CO2-Emissionen in Deutschland: Weit weg vom +1,5-Grad-Pfad
Derzeit emittiert Deutschland zu viel, um das eigene Klimaschutzgesetz einzuhalten. Und fünf Mal so viel, wie für das +1,5-Grad-Ziel verbleibt.
Wenn sich in Deutschland beim Klimaschutz nichts tut, ist das Budget für Einhaltung der +1,5-Grad-Grenze bei der Erderhitzung in wenigen Jahren aufgebraucht. Das ist das Ergebnis des neuesten CO2-Budgets des Sachverständigenrates für Umweltfragen [.pdf] der Bundesregierung. Das neue Klimaschutzgesetz sei gerade noch ausreichend, um das +2-Grad-Ziel einzuhalten, heißt es dort.
In dem Papier hat der Sachverständigenrat auf Basis des neuesten Weltklimaberichtes ausgerechnet, wie viel CO2 Deutschland fairerweise noch ausstoßen darf: Um mit 67% Wahrscheinlichkeit deutlich unter +2 Grad zu bleiben, sind es 6,1 Milliarden Tonnen. Um mit 67% Wahrscheinlichkeit die +1,5-Grad-Grenzen einzuhalten sind es 2 Milliarden Tonnen.
Dabei sind diese Zahlen bereits großzügig und „maximale Grenzen“, wie der Sachverständigenrat selbst schreibt. Sie würden niedriger sein, wenn man auch berücksichtigt, dass Deutschland länger emittiert als andere Länder, dass Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen sollte oder dass beim Weltklimarat bestimmte Rückkopplungseffekte nicht in die Berechnungen eingeflossen sind.
In dem Papier des Sachverständigenrates werden diese Budgets mit den Plänen aus dem Klimaschutzgesetz verglichen. So haben die KlimawissenschaftlerInnen Brigitte Knopf und Oliver Geden berechnet [.pdf], wieviel CO2 noch ausgestoßen werden wird, wenn das Gesetz umgesetzt wird. Sie kommen auf 6,2 Milliarden Tonnen – also gerade noch genug um unter der +2-Grad-Grenze zu bleiben.
Empfohlener externer Inhalt
Um auf einen +1,5-Grad-Pfad zu kommen, wie des die Bundesregierung möchte, braucht es ein ambitionierteres Klimaschutzgesetz. Der Umweltrat nennt das eine „Ambitionslücke“.
Auf Twitter weist Brigitte Knopf darauf hin, dass es aber noch eine mindestens so große „Umsetzungslücke“ gibt. Die aktuelle Klimapolitik Deutschlands, die im vergangenen Herbst im Projektionsbericht für die EU zusammengefasst wurde, führt wahrscheinlich zu 10 Milliarden Tonnen CO2-Ausstoß – das Fünffache dessen, die +1,5-Grad-Grenze einzuhalten.
Die Lücke zwischen Klimaschutzgesetz und aktueller Klimapolitik will die Bundesregierung mit den sogenannten Oster- und Sommerpaketen bis 2024 schließen – bis dahin wird es für das +1,5-Grad-Ziel schon fast zu spät sein.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott