piwik no script img

CDU will Helmut-Kohl-Platz in BerlinUnbeliebter als Rosenkohl

Die CDU möchte einen zentralen Platz Berlins nach Helmut Kohl benennen. Das dürfte nicht alle begeistern.

Eine Büste von Helmut Kohl in Speyer – in Berlin gibt es zwei weitere Foto: dpa

Berlin taz | Wird es der CDU gelingen, in ihrer Regierungszeit Berlin kulturell zu prägen? Wird sie der Stadt einen schwarzen Stempel aufdrücken können, der die eigene Regentschaft überdauert? Ein erster Versuch in diese Richtung ist nun aus den Koalitionsgesprächen mit der SPD zu hören: Die Konservativen möchten einen Platz oder eine Straße nach Ex-Kanzler Helmut Kohl benennen, obwohl ihnen sonst jede Umbenennung zuwider ist.

Schon 2018 wollte die CDU den Großen Stern in Helmut-Kohl-Platz umbenennen. Der Vorschlag stieß damals auf wenig Gegenliebe in der rot-rot-grünen Koalition, auch weil Kohl erst ein Jahr tot war und nicht schon fünf, so wie es das Straßengesetz fordert. Zumindest dieses Hindernis hat die Zeit inzwischen aus dem Weg geräumt.

Fraglich bleibt, ob die Siegessäule als Denkmal der deutschen Einheitskriege, mit denen Preußen zwischen 1864 und 1871 den deutschen Nationalstaat ebnete, das passende Monument für einen Helmut-Kohl-Platz ist. Die Interpretation, diesen kriegerischen Siegen einen vierten – Kohls Eroberung der DDR – hinzuzufügen, liegt nah.

Für den Grünen Daniel Wesener war der Vorschlag aber schon damals „geschichtslos, despektierlich, dümmlich“. Sollte Schwarz-Rot scheitern und doch noch die Grünen mit der CDU koalieren, läge dagegen ein Kompromiss auf der Hand: die Begrünung der Betonwüste Großer Stern und damit die Schaffung „blühender Landschaften“ – zumindest hier. Alternativ könnte auch der autofreie Teil der Friedrichstraße nach Kohl benannt werden – als Zeichen der Versöhnung der Stadt.

Kohl-Viertel im Grunewald

Konsequent wäre wohl ein Kohl-Viertel mit einem zentralen Platz, an dem sich Schwarzgeldallee und Ehrenwortgasse treffen. Denkt man sich dieses Viertel in den Grunewald, könnten sich auch noch einstige CDU-Spender um weitere Straßennamen bewerben. Womöglich könnten sie dann als Anlieger in ihrer eigenen Straße wohnen.

Andererseits könnten auch An­woh­ne­r:in­nen eine Kohlstraße verhindern oder zumindest verzögern, wie schon in Bonn, Ludwigshafen oder Halle/Saale geschehen. Denn auf der Beliebtheitsskale rangiert Helmut Kohl bei vielen noch hinter Rosenkohl. Das ist in Berlin nicht anders. Eine Stadt übrigens, die schon zwei Kohlbüsten und bald auch ein Helmut-Kohl-Zentrum ihr Eigen nennt.

Mit Kai Wegner kann es aber auch noch schlimmer kommen. Dessen politischer Ziehvater ist Heinrich Lummer, Ex-Innensenator mit dem Hang zu rechtsextremen Thesen. Ein Lummerplatz wäre eine Kampfansage repressiver Innenpolitik. Auf das Kottbusser Tor als geeignetes Symbol könnten sich CDU und SPD bestimmt einigen. Dann doch lieber Helmut-Kohl-Tor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • "Kohls Eroberung der DDR"



    führte zum Kahlschlag der Arbeitsplätze in der DDR und die gut Ausgebildeten zogen Richtung Westen. Die fehlende Anerkennung von Ausbildung- und Studienabschlüssen führte zu Rentenabstrichen und die Ungleichheit zwischen Ost und West ist bei den Arbeitszeiten immer noch gegenwärtig. Blühende Landschaften für die ehemalige DDR hatte Kohl versprochen? Die DDR wurde für die nötige Wirtschaftsentwicklung im Westen geopfert? Solibeiträge haben Menschen in Ost und West für die Abwicklung und gebrochene Biografien bezahlen müssen.



    Helmut Kohl zu ehren, ist in Anbetracht seiner Spendenaffäre und den Umgang mit den ehemaligen DDR-Bürgern, abzulehnen.

  • Ein Helmut-Kohl-Platz in Berlin war ja schon lange überfällig - und gut dass Herr Wegner dieses Thema endlich mal ganz oben auf die Agenda setzt. Im Zusammenhang mit einem Helmut-Kohl-Platz würde ich vorschlagen, ein paar flankierende Seitengassen auch gleich mit umzubenennen, zB. in "(Großes/Kleines) Kanzlerehrenwort", die "(Große/Kleine) Schwarze Kassengasse. Auch eine kleine begrünte Freifläche mit Parkbänken könnte dann noch "Gedächtnislücke" heissen. Auf jeden Fall braucht Helmut Kohl ein Denkmal in Berlin, mindestens 20m hoch - und Franziska Giffey hätte sicher auch Freude daran, es im Rahmen ihrer Funktion als zukünftige Kultursenatorin einzuweihen.

  • Schwarzgeld-Allee ist zu plump und würde von unserem Alt-Kanzler selig auch so nicht goutiert werden.

    Nennt es Bimbes-Gässchen - das hätte ihm gefallen.

  • Was hat der Autor nur gegen Rosenkohl. Schmackhaft, vielseitig, gesund. Ein echtes Superfood ohne lange Transportwege.

  • Warum denn nicht? Hindenburgdamm umbenennen in Helmut-Kohl-Straße. Das wäre doch eindeutig ein Schritt voran…

    • @ratlos:

      Bei Hindenburgdamm weiß kaum noch jemand, um wen es da eigentlich geht. Und in einigen Jahren sieht das mit "Birne" ähnlich aus.

  • Heinrich Lummer ... Heinrich Lummer ... ist nach dem nicht schon eine Insel benannt worden ?

    Eine Insel mit zwei Bergen und dem tiefen weiten Meer...

    Kohl wird in der deutschen Sprache meiner Meinung nach schon zu Genüge geehrt:



    kohlrabenschwarz

    verkohlt (im Sinne von an der Nase rumgeführt)



    verkohlt (im Sinne von zu Kohle -dem schwarzen Gold- geworden)



    das Blumenkohlohr



    der Blumenkohltumor



    das kohlsche Ehrenwort



    ...



    ...