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CO2-Grenzwerte für AutosNur ein ganz kleiner Anfang

Der Verkehr ist das Sorgenkind beim Klimaschutz. Wer es ernst meint mit weniger Emissionen, steht vor harten Entscheidungen.

Freie Fahrt für die Autobauer? Nö Foto: dpa

Ein ordentlicher Anfang, aber mehr nicht. So sieht der EU-Kompromiss zu den neuen EU-weiten CO2-Grenzwerten für Autos bis 2030 aus Sicht des Klimaschutzes aus. Denn in Deutschland und Europa ist der Verkehr das größte Sorgenkind beim Klimaschutz. Während in vielen anderen Bereichen wie in der Energiewirtschaft der Ausstoß von Treibhausgasen sinkt, sind die Emissionen aus den europäischen Motoren seit 1990 um 20 Prozent gestiegen.

In Deutschland wiederum sind seit dieser Zeit die Emissionen von der Straße praktisch gleich geblieben. Moniert hat das auch bereits die OECD. Sie bemängelt, dass Deutschland kaum Erfolge beim Klimaschutz im Verkehr vorzuweisen hat.

Einen „notwendigen Schritt zu mehr Klimaschutz im Verkehr“ nennt Christian Hochfeld, Chef des Thinktanks Agora Verkehrswende, den Beschluss aus Brüssel, die CO2-Grenzwerte für den Verkehr bis 2030 um 37,5 Prozent gegenüber 2021 zu senken. Jetzt müsse die Besteuerung der Kraftfahrzeuge geändert werden, um emissionsarme Pkws auf die Straße zu bringen.

Denn den Verkehr zum Klimaschützer zu machen ist eine Mammutaufgabe. Selbst mit den neuen ehrgeizigeren Zielen spare der Verkehrssektor in Deutschland 2030 nur bis zu 5,5 Millionen Tonnen Klimagas jährlich ein, schätzen Experten. Benötigt werden aber 50 Millionen Tonnen Minderung – fast das Zehnfache.

Nötig wären 45 Millionen Tonnen weniger

Wo das herkommen kann, haben Agora Verkehrswende und das Öko-Institut in einer eigenen Studie zusammengestellt. Die Liste der Grausamkeit darin ist lang und detailliert: Ein Tempolimit von 120 Stundenkilometer auf der Autobahn etwa brächte maximal 4 Millionen Tonnen. Dann gäbe es noch andere Maßnahmen, allesamt mehr oder weniger populär: Für jeweils eine Million Tonnen müsste man den Radverkehr um 17 Prozent ausweiten oder die Nutzungskosten des Autos um satte 34 Cents pro Kilometer anheben. Außerdem könnte man den Liter Diesel um 5 Cent verteuern oder 500.000 Elektroautos auf die Straße bringen. Dazu wäre es noch möglich, den Autoverkehr in den Städten um 6 Prozent zu reduzieren.

Wohlgemerkt: Jede dieser Maßnahmen brächte nur jeweils eine Million Tonnen Reduzierung. Nötig wären aber 45 Millionen. Sollten sich die strengeren Lkw-Grenzwerte, die derzeit in der EU diskutiert werden, durchsetzen, wären das vielleicht noch einmal 5 Millionen, schätzen Experten. Auf jeden Fall aber kommen harte Entscheidungen auf die Verkehrsplaner und Politiker zu.

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13 Kommentare

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  • Viele haben auch bei Autotempo 30 Angst beim Radfahren.

  • "Für jeweils eine Million Tonnen ... könnte man den Liter Diesel um 5 Cent verteuern", und eine Verteuerung von je rund 3 Cent für Diesel und Benzin sollte etwa das gleiche ergeben.



    Überschlägig gerechnet würde also eine Preiserhöhung von ca. 1 Euro etwa 33 Mio. Tonnen Verbrauchseinsparung im Autoverkehr nach sich ziehen und würde alle möglichen Alternativen ersetzen (Tempolimit, Flottenverbrauch, E-Auto-Förderung...) die Leute würden dann auch langsamer und kleinere Autos fahren, der öffentliche Verkehr würde wirtschaftlicher usw..



    Die Preisanhebung würde zudem schneller wirken und auch einen kräftigen Klimaschutzbeitrag in 2020 ergeben.



    Die restlichen 12 Mio. Tonnen kannman dann durch andere Maßnahmen erreichen, z.B. für den Fahrradverkehr und im Flugverkehr .

