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CDU nach Rücktritt von NahlesNervosität im Adenauer-Haus

Das Ausscheiden der SPD-Chefin hat unabsehbare Folgen für die Große Koalition. Die Christdemokraten üben sich in Selbstberuhigung.

Nicht nur in der SPD knirscht es gewaltig, auch CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer steht in der Kritik Foto: dpa

Berlin taz | Der doppelte Rücktritt von Andrea Nahles sowohl vom Partei- als auch vom Fraktionssitz stellt das Weiterbestehen der Regierungskoalition in Frage. Andrea Nahles hat am Sonntagmorgen in einem Brief an alle SPD-Mitglieder angekündigt, am Montag vom Parteivorsitz und am Dienstag vom Fraktionsvorsitz im Bundestag zurücktreten zu wollen. Sie wolle damit die Möglichkeit schaffen, dass in beiden Ämtern in geordneter Weise die Nachfolge geregelt werden könne.

Die CDU, Koalitionspartnerin der Sozialdemokraten, trifft diese Nachricht zur Unzeit. Deren Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer steht innerparteilich wegen der schlechten Europawahl-Ergebnisse hart in der Kritik, an diesem Sonntag sowie am Montagvormittag sind Vorstand und Präsidium zur Klausur verabredet.

Der radikale Move von Nahles könnte den Austritt der SPD aus der Koalition zur Folge haben – mit unabsehbaren Folgen für die Union. Viel hängt davon ab, wer sich zur Nachfolge von Nahles berufen fühlt. Sehr schnell nach der Eilnachricht von Nahles' Rückzug heißt es aus CDU-Kreisen, man wolle am Regierungsauftrag festhalten.

Wichtig sei jetzt, „dass die CDU nun ihre Verantwortung zur Koalition und Regierungsarbeit betont“. Das klingt nach Selbstberuhigung, kann aber kaum verhehlen, wie nervös man im Konrad-Adenauer-Haus und im Kanzleramt ist. Tatsächlich könnte eine neue SPD-Parteiführung den Weg aus der Regierungsverantwortung wählen.

Die Folge könnten Neuwahlen im Bund sein. Diese müssten momentan alle Parteien außer den Grünen fürchten. In einer aktuellen Forsa-Umfrage liegt Bündnis 90/Grüne bei historischen 27 Prozent, ein Prozentpunkt vor der CDU. Die SPD käme auf niedrige 12 Prozent. AfD und Linke kämen auf 11 beziehungsweise 7 Prozent, die FDP auf 8 Prozent.

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10 Kommentare

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  • Das sind doch super Aussichten mit etwas Glück langt es für GRR



    G für den bürgerlichen Part und die Bewältigung der Klimakrise und RR für eine verstärkte soziale Komponente.



    Ais meiner Sicht wäre das die beste Regierung auf die Deutschland zur Zeit rechnen kann.

  • Wie hieß es vor reichlich einem Jahr in vielen Medien? Eine neue Groko ist das Richtige für stabile Verhältnisse in Deutschland :-)

  • Macht macht nichts.

  • So groß wird die Panik nicht sein:



    Für September war doch sowieso ein mögliches Ende der Koalition im Koalitionsvertrag "eingepreist". Okay, die EU Wahl ist nicht so gut gelaufen, der Art 5 GG gilt (wer hätte das geahnt!) auch für nicht Parteifunktionäre oder Chefredakteure von Mohn, Springer, DuMont oder neoliberale Stiftungen.

    Ein internationaler Konflikt, in diesem Jahr, wäre für das alte neoliberale und nationalistische Lager eine willkommene Wahlhilfe: Sie gelten für das dumme Volk seit Jahrzehnten als Garanten für "politische Stabilität" in "schweren" Zeiten.

  • Endlich kommt in Deutschland wieder Politik in die Bewegung Punkt ende der großen Koalition ein Kanzler von den Grünen und zu Weihnachten sind wir alle wieder zu Hause in Ruhe und Zufriedenheit. Da können andere Träume nur von Ländern wie England oder Frankreich oder die USA. Also tretet alle den Grünen bei und will sie kräftig Punkt dann sind wir zukünftig von den milch Gesichtern wie Mass Nahles Krampe knabenbauer Fontaine Knecht und ähnlichen Schaumschläger befreit Punkt und wir bekommen eine fröhlich aktive Politik Situation wo junge Leute wieder kräftig mitmischen dürfen.

