge stößt Ceta bei zwei Dritteln der Franzosen und Französinnen auf Ablehnung.
Bisher wurde Ceta in 13 Mitgliedsländern der EU ratifiziert. Deutschland schiebt die Abstimmung im Parlament ebenso auf die lange Bank wie Luxemburg.
Auch in Belgien – dem Land, das mit Einwänden gegen Ceta in letzter Minute beinahe eine Krise ausgelöst hätte – liegt der Pakt auf Eis. Dort ist die Regierungsbildung nach der Wahl im Mai noch nicht abgeschlossen.
Aber auch die EU hat noch nicht ihre Hausaufgaben gemacht, meint Paul Magnette, einer der Wortführer des belgischen Widerstands. „Die Schiedsgerichte für Unternehmen haben in meinen Augen keine Existenzberechtigung“, sagte der frühere Präsident der Region Wallonie, der heute die sozialistische Partei in Südbelgien führt.
Zwar hatte der Europäische Gerichtshof Ende April festgestellt, dass die geplante Schiedsgerichtsbarkeit mit EU-Recht vereinbar ist. Magnette gibt trotzdem Kontra. „Das schafft eine Asymmetrie, denn kleine Hersteller, Verbraucher und Arbeitnehmer werden benachteiligt“, kritisierte er. Das Sondergericht nutze vor allem großen Konzernen. Ceta sei „nicht akzeptabel“.
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