  • "Ein Tempolimit von 120 Stundenkilometer auf der Autobahn etwa brächte maximal 4 Millionen Tonnen. ... Für jeweils eine Million Tonnen könnte man den Liter Diesel um 5 Cent verteuern"



    Über den Daumen gepeilt, kann man also mit 20 Cent zusätzlicher Preiserhöhung das Tempolimit vermeiden.

  • Die Angaben sind wiedersprüchlich, müsste vielleicht heißen:



    "Für jeweils eine Million Tonnen müsste man ... die Nutzungskosten des Autos um satte 34 Cents pro 100 Kilometer anheben."

  • Wo finde ich den Bericht zu diesem Kommentar? Es gibt keinen Link, die Schlagworte sind nicht viel wert, Suchmaschinen listen taz-Artikel weit unten - ist das Absicht?

  • Wenn 17% Radverkehr je 1 Million Tonnen CO2-Reduzierung bringen, würde eine (mittelfristig keineswegs unrealistische) Verdopplung des Radverkehr immerhin schon 6 Mio. Tonnen erreichen. Allerdings wäre das dann wohl identisch mit dem Effekt einer Reduktion des PKW-Verkehrs in Städten um 6 * 6% = 36% -- da geht also noch was !

    Hingegen müssen die +34 ct/km für PKW-Nutzung offenbar ein Denkfehler sein: Vielleicht sind 34 ct pro 100 km gemeint, also nur 0,34 ct/km ? -- Das wäre dann etwa identisch mit +5 ct je Liter Diesel bei einem angenommenen SUV-Durst von ca. 7 Liter pro 100 km (typisch gefälschte NFZ Hersteller-Angabe: für 130km/h und mehr auf der Autobahn dürfte das kaum reichen).



    Wer keine Angst vor Deutschem Michel in gelben Westen hat, könnte auch hier etwas entschlossener mit +50 ct je Liter (ca. 3 ct/km) schon einen 10-fachen Effekt, also 10 Mio. Tonnen weniger CO2 erreichen + zusätzlichen Beitrag der Benzin-Fahrzeuge durch entsprechend angleichende Erhöhung auf alle Kraftstoffe.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Bekanntlich ist das Fahrrad in der Stadt bis drei Kilometer Entfernung immer und bis sieben Kilometer meistens das schnellste Verkehrsmittel. Nach neuesten Umfragen des ADFC fahren die meisten Menschen wegen der gefährlichen Autos kein Fahrrad im Alltag. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz:



    Flächendeckend Tempo 30 und das Problem löst sich von selbst...

    • @7964 (Profil gelöscht):

      Leider nehmen die meisten Kommunen die Förderung des Radverkehrs noch immer nicht ernst genug (inkl. kleiner Aufmerksamkeiten wie Abstellplätze + Regendach an Schulen, Behörden & Bahnhöfen): Unter "ferner liefen..." bleiben Verkehrsraum, Finanz- und Planungsmittel zum Ausbau der Radverkehrs-Infrastruktur lächerlich niedrig, verglichen z.B. mit riesigen Investitionen für Schnellstraßen, Umfahrungen, Parkhäuser & Leitsysteme etc. für einen überbordenden PKW-Verkehr, der unsere Innenstädte so verstopft, dass Radfahren dann kaum noch Spaß macht...

  • Aus dem Artikel:

    "Für jeweils eine Million Tonnen müsste man den Radverkehr um 17 Prozent ausweiten" - das bringt aber auch nur dann etwas, wenn im Gegenzug weniger Auto/Bus gefahren wird.

    "Nutzungskosten des Autos um satte 34 Cents pro Kilometer anheben" (durch Erhöhung der Kraftstoffsteuern?) - ein Satz weiter: "Außerdem könnte man den Liter Diesel um 5 Cent verteuern" Was denn jetzt?

    "Dazu wäre es noch möglich, den Autoverkehr in den Städten um 6 Prozent zu reduzieren." - Wie genau soll das gehen, und warum dann nicht gleich 7, 8 oder 90%?

    • @Tim Schweizer:

      "Jede dieser Maßnahmen brächte jeweils 1 Million Tonnen Reduzierung. Nötig wären aber 45 Millionen."

    • @Tim Schweizer:

      Wie man den Verkehr reduzieren kann?

      Zbsp: Nur noch lieferverkehr in der Innenstadt, keine privaten PKW.



      Massiver Ausbau der ÖPNV inklusive kostenfreier Nutzung. Bessere Radwege.

  • Die Regierung muss aufhören, sich von der Autoindustrie erpressen, öh auf der Nase herumtanzen zu lassen.

    • @aujau:

      Oder vielleicht mal eine neue Regierung mit anderen Mehrheiten und besseren Konzepten ?