    • 9G
      98065 (Profil gelöscht)
      @juri deutsch:

      In Ruhe und Zufriedenheit? Reden Sie von einer anderen grünen Partei, als Bündnis 90/Panzerstahl? Leiden Sie an Demenz?

      Es ist schon fast Satire, dass sie bei gerade jener Partei, die in Regierungsverantwortung den ersten deutschen Angriffskrieg der Bundesrepublik mit zu verantworten hatte, mit lustigen Metaphern auf der Kriegspolitik der anderen Parteien herumreiten, so als wäre Olivgrün ein Verein friedliebender Pazifisten.

      Und das mit zu Hause in Ruhe und Zufriedenheit erklären Sie mal den hunderttausenden sozial benachteiligten, die sich dank Grün von Hartz4 bespaßen lassen dürfen.

      Mir kommt es dieser Tage vor, als lebte ein großer Teil der Wähler in einer Paralleldimension.

      • @98065 (Profil gelöscht):

        Es gibt tatsächlich immer noch etliche Bürger_innen, die direkt noch nie von Hartz IV betroffen waren. Und das ist auch oder gerade die Generation von Nahles, Maas und Habeck: Studiert in den 90ern, in den 00er Jahren beruflich und familiär gestartet/Fuß gefasst und seitdem auch immer gesund und offen für neue herausfordernde Posten. Ich gönne es ihnen allen, aber die leben tatsächlich in einer Paralleldimension im grünen Eigenheim.

        Solche gut gestellten und gesunden Menschen können sich maximal fröhlich an finanzarme Student/innenzeiten erinnern - mit unterstützenden (Groß)Eltern im Hintergrund. Ein Fall nach unten ist bei vielen von ihnen tatsächlich noch nicht eingetreten. Da kann man auch gut mit neoliberaler Politik leben. Betrifft einen ja persönlich in dem Fall nicht oder kaum.

        • @Hanne:

          Ernst gemeinte und keine rheotrische Frage: Kennst du die aktuellen Positionen von B0/Grünen zum Thema Hartz IV? ZB die Tatsache, dass die seit vielen, viel Jahren geschlossen und offiziell ein Santionsmoratorium fordern? Oder dass selbst "Realos" wie Habeck aus Kritik an der Agenda2010 für eine völlig andere Grundsicherung stehen, während die linken Sozialpolitiker dort aus sehr deutlich linker Perspektive die pros und contras verschiedener BGE-Modelle diskutieren?

          Es wäre klasse, wenn gerade die linken Kommentatoren hier das mal in Diskussionen aufarbeiten würden . Geht aber leider nicht, wenn ein Großteil davon gedanklich irgendwo in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts festzuhängen scheint.

          Übrigens ist es Quatsch, dass die Generation Nahles-Maas-Habeck (schon diese gleichsetzende Reihung ist reichlich schräg) von HartzIV nichts mitbekommen haben. Ich gehöre selber zu dieser Generation und kann dir aus dem akademischen Totalprekariat berichten: Unsere Generation hat diese Sch***e als erste am eigenen Leib abbekommen... und am wenigsten Aussicht darauf, von Änderungen bzw. einem längst überfälligen Systemwechsel noch profitieren zu können.

          • @kami:

            Ja, die Positionen kenne ich. Und nur deswegen waren die Grünen für mich das Risiko wert, sie wieder zu wählen - auch wenn viele sich bei den GRÜNEN mit einem "Grundeinkommen" sehr, sehr schwer tun. Allein das Wort bekommen viele nicht über die Lippen, ohne dass ihnen schwindelig wird, max. eben den Begriff "Grundsicherung".

            Ich komme ebenso aus der benannten Generation und habe ausreichend Hartz IV-Erfahrungen, ich schrieb jedoch von den vielen anderen Gleichaltrigen - und es ist meiner Erfahrung nach die große Mehrheit, die bisher keine eigenen Erfahrungen damit gemacht haben und auch immer noch im guten Glauben sind, dass das Netz sie schon nett auffängt, sollte es doch mal anders kommen.

            Klöckner gehört übrigens auch noch in die Reihe. Es ging mir nur um eine Aufzählung ohne weitere Bewertung der Personen.

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Das ist doch die vollendete Gelegenheit für die CDU/CSU dem geliebten Volk zu zeigen, was sie eigentlich können und wollen. Habeck und Baerbock schlagen doch zusammen mit dem Lindner beim Barfuß laufen Funken, um an die Macht zu kommen.