piwik no script img

CSU-Klausurtagung in AndechsBotschaft vom heiligen Berg

Die CSU hat im idyllischen Kloster Andechs getagt. Das Ergebnis: Forderungen nach mehr Elterngeld, ein Ende von „Habecks-Heiz-Hammer“ und übliches Ampel-Gebashe.

Dobrindt und Söder vor dem Kloster Andechs Foto: Sven Hoppe/dpa

KLOSTER ANDECHS taz | Das schöne Bayern, das dem Vernehmen nach ja die CSU erfunden haben soll, gibt sich mal wieder die Ehre: Als Markus Söder um Punkt 11.30 Uhr vor dem Kloster Andechs aus der Limousine steigt, hat sich die Gewitterfront längst gen Osten verzogen. Strahlende Sonne beleuchtet das Postkartenpanorama. Es ist die CSU-Landesgruppe im Bundestag, die sich die Wallfahrtsstätte als Austragungsort für ihre eintägige Klausurtagung gewählt hat – den „heiligen Berg“, wie ihr Chef Alexander Dobrindt gleich mehrfach betont.

Mit seinem wichtigsten Gast, Parteichef Söder, tritt er sogleich vor die Journalisten – und einige Touristen – und spricht über Respekt. Kaum einer der Sätze seines Eingangsstatements kommt ohne die Vokabel aus. Respekt vor der Familie, Respekt vor Leistung und Respekt vor Sicherheit fordert Dobrindt. Vom heiligen Berg aus wolle man ein Signal senden gegen die Respektlosigkeit der „Arroganz-Ampel“. Das Papier, das die Bundestagsabgeordneten in Andechs beraten, heißt folgerichtig: „Unsere Respekts-Agenda“ und umfasst etliche konkrete Forderungen, die sich unter den drei Kategorien subsumieren lassen.

So wird darin etwa gefordert, das Elterngeld entgegen den Plänen der Ampel nicht zu kürzen, sondern auszubauen. Wenn beide Elternteile Elternzeit nehmen, sollen sie nicht wie bisher zwei, sondern vier zusätzliche Monate lang Elterngeld beziehen können – einkommens­unabhängig. Auch in der diskutierten Abschaffung des Ehegattensplittings sieht die CSU einen Angriff auf die Familien, den sie kategorisch ablehnt.

Die Erhöhung der Erbschaftsteuer wiederum wollen Dobrindt und Söder rückgängig machen. Eigenheime sollen nach ihrem Willen steuerfrei an die nächste Generation übertragen werden können, sei es als Schenkung oder als Erbe – auch wenn es vermietet wird. Einzige Bedingung: Erben dürfen die geerbten Immobilien zehn Jahre lang nicht verkaufen.

Söder will Mehrwertsteuer auf Lebensmittel kippen

Auch CSU-Chef Söder, der in Bayern gerade mitten im Wahlkampf steht, setzt zu einer Rundum-Abrechnung mit der Ampel an. Die CSU bezeichnet er als „den Anwalt der Mitte, der Normalverdiener, der hart arbeitenden Leute“. Vor allem Energie und Lebensmittel müssten billiger werden, so Söder, der auch vor einer drastischen Überspitzung nicht zurückschreckt: „Einkaufen im Supermarkt muss wieder möglich sein.“

Möglich machen soll den Gang zum Supermarkt eine Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Lebensmittel: Auf Grundnahrungsmittel, vor allem auch für Fleisch, Fisch und Milch, solle künftig gar keine Mehrwertsteuer mehr erhoben werden. Für einen Vier-Personen-Haushalt bedeute dies eine Entlastung von rund 1.000 Euro im Jahr, rechnet Söder vor. Den Staat würde das etwa 12 Milliarden Euro kosten, was aber machbar sei. Die Stromsteuer ihrerseits solle auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden.

In dem Dobrindt-Papier finden sich zahlreiche weitere Forderungen: Das Heizungsgesetz der Ampel, den „Habeck-Heiz-Hammer“, will die CSU abschaffen, Kriminelle härter bestrafen, Frauen besser vor Gewalt und alle Menschen in Deutschland vor der Letzten Generation schützen. Diese agiere „wie eine kriminelle Vereinigung“, heißt es – eine geringfügige Abschwächung des bisherigen Duktus, wonach die Klimaaktivisten von Dobrindt explizit als kriminelle Vereinigung oder gar „Klima-RAF“ bezeichnet wurden.

Auch die Notwendigkeit der weiteren Unterstützung der Ukraine wird in dem Schriftstück betont, ebenso wie die Stationierung einer deutschen Brigade in Litauen. Eine Forderung, die besonders auch ein Signal an die litauische Premierministerin Ingrida Simonyte sein dürfte, die ebenfalls zu Gast bei der Klausur ist.

In Sachen Migration vermeidet insbesondere Söder zu harte Töne, will das Thema auch nicht zu sehr in den Mittelpunkt stellen. So hebt er vor allem auf die Überforderung der Kommunen mit der Unterbringung von Flüchtlingen ab und verweist recht allgemein darauf, dass man illegale Zuwanderung begrenzen und straffällig gewordene Asylbewerber abschieben müsse.

In der Tonalität etwas anders gibt sich Friedrich Merz, der als dritter Ehrengast zu den Christsozialen in Andechs stößt. Er spricht das Thema Integration vor der Presse gleich als erstes an, noch vor der Wirtschaftspolitik. „Wir haben eine viel zu hohe illegale Immigration“, schimpft der CDU-Chef. Die Ansätze auf europäischer Ebene, die EU-Außengrenzen besser zu schützen, seien zwar richtig, aber innenpolitisch könne hier noch mehr getan werden.

Den Vorstoß des CDU-Parlamentariers Thorsten Frei für ein grundsätzlich neues Asylmodell nennt Merz einen „wichtigen und guten Beitrag“. Über das ganze Thema eines europäischen Asylsystems müsse man sich noch mal grundsätzlich unterhalten. Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, hatte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung dafür plädiert, das Grundrecht auf Asyl abzuschaffen und durch eine Kontingentlösung zu ersetzen.

Merz betont jedoch auch, dass die CDU weiterhin zu den Beschlüssen des im im März von der Unionsfraktion verabschiedeten Papier „Für Humanität und Ordnung in der Asyl- und Flüchtlingspolitik“ stehe. Darin hatten sich die Parlamentarier eigentlich eindeutig zum Grundrecht auf Asyl bekannt. Söder seinerseits hat Freis Vorschlag schon zum Auftakt der Klausur als „spannend“ bezeichnet, allerdings seine Zweifel daran geäußert, dass er sich in der Kürze der Zeit umsetzen lasse.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen