CDU-Klimasprecher über Energiewende: „Habeck muss konkret werden“
Andreas Jung fordert für das Gelingen der Energiewende mehr steuerliche Anreize und weniger Verordnungen von oben.
taz am wochenende: Herr Jung, wie macht sich aus Ihrer Sicht der grüne Minister Robert Habeck, wenn er die Ziele umsetzt, die unter einer CDU-Kanzlerin beschlossen wurden?
Andreas Jung: Die Ampel hat sich entschieden, am Ziel von minus 65 Prozent Treibhausgasen bis 2030 und Klimaneutralität bis spätestens 2045 aus unserem Klimaschutzgesetz festzuhalten. Im Wahlkampf war das noch umstritten: Der FDP ging das zu schnell, den Grünen zu langsam. Jetzt beschreibt Habeck das als sehr ehrgeizig. Aber eine sogenannte Eröffnungsbilanz ist noch keine Umsetzung, er muss jetzt konkret werden.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Führen Habecks Vorschläge zum Klimaziel?
Beim Ausbau der Erneuerbaren braucht es mehr Anreize. Klimainvestitionen etwa müssen durch bessere Abschreibung steuerlich geboostert werden. Oder es sollte auch eine klare Botschaft geben: Sonnenenergie auf dem eigenen Dach ist steuerfrei! Das würde einen Boom auslösen.
Sind Habecks Aufgaben überhaupt machbar?
Erfolg geht nur mit Akzeptanz. Es braucht einen klaren Rahmen, aber es kann nicht einfach alles von der Regierung verordnet werden. Bei der Windkraft führt nicht Zentralismus zum Ziel, sondern kluge Regionalplanung. Die Belange von Anwohnern, Natur- und Artenschutz müssen berücksichtigt werden. Gefragt sind mit Ländern und Kommunalverbänden eng abgestimmte Regelungen – beim Flächenziel genauso wie beim Vogelschutz. Da diskutieren die Umweltminister der Länder seit Jahren ohne Ergebnis – elf grüne Minister übrigens und nur eine CDU-Kollegin.
Manches kann der Bund schon verordnen; die strenge Abstandsregel in Bayern kann er wohl kippen
Das wäre falsch: Akzeptanz erreicht man nicht durch Konfrontation, sondern durch Dialog und verträgliches Miteinander.
Andreas Jung ist Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion für Klima und Energie. Der Experte vom Bodensee für Umwelt und Nachhaltigkeit kandidiert als stellvertretender CDU-Vorsitzender.
Was würden Sie in der Klimapolitik anders machen?
Wir haben eine klare Haltung zu wasserstofffähigen Gaskraftwerken, die Ampel nicht. Im Koalitionsvertrag werden sie als notwendig beschrieben. Wenn es aber bei der EU-Taxonomie konkret wird, problematisiert Robert Habeck dasselbe als „fraglich“. So wird man keine Investoren gewinnen. Generell gilt für uns: Konsequenter Klimaschutz, wirtschaftliche Stärke und sozialer Ausgleich gehören untrennbar zusammen. Und auch bei den Finanzen dürfen wir nicht auf Kosten der nächsten Generation leben: Die Schuldenbremse ist Nachhaltigkeit in Verfassungsrecht.
Das Geld wird für den Klimaschutz gebraucht.
Natürlich brauchen wir Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung. Aber dafür müsste die Regierung diese Prioritäten bei den Ausgaben setzen. Die Mühe hat sich die Ampel nicht gemacht. Im Koalitionsvertrag wird ein Bauchladen von Ausgabeplänen über alle Bereiche hinweg aufgemacht, ohne in einem Finanztableau den Vorrang abzubilden.
Sie kandidieren als Vizevorsitzender der CDU. Für Ihre Partei ist die Versuchung groß, die Gegner der Energiewende einzusammeln.
Nein, wir wollen die Energiewende zum Erfolg machen. Und in diesem Sinne werden wir die Ampel antreiben: Mit unserem Konzept, das auf Innovationen setzt. Unsere Wasserstoff-Strategie etwa muss konsequent fortgeführt werden. Wir müssen klimaneutral werden und dabei Industrieland bleiben. Und wir müssen die Menschen auf diesem Weg mitnehmen: Energie, Mobilität und Wohnen muss für alle bezahlbar bleiben – in der Stadt und auf dem Land.
Die Grünen haben jetzt viel Arbeit und Ärger. Sind Sie manchmal ganz froh, dass Sie Ihre eigenen Ziele jetzt nicht umsetzen müssen?
Wer Politik macht, hat den Anspruch zu gestalten. Im Bund werden wir jetzt kritische und konstruktive Opposition sein. Und als Union insgesamt tragen wir alle auf verschiedenen Ebenen Verantwortung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Sensationsfund Säbelzahntiger-Baby
Tiefkühlkatze aufgetaut